Foto-Reisebericht
- Reiseführer - Reise-Info
Amsterdam Von
der Zuiderkerk durch das Rotlichtviertel zur Oude Kerk
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Schräg
gegenüber vom Rembrandthuis liegt zwischen Zwanenburgwal und Oude Schans
die "St.
Anthoniesluis" mit dem alten Schleusenwärterhaus "De Sluyswacht"
von 1695 und dem gleichnamigen Café.
Von hier hat man einen wunderschönen
Blick auf die "Oude Schans" bis hinüber
zum "Montelbaanstoren".
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Die
auf der anderen Seite der Antoniesbreestraat hinter
einem verzierten Torbogen gelegene Zuiderkerk wurde
von 1603-1611
erbaut und war das erste protestantische
Gotteshaus der Stadt.
Die Pläne fertigte der
aus Utrecht stammende Architekt Hendrick de Keyser,
der ab 1594 Stadtbildhauer von Amsterdam war und
1612 zum Stadtbaumeister ernannt wurde. Nach seinem
Tod am 15. Mai 1621 wurde er in der Zuiderkerk
beigesetzt. Auch drei Rembrandt-Kinder fanden in
der Zuiderkerk ihre letzte Ruhe.
Von Februar bis
August 1945 diente die Zuiderkerk laut einer neben
dem Eingang angebrachten Erinnerungstafel als Leichenhalle,
weil im letzten Kriegswinter in Amsterdam mehr Menschen
starben als begraben werden konnten.
Der
über 80 Meter hohe und deutlich schief stehende
Turm aus dem Jahr 1614 beherbergt in seinem achteckigen
Aufsatz ein Hemony-Glockenspiel und kann in den
Sommermonaten bestiegen werden.
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Die
Zuiderkerk wurde 1929 profaniert und ab den 1950er Jahren zu kulturellen Veranstaltungen
genutzt. Seit 1992 findet man hier ein Informatioszentrum
zum Thema Wohnen und Bauen in Amsterdam.
Während unseres Besuches war das
Kircheninnere ganz in rot dekoriert, ...
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und auf einer großen Leinwand wurde in einer Tonbildschau
die Entstehungsgeschichte der Stadt erläutert.
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Vorbei
an dem hohen Wasserspiel auf dem Zuiderkerkhof...
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gehen wir zurück zur Sint Antoniesbreestraat und
zum Pintohuis mit der Hausnummer 69.
Das
ursprünglich mit einem doppelten Treppengiebel versehene
Wohnhaus wurde im Jahr 1605 erbaut
und 1651 von dem aus Portugal stammenden jüdischen
Kaufmann Isaac de Pinto angekauft und in dessen
Auftrag durch den Stadtbaumeister Elias Bouman im
klassizistischen Stil umgebaut.
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Nach
einer Generalsanierung in den Jahren 1973-1975 wurde
hier eine Filiale der Bibliothek "Openbare
Bibliotheek Amsterdam" untergebracht, deren
Lesesaal mit den sehenswerten Wand- und
Deckenmalereien aus dem 17. Jahrhundert für
jedermann frei zugänglich ist.
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In
der Sint
Antoniesbreestraat findet man ansonsten moderne
Wohn- und Geschäftshäuser mit teilweise recht bunten
Fassaden.
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Wir
biegen hier in die kurze "Snoekjesgracht"
ein und folgen dann der Gracht "Oude Schans". Weil
Geldersche Truppen 1512 die Stadt und die östlich
der Altstadt gelegenen Werften plünderten, wurde
von 1515 bis 1518 zu Sicherung die "Alte Schanze"
gegraben und der Erdaushub zum Verteidigungswall
"Oudeschans" aufgeschüttet.
Nachdem
man später die Verteidigungslinie an das Ostufer
der Gracht verlegt hatte, wurde der Wall wieder
abgetragen und das Westufer der Oude Schans zur
Wohnbebauung freigegeben.
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Vorbei
an der malerischen "Rechtboomssloot"...
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erreichen wir den "Montelbaanstoren",
der als Festungsturm
die angrenzenden Verteidigungsanlagen der Oude Schans nahe den Oosterdoks
sicherte.
Der 1515 errichtete Turm erhielt
1606 nach Plänen von Hendrick de Keyser einen achteckigen
Aufsatz mit einem Glockenspiel und einer einzigartigen
Laternenbekrönung.
In den lange Zeit leerstehenden
Montelbaanstoren zog 1878 das "Stadswaterskontoor"
ein, dessen "Water Meesters"
sich um
die Wasserstände in den Grachten und Schleusen kümmern. Nach
deren Umzug in ein modernes Gebäude erfolgte 2006
eine grundlegende Sanierung des Turms.
Heute
ist der Montelbaanstoren, der von der Wasserseite
noch beeindruckender aussieht und über dessen Namensherkunft
man weiter rätselt,
an die Vereinigung "Stichting Secret Garden" verpachtet,
die sich um die Belange homosexueller und bisexueller
Moslems kümmert.
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Hinter
dem Montelbaanstoren biegen wir links ab und folgen
dem "Oude
Waal" entlang der "Eilandsgracht".
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Wohnen
ist in Amsterdam teuer, auch an der gegenüberliegenden
"Binnenkant":
Für eine der modernisierten
80 m² großen Etagenwohnungen werden 1500 Euro
Miete gefordert- und gezahlt, 110 m² große
Wohnungen kosten über 2000 Euro. Pro Monat.
Ohne Nebenkosten!
Da versteht
man, warum man in den Grachten so viele Wohnboote
findet.
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An
der Ecke Kromme Waal und Stormsteeg macht uns die
Figurengruppe mit dem Vater, der seinen Jüngsten
trägt, bewusst, dass unsere müden Füße vehement eine
Ruhepause fordern.
Wir folgen deshalb dem
Stormsteeg, biegen dann nach links in die "Geldersekade"
ein...
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und stehen kurz danach vor dem Denkmal
für den niederländischen Schriftsteller Gerbrand Bredero am "Nieuwmarkt".
Der
am 16. März 1585 in Amsterdam geborene Komödienschreiber
veröffentlichte 1617 sein bekanntestes Werk "De
Spaansche Brabanter", in dem er das Leben in
der Stadt unter spanischer Herrschaft treffend kolportierte.
Ein Jahr später verstarb Gerbrand Bredero
am 23. August 1618 in seiner Geburtsstadt.
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Den
Nieuwmarkt beherrscht das siebentürmige "Waaggebouw",
die
alte Stadtwaage.
Die "Waag" wurde ursprünglich
im Rahmen der Stadtbefestigung als Stadttor "Sint Antoniespoort"
um 1488 errichtet.
Als Amsterdam zu Beginn
des 17. Jahrhunderts über seine Befestigungsanlagen
hinauswuchs, verlor das Stadttor seine Funktion
und wurde deshalb 1617 zur Stadtwaage umgebaut.
Im Obergeschoss quartieren sich die Gilden ein,
die ihre Zunfträume über eigene Zugänge erreichten.
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Heute befindet
sich im Erdgeschoss des Waaggebouw das Restaurant
"In de Waag", im Obergeschoss hat die
"Waag Society" ihr "Fablab Amsterdam"
untergebracht.
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Wir
überqueren noch den Wochenmarkt
am Nieuwmarkt und machen dann im "Eetcafé Pro Loco" die
lang ersehnte Mittagspause.
Die Speisekarte
des gut besuchten Restaurants bietet neben Snacks
auch mediterrane, spanische und mexikanische Küche.
Die Bedienung ist freundlich, schnell
und aufmerksam und rät uns zum Steak vom Grill.
Wir folgen der Empfehlung und bereuen es nicht:
Die Steaks sind zart und schmackhaft, die unregelmäßigen,
hausgemachten Fritten lecker und der gemischte Salat
ist frisch zubereitet.
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Satt und zufrieden
bleiben wir nach dem Essen noch eine Weile unter
der weit ausladenden Markise und den mit Gas betriebenen
Heizstrahlern sitzen und schauen dem Treiben an
den Marktständen zu.
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Ausgeruht
spazieren wir dann entlang
der "Geldersekade"...
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ins chinesische Viertel, das seinem Namen mit der aus
den Fenstern und Türen chinesischer Restaurants
und Geschäfte schallenden Musik, mit den Gesichtern
der Menschen und deren Sprache und mit den für uns
unlesbaren Schriftzügen auf den Reklameschildern
vollauf gerecht wird. Man könnte wirklich glauben,
in Asien zu sein, wären da nicht die typischen Amsterdamer
Häuser.
Mehr als fünfzigtausend Chinesen
wohnen heute hier am Zeedijk und in den angrenzenden
Straßen. Viele davon sind Nachkommen chinesischer
Matrosen, die auf niederländischen Handelsschiffen
zur See fuhren.
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Deshalb
wundern wir uns auch nicht, dass im Zentrum von
Chinatown am Zeedijk sogar ein chinesischer Tempel
steht. Überrascht sind wir jedoch von seiner Dimension
und prachtvollen Ausgestaltung.
Der buddhistische
"Fo Guang Shan He Hua-Tempel"
ist der größte seiner Art in Europa und wurde ab
1994 im traditionellen chinesischen Palast-Stil
errichtet, nachdem die Stadtverwaltung einem hundertjährigen
Pachtvertrag für das Baugrundstück zustimmte.
Am
15. September 2000 weihte die niederländische
Königin Beatrix den kurz zuvor fertig gestellten
Tempel ein.
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Über
eine große Außentreppe erreicht man die Eingangshalle
im Obergeschoss des Tempels, den sogenannten "Kuan
Yin Shrine" mit der Statue von Avalokitesvara Bodhisattva,
die der Überlieferung nach mit ihren tausend Augen
und Händen allen Wesen zur Seite steht. Im
darunter liegenden Stockwerk befinden sich der "Jade
Buddha Shrine", ein Meditations- und ein Versammlungsraum,
eine Bücherei sowie Wohnräume für die Mönche.
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An
das Chinesen-Viertel grenzt der zwischen
Oudezijds Voorburgwal und Oudezijds Achterburgwal gelegene
Rotlichtbezirk "Walletjes", der - jedenfalls
bei Tag - auf den ersten Blick den anderen malerischen
Grachten der Stadt gleicht.
Folgt man jedoch
den vielen Rotlicht-Touristen durch das Viertel,
passiert man Sexshops, Amüsierbetriebe, Nachtclubs
und mehr als 350 "Schaufenster", in denen
sich überwiegend gut aussehende Prostituierte leicht
bekleidet anbieten.
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Die Prostitution wurde
im toleranten Amsterdam schon vor Jahrhunderten
legalisiert. Die Damen sind heutzutage sogar gewerkschaftlich
organisiert und versteuern ihr Einkommen!
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Bei
einem Rundgang durch die Walletjes bietet sich ein
Besuch des "Hash en Marijuana-Museum"
am
Oudezijds Achterburgwal an, das die Geschichte
der
Hanfpflanze "Cannabis sativa" und deren Wachstumsprozess von
der Aussaat bis zur Verarbeitung ebenso aufzeigt
wie die Methoden der Haschischherstellung.
Bis
vor kurzem befand sich das Museum im Haus Nr. 148,
zwischenzeitlich ist es jedoch umgezogen...
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und zusammen mit dem "Tatoo Museum" im
ehemaligen Gebäude der "Likeurstokerij 't Blokschip"
am Oudezijds Achterburgwal 130 untergebracht.
Das
weltweit
erste Museum für Tatoo-Kunstwerke zeigt Geräte
und Fotos sowie Zeichnungen von Kunstwerken und bietet
Live-Demonstrationen.
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Etwas
weiter östlich und ebenfalls am Oudezijds Achterburgwal
findet man unter der Hausnummer 54 das "Erotisch Museum",
das den Besuchern erotische Druckstücke, Zeichnungen,
Cartoons, pornografische Skulpturen, Fotos, Gerätschaften und und und ...
bietet.
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Kurz
darauf erreichen wir die Brücke über den Oudezijds Voorburgwal,
von der aus man einen tollen Blick auf die Gracht
hat bis hinüber zur Sint Nicolaaskerk nahe
dem Hauptbahnhof....
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und auf die seitlich der Brücke am Oudekerkplein
stehende "Oude Kerk", die den im Viertel
wohnenden Amstel-Fischern als Hafenkirche diente.
Die
älteste Kirche
der Stadt wurde 1306 durch den Bischof von Utrecht
dem heiligen Nikolaus geweiht, dem Schutzpatron
der Fischer und der Stadt. Sie ersetzte
eine zuvor hier stehende Holzkirche aus der Mitte des
13. Jahrhunderts.
1330 wurde die Sint
Niklaaskerk in eine Hallenkirche umgebaut, etwa
siebzig Jahre später wurde sie mit zwei Chorkapellen und einem
Chorumgang erweitert. Gleichzeitig verlängerte man
die Seitenschiffe.
Da zu dieser Zeit die "Nieuwe
Kerk" als neue Großkirche am Dam gebaut
wurde, nannte man die alte Nikolauskirche bald "Oude
Kerk" - Alte Kirche.
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Zu Beginn des 16. Jahrhunderts
folgten zwei große Seitenkapellen, bis die Oude
Kerk dann zu einer spätgotischen Basilika umgebaut
wurde. Damals erhielt auch der Glockenturm sein
heutiges Aussehen.
Das vergoldete Kreuz auf
der Turmspitze und das im Turm untergebrachte
Hemony-Glockenspiel spendeten die Amsterdamer Prostituierten.
Es kann im Rahmen einer gruppengeführten Turmbesteigung
nach Voranmeldung besichtigt werden.
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Das
Südportal der Oude Kerk ist mit den Wappen von Kaiser Maximilian I. und
Philipp dem Schönen aus dem 16. Jahrhundert verziert.
Hier
ist auch der Zugang zur
"Eisernen Kapelle", in der früher die Stadtprivilegien aufbewahrt
wurden.
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Das
Kircheninnere zeigt sich heute weitgehend schmucklos,
was auf den Bildersturm des Jahres 1566 und die
nachfolgende Herrschaft der Kalvinisten zurückzuführen
ist. Damals wurden Altäre, Heiligenstatuen und Gemälde
aus den Kirchen entfernt und die Wand- und Deckenmalereien
mit Farbe überpinselt.
Nachdem der baufällig
gewordene Kirchenbau 1951 wegen Einsturzgefahr geschlossen
werden musste, übernahm die Amsterdamer Stiftung
"De Oude Kerk" das profanierte Gebäude,
sorgte für eine grundlegende Sanierung und nutzt
es seitdem für Ausstellungen und Konzerte.
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Die Oude Kerk ist wegen einer im Jahr 2008 begonnenen
umfassenden Renovierung derzeit nicht vollständig
zu besichtigen. Die Arbeiten sollen voraussichtlich
im Jahr 2013 abgeschlossen werden.
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Von
der sakralen Einrichtung blieb der Lettner
erhalten, der den Chor mit seinem geschnitzten Chorgestühl aus der ersten
Hälfte des 16. Jahrhunderts...
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vom Hauptschiff mit der großen Orgel an der
Turmseite trennt.
Diese im Barockstil gestaltete
große Hauptorgel schuf der Hamburger Orgelbauer Christian
Vater in den Jahren 1724-1726.
Sie verfügt über
55 Register, ist mit Golddekor wunderschön
verziert und zeigt oben links das alte Stadtsiegel mit einer Kogge vor
der Stadtsilhouette sowie das Stadtwappen mit
den drei schwarzen Andreaskreuzen auf rotem Grund
oben rechts.
Wir haben Glück: Während unseres
Besuches probt der Organist. Der Klang der großen
Orgel in dem weiten und hohen Kirchenschiff ist
einzigartig.
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Die
kleine Transeptorgel auf der Empore am nördlichen
Seitenschiff ist deutlich älter als die Hauptorgel,
sie wurde 1658 von dem aus Windsheim stammenden
deutschen Orgelbauer Hans Wolff Schonat geschaffen,
der auch die Orgel in der Nieuwe Kerk fertigte.
Die
Orgelpfeifen der kleinen Seitenorgel wurden 1821
ausgebaut und beim Bau der Orgel für die Zuiderkerk
wiederverwendet. In das lange Zeit leere Gehäuse
setzten dann im Jahr 1965 die in Leer ansässigen Orgelbauer Ahrend
& Brunzema eine neue Orgel ein.
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An
den Wänden der Seitenschiffe findet man die verzierten
Grabmäler der Seehelden des "Goldenen Jahrhunderts",
darunter Admiral Jacob van Heemskerk, Admiral und
Flaggenkapitän Abraham van der Hulst sowie - hier
abgebildet - Kapitän
Willem van der Zaan.
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Dass
die Oude Kerk auch
als Grabkirche genutzt wurde, erkennt man an den
vielen Grabplatten im Hauptschiff und in den Seitenschiffen.
Über
die Jahrhunderte hinweg wurden hier mehr als zehntausend
Verstorbene beigesetzt, die letzte Bestattung fand
1865 statt. Alle heute noch vorhandenen Gräber wurden
kartiert und mittels einer Datenbank
im Internet veröffentlicht.
Das wohl berühmteste
Grab ist das von Rembrandts Frau Saskia van Uylenburg,
die am 14. Juni 1642 verstarb und fünf Tage später
in der Weitkopers-Kapelle der Oude Kerk beigesetzt
wurde. Die Inschrift der schmucklosen Bodenplatte
ist auch heute noch zu lesen.
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Es
überrascht uns nicht, in der Oude Kerk mehrere Votivschiffe
zu sehen - darunter die von Jacob van der Kooij geschaffene
"Aeolus", schließlich fuhren früher die
Gemeindemitglieder als Fischer und Händler zur See
und beteten hier mit ihren Frauen für eine gesunde Rückkehr.
Dass
man Schiffsmodelle in Kirchen aufhängt sahen wir erstmalig
in der Kirche
von Wenningstedt auf der Insel Sylt.
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Sehenswert
sind auch die Renaissance-Glasfenster in der Maria-Kapelle mit Motiven
aus dem Leben der Mutter Jesu. Die stark angegriffenen
Originale aus dem Jahr 1555 wurden im 18. Jahrhundert originalgetreu
erneuert.
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Ein
weiteres Highlight ist das Eichenholzgewölbe über
dem Hauptschiff.
Die Deckenmalereien
aus dem Mittelalter wurden während Renovierungsarbeiten im
Jahr 1755
übermalt. Die Gemälde wurden erst 1956 bei einer
Sanierung der Decke
wiederentdeckt und bestmöglich freigelegt. Teilweise
waren sie jedoch so schwer beschädigt, dass sie
nicht mehr zu retten waren.
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