Während meiner Studienzeit an der Universität von Kalifornien
in Santa Barbara im Jahr 1992 fiel mir eine interessante Konstruktion auf einem
Rasenstück vor der Fakultät der Künste auf: eine knapp 1,90 Meter hohe Betonsäule
mit 4 Gewindebolzen am oberen Ende. Es war wohl ein Sockel für irgendeine Skulptur,
die noch nicht eingetroffen war.
Über einen Monat lang stand sie ganz nackt
da, so dass ich irgendwann beschloss, eine eigene Skulptur darauf zu montieren.
Klammheimlich nahm ich die Abstände der Bolzen und konstruierte zu Hause ein
großes Kreuz aus Holzresten und Dübeln. Natürlich besorgte ich mir auch passende
Unterlegscheiben und Muttern, um meine Skulptur sicher befestigen zu können.
Als
mein Bruder Mike und mein Freund Marc aus Sacramento kamen, überzeugte ich sie
mir zu helfen, mein Kunstwerk an die Öffentlichkeit zu bringen. Wir einigten
uns auf den 5. August ab 23 Uhr.
Nach einigen Bierchen schafften wir die Skulptur
mit dem Truck Richtung Campus. Dann schleppten wir das Ding über den Parkplatz
und hievten es auf die Säule. Ich stand auf einem Rücken und zog die Muttern
an. Wir schossen noch einige Fotos und rannten dann fröhlich über das Campus-Gelände
davon. Sie sah phantastisch aus! Geschmacklos aber dramatisch, und absolut so,
als wenn sie da wirklich hingehöre.
Wir fühlten uns als hätten wir gerade "Mission Impossible"
erfolgreich beendet und schlichen auf einem anderen Weg zurück Richtung Truck.
Plötzlich stoppte Marc. Er hatte einen Wachmann
entdeckt und gab uns ein Zeichen, einen anderen Weg zu nehmen. Wir rannten an
der im Dunkeln liegenden Rückseite des Gebäudes entlang. Nach mehreren Stolpereien
stürzte Mike dann auf den Boden und knallte mit seinen Fingern gegen eine Treppenstufe
aus Beton.
"Scheiße! Verdammte Scheiße!" fluchte er leise. "Ich
habe mir die Finger gebrochen!" Ich warf einen flüchtigen Blick auf seine
Hände, dann eilten wir weiter. Seine Finger sahen alle zurückgebogen aus, bis
auf die beiden Daumen. Er machte Fäuste und die Finger richteten sich wieder
korrekt aus, aber sie waren mit Sicherheit beschädigt.
Da keiner von uns krankenversichert war, wussten wir nicht,
was wir nun machen sollten. Also gingen wir erst einmal nach Hause. Mike überstand
eine sehr schmerzhafte Nacht, am Morgen fuhren wir in die Stadt: Mike kaufte
sich einige Fingerschienen für seine Mittel- und Ringfinger.
Drei Tage später ließ sich Mike seine Finger in Sacramento
röntgen. Sie waren tatsächlich gebrochen. Sein verspäteter Besuch im Krankenhaus
kostete knapp 900 Dollar.
Meine Holz-Skulptur stand mehrere Monate auf der
Säule und wurde dann irgendwann durch eine kinetische Stahl-Skulptur von
George Rickey
ersetzt.
Ich habe keine Ahnung, was aus meinem hölzernen
Meisterwerk wurde, aber ich gehe jede Wette ein, dass es sich immer noch in
der Fakultät der Künste befindet.