Foto-Reisebericht -
Reiseführer - Reise-Info Friedrichstadt
Entlang
der Grachten
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Vom
"Eiland" aus ist es nicht mehr weit bis zum Anleger
für Grachtenfahrten mit der Prinzenlinie.
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Mit einer Fahrt
auf den Sielen und Gräben um die Vorderstadt von Friedrichstadt
herum wird es aber nichts, denn Ende Oktober ist hier alles
verlassen, der Verkaufskiosk geschlossen und der Betrieb offensichtlich eingestellt.
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Entlang
des Fürstenburggrabens erreichen wir die turmlose katholische
Kirche St. Knud, die 1854 eingeweiht wurde, nachdem bei dem
Vorgängerbau aus dem Jahr 1846 das Dach eingestürzt war und
das Gebäude komplett abgerissen werden musste.
Turmlose Gotteshäuser
haben für Katholiken in Friedrichstadt Tradition: Da Herzog Friedrich
III. beabsichtigte, protitable Handelsverbindungen zu
dem katholischen Spanien aufzubauen, erlaubte er im Jahr 1625, dass sich auch Katholiken in Friedrichstadt
ansiedeln durften, allerdings mit einer eingeschränkten Religionsfreiheit.
Er untersagte ihnen religiöse
Aktivitäten in der Öffentlichkeit ebenso wie den Bau von Kirchtürmen
und Glockengeläut.
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Namenspatron
der Kirche ist König Knud
IV. von Dänemark, der im 11. Jahrhundert heilig gesprochen wurde.
Während seiner Regierungszeit versuchte er, die christliche
Kirche in Dänemark zu stärken. Knud wurde zusammen mit seinem
Bruder auf den Stufen des Altars der dem heiligen Alban geweihten
Kirche in Odense von revoltierenden Landsleuten erstochen.
Das Innere der neugotischen
Kirche erscheint uns einfach und schlicht, vielleicht auch,
weil das Gotteshaus am 31. Oktober 2003 profaniert wurde, da
die Zahl der Gemeindemitglieder und Gottesdienstbesucher sehr
stark abgenommen hatte.
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Die
von uns erwarteten sechs hölzernen Barockskulpturen aus dem
17. Jahrhundert können wir uns leider nicht im Original
ansehen, weil man die ursprünglich aus der Marienkirche
in Husum stammenden Darstellungen von König Knud IV., den
Aposteln Petrus, Mathias,
Simon, Paulus sowie
Christus mit der Weltkugel seit 2006 ausgelagert hat und nur
noch Abdrucke zu sehen sind.
Im Original erhalten ist
aber das verzierte Gestühl aus dem Jahr 1760 ...
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und das hölzerne Kruzifix aus dem Mittelalter, das aus einer
Kirche in Eiderstedt stammen soll, die einer Sturmflut zum Opfer
fiel.
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Über
der hohen Eingangstür befindet sich die mit einem verzierten
Geländer begrenzte Empore, ...
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unter der sich eine sehenswerte Pieta
befindet, mit der man den Gefallenen des Ersten Weltkrieges
gedenkt.
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Wenige
Schritte weiter, am Fürstenburgwall 11-13, stehen wir vor dem
Fünf-Giebel-Haus, das sich der Stadtgründer Herzog
Friedrich III. in den Jahren 1622-1623 mit aus Holland stammenden Baumaterialien errichten
ließ.
Das Haus hatte ursprünglich 5 Giebel und wurde anfänglich vom
herzoglichen Statthalter Adolf von Wael bewohnt. Später diente
es als Gästehaus für hochgestellte Besucher der Stadt, bis das
Gebäude 1649 von der katholischen Kirche angekauft wurde.
1837
wurde das Haus komplett umgebaut und erhielt dabei eine neue,
nun giebellose Fassade. Heute findet man hier eine Galerie für
moderne Kunst mit einem zugehörigen Café.
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Wir
biegen nun in die Prinzeßstraße ein, wo wir ...
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ein historisches
dreirädriges "Holländer-Fahrrad zur Personenbeförderung
über der Vorderachse" finden.
Dass es in Holland die eigenartigsten
Fahrzeuge gibt, haben wir schon bei einem Besuch in Roermond
festgestellt.
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Die
erste Remonstrantenkirche wurde im Jahr 1624 erbaut und war
auch die erste Kirche der Glaubensgemeinschaft überhaupt. Sie
wurde bei der Beschießung der Stadt im Oktober 1850 zerstört.
Der
heute vorhandene Saalbau im klassizistischen Stil wurde 1854
eingeweiht.
Wegen Renovierungsarbeiten ist das Kircheninnere
für uns leider nicht zugänglich, denn die Remonstrantenkirche
ist derzeit nur im Rahmen von Stadtführungen zu besichtigen,
deren letzte wir knapp verpasst haben.
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Wir
sehen uns deshalb das schräg gegenüber stehende Ketterer-Haus in
der Prinzeßstraße Nr. 26 an, ein ehemaliges Handwerkerhaus,
das um 1625 erbaut wurde.
Im 19. Jahrhundert kam
es in den Besitz des zugewanderten Uhrmachermeisters
Ketterer. Die Hausmarke des Ketterer-Hauses zeigt drei
Holzschuhe, das Wappen der Priesterfamilie
Laman-Trip, die das Haus um 1980 restaurieren ließ und es heute
noch nutzt.
Nicht nur die Fassade des Ketterer-Hauses
ist sehenswert: Betätigen Sie doch einfach mal den Lichtschalter
neben dem rechten Fensterladen und schauen Sie dann mal
durch die rechten Fenster! Ihre Kinder sollten sich auf den
Granitblock stellen...
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An
vielen Friedrichstädter Häusern findet man am Giebel oder über
der Haustür sogenannte "Hausmarken", meist bunte Darstellungen,
die oft auf den Beruf der Hausbesitzer hinweisen. So sahen wir
am Paludanushaus ein Weinfass mit Trauben für den Weinhändler, an
einem
Wohnhaus
am Markt eine Mühle für den Betreiber der Eidermühle.
Wie
wir nicht nur in der Prinzeßstraße feststellen, haben sich viele
Hausbesitzer Tiersymbole als Hausmarken ausgesucht.
Neben
den hier abgebildeten Tieren sehen wir auch ein Eichhörnchen,
einen Frosch, einen Fisch, eine Taube ...
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Aber
nicht nur die Hausmarken gefallen uns: Auch die alten Aushängeschilder
wie die vergoldeten Tulpen und ...
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... das
Schild des in der Prinzeßstraße ansässigen Schmiedemeisters tragen
zu dem historischen Flair der Vorderstadt von Friedrichstadt
bei.
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Als
wir noch einmal zurück in die Prinzeßstraße schauen, kommen
wir uns vor wie in Burano
in der Lagune von Venedig: Der Turm der Remonstrantenkirche
hat seit seiner Fertigstellung eine deutliche Schieflage.
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Wir
kehren zum Markt zurück und genehmigen uns bei Pinocchio eine
wohlverdiente Kaffeepause.
Der Marktplatz ist zweigeteilt:
die östliche Hälfte ist begrünt, die westliche ist gepflastert
und dient teilweise als Parkfläche. Ein massives Metallgeländer,
an das früher die Pferde während des zweimal im Jahr stattfindenden
Friedrichstädter Pferdemarktes angebunden wurden, trennt die
beiden Teile.
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Nördlich
vom Markt und jenseits des Mittelburggrabens wurde um 1630 das
Neberhaus
errichtet, das man nach dem Besitzer Hinrich Neber benannte,
der hier um 1950 einen
Eisenwarenhandel betrieb.
Im 17. und
18. Jahrhundert bewohnte das Haus die Familie Ovens, eine hochangesehene
Mennonitenfamilie, die Ratsherren und Bürgermeister stellte.
Nach einem fehlgeschlagenen Versuch, die revolutionäre
französische Regierung zu stürzen, lebte hier 1795
unter dem Decknamen "De Vries" der untergetauchte Louis-Phillippe,
Herzog von Orleans. Der spätere französische Bürgerkönig
verdiente seinen Lebensunterhalt als
Sprach- und Tanzlehrer.
Heute ist im Neberhaus ein Restaurant untergebracht.
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Nebenan
am Stadtfeld durchzieht eine Grünanlage die Hinterstadt. Hier
befand sich früher ein weiterer Kanal, der Norderburggraben
genannt wurde, und den man im 18. Jahrhundert zugeschüttet
hat.
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Das
Kriegerdenkmal am Ende der Grünanlage gedenkt den Soldaten,
die den Versuch mit dem Leben bezahlten, die von den Dänen besetzte
Stadt zurückzuerobern.
"Dem Andenken
der vor Friedrichstadt vom 29. Sept. bis 4. Octbr 1850 gefallenen
Offiziere und Mannschaften der Schleswig-Holst. Armee gewidmet von
alten Kameraden 1898"
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Bis
zum Treene-Ufer sind es nun nur noch wenige Meter, dann sollte
die Lauferei ein Ende haben, ...
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... denn hier am Schiffsanleger
kann man sich zu einer Bootstour durch die Grachten oder einer
Treene-Rundfahrt einschiffen.
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Und
wer immer noch über ausreichend Kondition verfügt, der kann
sich eines der Tretboote
mieten, um in Eigenregie durch die Grachten alias Burggräben
und Sielzüge zu schippern.
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Passieren
kann dabei eigentlich nichts, denn der
rot-weiße Leuchtturm von Friedrichstadt sichert hier
an der Mündung des Oster-Sielzuges in die Treene den zumindest in der
Saison regen Bootsverkehr. Das Orientierungs- und Oberfeuer
mit der Kennung Ubr. (0) 2000s; 0-0:7 hat wegen der geringen
Höhe des Feuerträgers nur eine Nenntragweite von 1,2 Seemeilen,
weshalb es von der Küstenschifffahrt an der knapp 10 Kilometer
entfernten Nordseeküste nicht genutzt werden kann.
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Leider
kann der Friedrichstädter Leuchtturm - angeblich wegen Platzmangels
- auch nicht besichtigt werden. So spazieren wir unverrichteter
Dinge entlang des Oster-Sielzuges zurück zum nahegelegenen Parkplatz
vor der Jugendherberge und treten die Heimreise an.
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