Foto-Reisebericht
- Reiseführer - Reise-Info
Amsterdam Zur Börse
am Damrak und zum
Schreierstoren
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Nach der Besichtigung
der Oude Kerk schauen wir von der Brücke über den
Oudezijds Voorburgwal noch eine Weile den Schwänen
zu, die sich hier offensichtlich
sehr wohl fühlen, vielleicht auch, weil sie wohl regelmäßig
gefüttert werden.
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Ganz
in der Nähe, am Oudezijds
Voorburgwal Nr. 40, befindet sich das "Museum Amstelkring".
Das
Gebäude wurde 1661 - 1663 für den Kaufmann Jan Hartmann
in klassizistischem Stil errichtet. Im Dachgeschoß
richtete Hartmann eine geheime, dem heiligen Nikolaus
geweihte Kirche "Ons Lieve Heer op Solder"
- Unser lieber Herrgott unter dem Dach - ein, weil
den Katholiken damals Gottesdienste verboten waren.
1887 wurde
das ehemalige Wohnhaus zu einem Museum umgewandelt, das
im Folgejahr eröffnet wurde und in dem neben der
Hartmann'schen Geheimkirche auch Möbel, Gemälde und liturgische
Gegenstände des 17. und 18. Jahrhunderts
gezeigt werden.
Besonders sehenswert sind der Altar
mit seinen auswechselbaren Altarbildern und die
aus Platzgründen schwenkbare Kanzel.
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Wir
folgen dem Oudezijds Voorburgwal
weiter in nordöstlicher Richtung und passieren mehrere
alte Treppengiebelhäuser, ...
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deren Fassaden teilweise stark nach außen überhängen,
um die unteren Geschosse vor Regen zu schützen und
um Beschädigungen durch am Takelbalken hängende
Lasten zu
vermeiden.
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An
vielen Grachtenhäusern findet man alte Giebelsteine, mit Hilfe derer früher die sich oft ähnelnden Häuser
unterschieden wurden.
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Die Verwendung von Hausnummern
wurde erst von den Franzosen zur Zeit Napoleons
eingeführt.
Giebelsteine
"Thuystvreest" von 1745, "In de Lompen"
und "Pelikan" von 1791 am Oudezijds
Voorburgwal
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Vom Oudezijds
Voorburgwal biegen wir nach links in die belebte
Warmoestraat ein, in der Bars, Coffeeshops, Hotels
und Fast-Food-Filialen mit bunten Leuchtreklamen auf sich
aufmerksam machen.
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Das
größte Interesse der Passanten findet - auch ohne
große Neon-Reklame - die "Condomerie Het Gulden Vlies"
mit der Hausnummer 141.
Im Schaufenster des
ältesten Kondomgeschäftes weltweit ist ein Teil
des bunten und abwechslungsreichen
Sortiments ausgestellt. Viele Teenager kommen da
aus dem Staunen nicht heraus und selbst der eine
oder andere Erwachsene wird von der Angebotsvielfalt
überrascht.
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Durch
die Beursstraat sind es nur wenige Meter bis zur
"Effectenbeurs" am Beursplein 5.
Die
Effektenbörse wurde 1912 nach den Plänen des 1861 in Roermond
geborenen Josephus Theodorus Joannes Cuypers zur
Abwicklung der Börsengeschäfte errichtet und 1913
eingeweiht.
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Joseph
Cuypers plante überwiegend Kirchenbauten, darunter die
Sint-Bavokathedraal in Haarlem, die Sint-Jozefkathedraal
in Groningen und
die Saint Marys Cathedral von Rangoon in Birma,
dem heutigen Myanmar. Er wird oft mit
seinem berühmteren Vater Pierre
Cuypers verwechselt, der sich besonders durch
die Planungen das Amsterdamer Hauptbahnhofes und
des Rijksmuseums einen Namen machte.
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Schräg
gegenüber der Effektenbörse, an den Beursplein und
den Damrak grenzend, steht die "Beurs van Berlage",
die 1897 - 1903 nach den Plänen von Hendrik Petrus
Berlage aus Backsteinen im Stil der "Neuen Sachlichkeit"
gebaut wurde.
Das auch "Koopmansbeurs"
genannte Bauwerk ersetzte das seit der Gründung
der Waren- und Effektenbank im Jahr 1611 am Rokin
vorhandene Börsengebäude und beherbergte die Korn-,
Waren-, Schiffer- und Wertpapierbörse von Amsterdam.
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Heute gilt die Beurs van Berlage als das
herausragendste niederländische Architekturdenkmal
des 20. Jahrhunderts und wird für Konzerte und Ausstellungen
genutzt. Angegliedert ist ein Museum zur Baugeschichte.
Das Bauwerk mit
dem mächtigen Turm war wegen
seiner Schnörkellosigkeit, seinen großen, geschlossenen
Wandflächen und den strengen, asymmetrischen Proportionen
lange Zeit umstritten. In den 1970er Jahren drohte
sogar der Abriss, weil das Gebäude auf einem zugeschütteten
Teil der Amstel errichtet wurde, an dem
vorher Handelsschiffe anlegten. Wegen des weichen Untergrunds gaben damals die Fundamente breitflächig nach.
Nach vielen Diskussionen entschied man sich richtigerweise
für
die kostspielige Rettung der einzigartigen Beurs van Berlage.
Über den
Eingangsbögen am Beursplein findet man das Relief
"Hun Omgang" des Bildhauers Lambertus Zijl,
das darstellt, wie Menschen miteinander verkehren,
arbeiten und handeln. Im linken Bildteil sind Äpfel
pflückende Frauen mit einer Aufseherin dargestellt,
rechts schleppen Arbeiter an ihrem Aufseher vorbei
einen großen Baumstamm. In der Mitte empfängt der
Chef Gaben seiner Mitarbeiter.
Der Spruch
darunter, ein Kwartrijn (Vierzeiler), stammt aus
der Feder des Dichters Albert Verwey. Der Inhalt
des Spruches ist für uns unverständlich und selbst
Holländer haben Probleme, den abstrahierenden
Text zu übersetzen, wie uns ein niederländicher Freund erklärt.
Er interpretiert den Spruch wie folgt "Als Stirn dient der Stein
oberhalb der Eingangsbögen. Klar und sachlich der Sinn des Handels. Bei den
Menschen und ihren Dingen ergeben sich viele Umgangsarten, die der Existenz dienlich sind".
Alles klar?
Lambertus Zijl schuf auch die
Statuen der drei "Amsterdamer Helden"
an der Fassade der Börse, die Jan Pieterszoon Coen
(Batavia-Eroberer und Gouverneur-Generaal der VOC),
Gijsbrecht van Aemstel (legendärer Stadtgründer
von Amsterdam) und Hugo de Groot (berühmter Rechtsgelehrter)
darstellen.
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Vor
der Beurs van Berlage verläuft der "Damrak", die Hauptverkehrsader
und Flaniermeile von Amsterdam.
Im Gegenlicht
der Spätnachmittagssonne überqueren wir die Fahrbahn
und werfen zwischen zwei vorbeifahrenden Straßenbahnen einen kurzen
Blick
Richtung Damplein, ...
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um uns dann die vielen modernen Geschäfte
hinter den alten Fassaden anzusehen.
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Auf
unserem Weg Richtung Hauptbahnhof...
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passieren wir das "Vodka-Museum", das über die Geschichte,
die Herstellung und bei einer Probe auch über den
Geschmack von Vodka informiert, ...
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und das in einem ehemaligen Kaufmannshaus
untergebrachte Sexmuseum "Venustempel",
das neben vielen anderen Exponaten auch seltene Schwarz-Weiß-Fotos
aus dem frühen 20. Jahrhundert zeigt.
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Wenige
Meter weiter bietet am Damrak 7 der "Amsterdam Hotel Service" auch
kurzfristig angereisten Touristen einen Last-Minute-Hotel-Buchungsservice und Ticketverkauf
für Rundfahrten und Ausflüge an.
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Ob
die über den Damrak rollenden Stretched-Limousinen
jenen Börsenspekulanten
gehören, die die Finanzkrise auslösten, konnte man uns vor Ort nicht bestätigen.
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Wir
werfen noch einen Blick auf die beeindruckende Fassade
des Vier-Sterne-Hotels
"Park Plaza Victoria" ...
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und gehen dann hinüber zur "Prins Hendrikkade" und
dem "Nieuwebrugsteeg".
Der schöne
Blick auf die alten
Fassaden am Damrak, einst Wiege der Stadt, wird
derzeit jedoch durch riesige Betonteile der U-Bahn-Baustelle
getrübt.
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Etwas
weiter überrascht uns eine Kopie der weltbekannten
Freiheitsstatue und
erinnert uns daran, dass New York von hier aus besiedelt wurde und ursprünglich Neu-Amsterdam
hieß.
Ab 1610 zogen niederländische Kaufleute
zwischen dem "Hudson River" und dem "East River" mit den dort ansässigen Indianerstämmen
einen gewinnbringenden
Fellhandel auf.
Vier Jahre später erhielt die neu gegründete
"Compagnie van Nieuwnederland" das Monopol
für den Handel mit der Gegend am Hudson.
1626 kaufte dann Peter Minuit
als Bevollmächtigter der Nachfolge-Gesellschaft "Westindische Compagnie"
den Indianern die Insel "Manna Hatta"
ab und gründete die Siedlung "Nieuw Amsterdam",
die kurz darauf zur Hauptstadt der Kolonie "Nieuw
Nederland" wurde.
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Ganz
in der Nähe
zweigt der "Zeedijk" ab, der mit seinen
schiefen Fassaden zu den ältesten
Straßen der Stadt zählt und der früher als Drogenmeile
von Amsterdam galt.
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Sehenswert
ist hier besonders das aus Holz errichtete Haus
Zeedijk Nr. 1,
das einer Inschrift über der Tür zufolge im Jahr 1519 gebaut
wurde. Nach dem Holzhaus am Beginhof von
1476 ist es das zweitälteste noch erhaltene mittelalterliche
Haus der Stadt.
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Vorbei
am 3-Sterne-Hotel "Prins Hendrik"...
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und der U-Bahn-Großbaustelle
vor dem Hauptbahnhof...
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spazieren wir zur "Sint-Nicolaaskerk" an
der Prins Hendrikkade.
Das Gotteshaus wurde
ab 1885 nach den Plänen von Adrianus Bleijs im Stil
der Neo-Renaissance errichtet und am 7. Februar
1887 feierlich geweiht. Der gelernte Zimmermann
Adrianus Bleijs war mehrere Jahre lang Mitarbeiter des bekanntesten niederländischen
Architekten Pierre Cuypers und machte sich 1868 selbständig.
Ende
des 20. Jahrhunderts wurde eine Sanierung der
St. Nikolauskirche notwendig, die möglicherweise
noch nicht abgeschlossen ist, denn das Gotteshaus
war während unserer Besuche nicht zugänglich.
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Am
malerischen "Oudezijds
Voorburgwal" machen wir eine kleine Kaffeepause
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und sehen uns danach an der Prins Hendrikkade die
hypermodernen
Neubauten aus Glas, Stahl und Beton an, ...
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bevor wir dann zum Schreierstoren weitergehen.
Der
halbrunde Backsteinturm wurde um 1480
als Teil der mittelalterlichen
Stadtmauer gebaut und war lange Zeit Dienstsitz
des Amsterdamer Hafenmeisters, bis dieser 1960 in
das neu errichtete Hafenhochhaus an der "De
Ruyterkade" jenseits des Hauptbahnhofes umzog.
An
der Fassade findet man Erinnerungstafeln an die
ersten Ostindienfahrten der Jahre 1594/1595 und
an Henry Hudson, der mit seinem Schiff "De
halve Maen"(Halbmond) im Jahr 1609 von Amsterdam
aus nach Amerika segelte und an dem nach ihm benannten
Hudson-River landete und den Grundstein für die
Gründung des heutigen New York legte.
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Der Giebelstein
des Schreierstoren zeigt neben der Jahreszahl 1569
auch eine weinende Frau. Glaubt man dem Volksmund,
dann erinnert der Giebelstein daran, dass hier am
Schreierstoren die Seemannsfrauen
lautstark und tränenreich ihre Männer auf den nach
Westindien auslaufenden Handelsschiffen verabschiedeten,
die - wenn überhaupt - oft erst nach Jahren wieder zurückkehrten.
Die
Website des Schreiertoren gibt jedoch
an, dass die weinende Jungfrau die wegen hoher
Tributzahlungen an die spanische Krone total leere
Stadtkasse des Jahres 1569 symbolisiert.
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Historiker
erklären den Namen des Turms jedoch mit der Tatsache, dass
dieser im "schreye" (=spitzen) Winkel
auf dem Mauerwerk darunter errichtet wurde.
Eine
weitere Version der Namensdeutung verweist auf den
"schreye hoek", den spitzen Winkel zwischen
den Kanälen der "Geldersekade" und des
"Oudezijds Kolk".
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Heute
findet man im Schreierstoren das "VOC-Café"
mit einer sehenswerten Inneneinrichtung ...
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und einer Terrasse mit zwei Etagen, der wir trotz der
kalten und teilweise böigen Brise den Vorzug geben, ...
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denn von hier oben hat man einen tollen Ausblick
auf das Science &
Technology Center "NEMO" am Oosterdok 2.
Das
über dem IJ-Tunnel in Form eines riesigen Schiffsbugs
errichtete Bauwerk wurde von dem italienischen
Stararchitekten Renzo Piano geplant und 1997 unter
dem Namen
"newMetropolis" eröffnet.
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Das NEMO beherbergt eine umfangreiche Technologiesammlung
und hier kann man Wissenschaft und Technologie
auf spielerische Weise in Experimenten selbst entdecken
und nachvollziehen.
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Einfach
traumhaft ist von der Terrasse des Schreierstoren
der Blick auf die Geldersekade
mit dem Turm der Zuiderkerk im Hintergrund.
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