Foto-Reisebericht
- Reiseführer - Reise-Info
Brugge -
Brügge Vom
Stationsplein durch die Steenstraat zum
Markt
|
|
Wir
erreichen Brügge über die A10 und fahren direkt
zum großen Parkhaus am Hauptbahnhof aus dem Jahr
1936.
Hier kann man unbegrenzt und günstig
parken und ist nicht all zu weit vom Zentrum entfernt.
|
Nach
der knapp dreistündigen Autofahrt entscheiden wir
uns für etwas Bewegung und gegen den kostenlosen
Pendelbus in die Altstadt. Vorbei an dem
für einen Sonntagmorgen unglaublich belegten Fahrrad-Parkplatz am Stationsplein...
|
...
überqueren wir die stark befahrene "Koning
Albert I. Laan" und sind nach wenigen Minuten
in der angrenzenden, idyllischen Grünanlage, der
wir in nördlicher Richtung folgen.
|
Wir
passieren das von dem Brügger Bildhauer Octave Rotsaert im
Jahr 1954 geschaffene Reiterdenkmal für König
Albert I. ...
|
...
und stehen nach wenigen Minuten vor dem "Concertgebouw".
Das moderne Brügger Konzertgebäude wurde
nach den Plänen von Paul Robberecht und
Hilde Daem errichtet und nach einer
knapp 2½-jährigen Bauzeit am 20. Februar 2002 eingeweiht.
Gerade noch rechtzeitig für
die Eröffnung von "Brugge 2002", denn
Brügge
wurde an diesem Tag um 20:02 Uhr zusammen mit Salamanca
in Spanien Kulturhauptstadt Europas.
|
Im Erdgeschoß des
Concertgebouw finden Brügge-Besucher die Tourist-Information
"In & Uit". Hier erhält man Informationen
zur Stadt, Tickets für Veranstaltungen, Stadtführungen und Grachtenrundfahrten,
Hotelreservierungen auch die kostengünstige "Brugge City Card", die
Mehrtagesbesuchern neben freiem Eintritt in mehr
als 20 Brügger Museen, einem informativen Reiseführer
mit Stadtplan und einer kostenlosen Grachtenrundfahrt
weitere Vorteile
und Ermäßigungen bietet.
|
An
das Konzertgebäude grenzt ein weitläufiger, rechteckiger
Platz, das "Centrum 't Zand", unter dessen
Oberfläche Parkflächen für mehr als 1400 Pkws geschaffen
wurde.
|
Der
große Springbrunnen auf 't Zand, von Stefaan De Puydt und Livia Canestraro entworfen, ist leider durch einen Bauzaun abgesperrt
und außer Betrieb. Die vier bronzenen
Frauenstatuen zwischen den hohen Säulen symbolisieren die flandrischen
Städte Gent, Ieper, Kortrijk und Brügge, auf einer weiteren
Säule sitzt Till Eulenspiegel, der nach
Nordosten Richtung Damme blickt, seiner Geburtsstadt. Darunter
erinnert eine Gruppe von Fischern an die traditionelle
Verbindung von Brügge mit der nahen Nordsee: Die
Stadt kam im Mittelalter durch den
Seehandel zu unglaublichem Wohlstand und galt als
reichste Stadt nördlich der Alpen.
|
Die ebenfalls
am Brunnen dargestellten Radfahrer verdeutlichen, was wir zuvor
schon am Stationsplein festgestellt
haben: Das
Fahrrad ist in Flandern das beliebteste Fortbewegungsmittel.
|
Vom 't Zand aus machen wir einen kleinen Abstecher durch die Smedenstraat
zur "Smedenpoort".
Das mittelalterliche
"Schmiedetor" auf dem Stadtwall wurde
im 14. Jahrhundert gebaut und sicherte damals den
westlichen Zugang zur Stadt.
Heute ist die
Smedenpoort von einer
gepflegten Grünanlage umgeben, in der etwas weiter
im Süden das etwa gleich alte "Waterhuis"
steht,
von dem aus die Stadt früher mit Wasser versorgt
wurde.
|
Zurück
am Centrum 't Zand spazieren wir durch die Zuidzandstraat
zur "Sint-Salvatorskathedraal", deren mächtiger Turm
die kleine "Alte Apotheke" an der Ecke
zum St. Salvatorskerkhof fast zu erdrücken
scheint.
Die hiesige Pfarrei wurde bereits
im Jahr 850 gegründet, kurz darauf errichtete man
eine erste
kleine Kirche, die Ausgangs des 11. Jahrhunderts
zu klein wurde. Zu Beginn des 12. Jahrhunderts
ersetzte man sie durch den Neubau der gotischen
Sankt Salvatorkirche.
Das Gotteshaus wurde
mehrfach erweitert: Im 13. Jahrhundert wurde
es um den
Chor, im 15. Jahrhundert um die
fünf Seitenkapellen ergänzt.
1834 wurde die Sint Salvatorskerk
zur Kathedrale erhoben.
Der Dom von Brügge
ist heute die älteste Pfarrkirche der Stadt.
|
Im
etwa 100 Meter langen Kircheninneren hängen acht wertvolle,
riesige Wandteppiche, die von
Jasper van der Borcht in Brüssel im frühen 18. Jahrhundert
hergestellt wurden.
Bei unserem Besuch ist
der verzierte
Chor der Sint-Salvatorskathedraal mit dem über fünfhundert
Jahre alten Chorgestühl leider verhangen. Wegen
des Gottesdienstes ist auch die Domschatzkammer
geschlossen.
Deshalb müssen wir die Besichtigung
des Reliquienschreins von Graf Karl dem Guten -
er wurde 1127
in der nicht mehr existierenden Sankt-Donaas-Kathedrale
ermordet - und des ältesten Brügger Altarretabels "Huidenvettersaltar" aus dem Jahr 1400 auf einen
Folgebesuch verschieben.
|
Zwischen
dem Hauptschiff und dem rechten Seitenschiff findet
man eine verzierte Kanzel im Stil der Zeit von Ludwig
XVI. ...
|
...
und die riesige Skulptur "Gott der Vater",
die von dem flämischen Bildhauer Artus Quellinus dem
Jüngeren im Jahr 1682 geschaffen wurde.
Dieses
beeindruckende Kunstwerk oberhalb des barocken Lettners
wird noch von der reich verzierten und vergoldeten
Orgel aus dem Jahr 1720 überragt.
|
Wieder
auf dem Sint Salvatorskerkhof gehen wir hinüber
in die Zilverstraat, in der wir nach etwa 100 Metern
das Haus Nr. 38. erreichen.
Das älteste Wohnhaus
von Brügge wurde 1468 im Auftrag von João Vasquez
und dessen Ehefrau Margaretha van Ackere errichtet.
João Vasquez war damals Sekretär und Berater
der burgundischen Herzogin Isabella von Portugal,
die eng mit der Stadt verbunden war: Isabella
heiratete 1430 in Brügge Philipp den Guten, gebar
in der Stadt ihren ersten Sohn und verstarb hier
am 17. September 1471.
Das Motto von
João Vasquez (vor Ort auch Jan oder Jean genannt)
findet man noch heute an der Natursteinfassade
des Hauses:
"A
bon compte avenir" "Die Zukunft gehört dem,
der gut aufpasst".
|
Zurück
auf dem St.-Salvatorskerkhof
schauen wir uns die schönen Glocken- und Stufengiebel
der angrenzenden Häuser an, umrunden dann die Kathedrale und spazieren durch die enge
St.-Salvatorskoorstraat,
...
|
... die
nach etwa 100 Metern in den Simon-Stevinplein mündet.
|
In
den Straßencafés an dem nach Brügges berühmtesten
Sohn Simon Stevin benannten Platz ist noch nichts
los: Das Personal hat gerade begonnen, die ersten
Sonnenschirme zu öffnen und die miteinander verketteten
Stühle um die Tische zu gruppieren.
|
Simon Stevin
wurde 1548 in Brügge geboren und verbrachte hier
auch seine Kindheit.
Er wurde zum wohl bedeutendsten
flämischen Mathematiker, Ingenieur und Physiker,
bereiste Nordeuropa und trat als Berater in den
Dienst des Prinzen Moritz von Nassau ein, der ihn
zum Direktor der Wasserbehörde ernannte.
Simon
Stevin war Verfechter eines rein dezimalen Maßsystems,
führte das Komma ein, erklärte die Anziehungskraft
des Mondes verantwortlich für die Gezeiten und belegte
die Unmöglichkeit eines Perpetuum Mobile.
Stevin
verfasste eine Reihe bedeutender wissenschaftlicher
Schriften, darunter "Das Zehntel", "Praktische
Arithmetik" und "Der Bau von Festungen".
Simon
Stevin verstarb im Jahr 1620. Sein Denkmal wurde
von dem aus Lüttich stammenden Bildhauer Louis-Eugène
Simonis geschaffen und 1846 eingeweiht.
|
Vom
Simon
Stevinplein lohnt sich ein Abstecher
in die einmündende Straße "Oude Burg".
Die
in den 1980-er Jahren renovierten Häuser des Gebäudekomplexes
"Hof van Watervliet" wurden im 15. und
16. Jahrhundert von Kaufleuten gebaut, die
mit dem Handel von Stoffen zu Wohlstand gekommen
waren.
Heute findet man hier die "Christelijke
Mutualiteit Brugge".
|
Wieder
auf dem Simon Stevinplein hat nun das erste Café
geöffnet. Das passt.
Zwei Cappuccino später
bummeln wir durch die Steenstraat, die mit ihren
Geschäften, Boutiquen und Shops DIE Einkaufsstraße in Brügge
ist.
Ihre Schaufenster mit den illuminierten Auslagen
laden Einheimische und Besucher zu einer ausgiebigen
Shopping-Tour ein, ...
|
...
bei der auch die alten Häuser einen Blick wert sind.
Sehenswert ist beispielsweise das Haus Nr. 40, "De
Gekroonde Laars".
Das
ehemalige Zunfthaus der Schuhmacher mit seinem Backstein-Treppengiebel
stammt aus dem Jahr 1527 und zeigt an der Fassade
das Zunftzeichen der Gilde: zwei gekreuzte Stiefel.
Direkt
daneben steht das Zunfthaus der Zimmerleute, das
aus Natursteinen im klassizistischen Stil errichtet
und 1765 fertiggestellt wurde.
|
Die
vergoldeten Werkzeugsymbole an der Fassade des Hauses
Steenstraat Nr. 25 schräg gegenüber belegen, dass
hier die Zunft der Maurer ihren Sitz hatte.
|
Auch
ein Blick in die engen, malerischen, mit Bogen überspannten,
engen Seitengassen lohnt sich.
|
Schließlich
erreichen wir unter den neugierigen Augen des Gaffers am Haus
Nr. 5 "De Gapaerd"...
|
...
den Markt von Brügge mit dem 1887 geschaffenen Denkmal für die Freiheitskämpfer
Jan Breydel
und Pieter de Coninck.
Jan Breydel
und Pieter de Coninck führten als Vorsteher
der Metzger- und Webergilde die Brügger Zünfte in
ihrem Freiheitskampf des Jahres 1302:
Am
Morgen des 18. Mai 1302 überwältigten die Zünfte während
der "Brugse Metten" die französischen Besatzer in deren Garnison.
Um den Aufstand der Bruggelinge niederzuwerfen,
entsendete daraufhin König Philipp IV. von Frankreich
ein Ritterheer, dem sich die aufständischen Zünfte
am 11. Juli 1302 bei Kortrijk selbstbewusst
stellten und in der "Guldensporenslag"
(Goldsporenschlacht) vernichtend schlugen.
Als Folge musste Philipp IV. dem aufständischen
Brügge eine weitgehende
Autonomie gewähren.
|
Auf
der Westseite des Marktes, an
der Einmündung der Sint Amandsstraat, steht das im
Jahr 1956 rekonstruierte
Haus
Craenenburg mit dem gleichnamigen Café.
Der
Name von Haus Craenenburg geht auf den ersten bekannten
Bewohner aus dem 14. Jahrhundert zurück.
Unglaublich,
aber historisch gesichert: Hier wurde 1488 der deutsche
König und spätere Kaiser Maximilian
I. von Österreich mehr als drei Monate lang gefangen
gehalten.
|
Wegen der französischen Angriffe auf Flandern berief Maximilian I. die Generalstaaten
nach Brügge ein und erreichte die Stadt im Dezember
1487. Weil Maximilian die Steuerlast aber wiederholt
erhöht hatte und weil er versuchte, die Privilegien
der flandrischen Städte zu beschneiden, setzten ihn
die aufgebrachten, von den Gentern aufgewiegelten
Bürger
von Brügge am 5. Februar 1488 samt Gefolge
im Haus Craenenburg fest.
Da sich Maximilian
vehement weigerte, die
Forderungen der Aufständischen zu erfüllen, kam
es in der Folge zu einer Blutherrschaft, während der -
vor Maximilians Augen - dessen Gefolge, darunter
auch der königliche Berater Pieter Lanckhals, hingerichtet wurden.
Daraufhin
unterzeichnete Maximilian I. am 12. Mai 1488 den
Vertrag von Brügge, in dem er die Regentschaft der
Stände anerkannte und den Rückzug seiner Truppen zusicherte.
Vier Tage später wurde er freigelassen.
Nach
dem Friedensschluss mit den flandrischen Städten
am 30. Oktober 1489 rächte
sich Maximilian am aufständischen Brügge für seine
Gefangenschaft und die Ermordung seiner Gefolgsleute
nicht nur mit schweren Auflagen, er erniedrigte die
Stadt ganz besonders mit dem Erlass, dass auf den Brügger
Grachten ab sofort und dauerhaft Schwäne zu halten
sind. Ein weißer
Schwan war das Wappentier seines Beraters Pieter Lanckhals.
|
Sehr
abwechslungsreich zeigt sich die Nordseite
des Marktes.
Nicht nur aus architektonischer
Sicht, auch aus gastronomischer, denn hier erhält
man neben regionalen Spezialitäten auch eine italienische
Pizza, einen englischen Tee oder einen Frühjahrs-Glühwein
mit Schuss.
|
Die
Ostseite des Marktes prägt das neogotische Provinzialratsgebäude
mit den Amtsräumen und der Amtswohnung des Gouverneurs von West-Flandern.
Es wurde Ende des 19. Jahrhunderts
gebaut und ersetzte die historische "Lakenhalle".
Besichtigen
kann man das Provinzialratsgebäude nur während wechselnden
Ausstellungen.
|
Die
Südseite des Marktes wird von den ehemaligen Tuchhallen
und dem Belfried beherrscht, der die umliegenden
Gebäude deutlich überragt.
Einen guten Überblick
über den weitläufigen Gebäudekomplex erhält man
durch das Bronzemodell neben dem Eingang zum Innenhof.
Es wurde ebenso wie die direkt daneben zu findende
Stadtbeschreibung und der Stadtplan in Blindenschrift
speziell für Sehbehinderte geschaffen.
Etwas
Ähnliches haben wir bisher nur in Soest
gesehen.
|
Der
83 Meter hohe Belfried entstand als Prestigebauwerk
zur Demonstration der Freiheit und des Reichtums
der Stadt.
Der unterste Teil des Bauwerks
geht auf das 13. Jahrhundert zurück, der Bereich
oberhalb der Loggia bis zu den spitzen Ecktürmen wurde
im 14. Jahrhundert erstellt.
Hundert
Jahre später folgte der achteckige Aufsatz mit dem Glockenspiel.
Ursprünglich hatte der Brügger Belfried auch eine
Turmspitze, die aber im Jahr 1741 abbrannte und
nicht ersetzt wurde.
Von Innenhof der Tuchhallen
aus erreicht man über die seitlichen Treppen einen
kleinen Souvenir-Shop, in dem man auch die Tickets
für den Turmaufstieg erhält.
|
Über
eine nach oben hin immer enger werdende Wendeltreppe
erreicht man bei Stufe 220 die 5.000 kg schwere
Siegesglocke, die nur zu besonderen Anlässen wie
der Heilig-Blut-Prozession oder am Nationalfeiertag
läutet.
Noch etwas weiter oben passiert man
das Uhrwerk...
|
...
und darüber den Maschinenraum mit der riesigen,
9.000 kg schweren Trommel der Spieluhr.
Die
47 Glocken des Glockenspiels erklingen täglich zwischen
7 Uhr und 21 Uhr viertelstündlich mit
wechselnden Melodien.
|
Bei
Stufe 366 ist der Aufstieg dann vollbracht und die
Glockenstube erreicht.
Und die Anstrengung
wird mit einem tollen Ausblick
auf die Türme und Dächer von Brügge belohnt. Bei
gutem Wetter sieht man von hier oben bis zur
13 Kilometer entfernten Nordseeküste.
Schade,
dass der Belfried um 17 Uhr geschlossen wird, denn
der Blick auf die Stadt muss bei einsetzender Dämmerung
einfach grandios sein...
|