Foto-Reisebericht
- Reiseführer - Reise-Info
Gent "Von
der Sint-Michielskerk entlang der Korenlei zum Sint-Veerleplein"
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Am
linken Ufer der Leie und seitlich der Sint-Michielsbrug
überragt die dem Heiligen Michael geweihte Sint-Michielskerk
die umliegenden Gebäude.
Mit dem Bau des
Gotteshauses wurde im Jahr 1440 begonnen, weil die
seit dem 12. Jahrhundert hier vorhandene Kapelle
für die durch Zuzug schnell wachsende Gemeinde
zu klein geworden war.
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Die
Sankt-Michaels-Kirche wurde im spätgotischen Stil
errichtet. Als Baumaterial verwendete man überwiegend
Sandstein aus dem Umland von Brüssel.
Wegen
Geldmangels und wegen massiver Probleme mit dem
instabilen Untergrund konnten die Bauarbeiten erst
1650 abgeschlossen werden. Der Turm erhielt sein
Dach im Jahr 1825, für eine Turmspitze fehlte das
Geld.
Erstaunlich ist, dass das Kircheninnere
trotz der mehr als 200 Jahre langen Bauzeit sehr
einheitlich gestaltet ist.
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Auf
der rechten Seite des Hauptschiffes steht die von
Franck dem Älteren in der 1. Hälfte des 19. Jahrhunderts
geschaffene neogotische Kanzel.
Kanzelkorb
und Schalldeckel wurden aus Mahagoniholz geschaffen
und filigran verziert.
Die von Franck dem
Jüngeren Mitte des 19. Jahrhunderts aus Marmor
gehauene Figurengruppe unter dem Kanzelkorb zeigt
die Heilung des Blinden von Jericho.
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In
den Seitenschiffen und hinter dem Chor findet man
zwanzig kleine Kapellen, darunter die an das linke Seitenschiff
angebaute Taufkapelle.
Das reich verzierte
Taufbecken aus getriebenem Kupfer ruht auf einem
Marmorsocker, der vergoldete Taufdeckel zeigt eine
vom Kreuz überragte Schlange.
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Der
neugotische Hochaltar entstand 1860 und ist mit
Engelsstatuen geschmückt.
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In
der Allerheiligenkapelle hinter dem Hochchor gefällt
uns ein von C. Carbon geschaffenes farbiges Rentabel.
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Wunderschön
gestaltet sind auch die farbenprächtigen Wände, deren
biblische Darstellungen von den schräg einfallenden
Sonnenstrahlen illuminiert werden.
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Vorbei
an der Statue Madonna
mit Kind - beide in prächtigen Gewändern, ...
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gehen wir in das linke Querschiff, um uns das Gemälde "Golgatha"
anzusehen, das von dem Rubens-Schüler Anton
van Dyck 1630 gemalt wurde.
Neben vielen
anderen, sehenswerten Gemälden aus der Zeit des
Barock finden Kunstinteressierte
hier auch die Werke "Sankt Crispinus und Sankt
Crispinianus" von Jan van Cleef, "Die
heilige Helena findet das Kreuz" von Joseph
Paelinck, "Kreuzabnahme" von Antoon van
den Heuvel sowie "Erweckung des Lazarus"
von Rubens-Lehrmeister Otto Venius.
Zahlreiche
Gemälde sind in einem schlechten Zustand. Sie haben
eine aufwändige und somit teuere Restaurierung nötig,
die man mit einer kleinen Spende unterstützen kann.
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Neben
der Sint-Michielskerk befindet sich das ehemalige
Kloster "Het Pand", dessen Rückseite wir bereits während
unseres Spazierganges entlang der Predikherenlei
gesehen haben.
Het
Pand wurde im Jahr 1228 von Dominikanermönchen
gegründet und zählt zu den ältesten Gebäuden der
Stadt. Der Klostertrakt entlang der Leie entstand
zwischen 1325 und 1375 und verfügte über ein Refektorium,
eine Sakristei, eine Küche und eine Brauerei. Das
Obergeschoss war als riesiger Schlafsaal ausgelegt.
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Die
beiden Flügelbauten mit ihren Treppengiebeln sind
deutlich jünger, sie wurden im 15. Jahrhundert
errichtet.
Dominikanermönche findet man in
Het Pand heute nicht mehr. Das Anwesen wird seit
1963 von der Universität Gent genutzt, die Het Pand
von 1971 bis 1991 komplett saniert hat und nun als
Universitäts-Kulturzentrum nutzt.
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Näher
geht es nicht: Der kleine Erker von Het Pand stößt
fast an die Außenwand der Sint-Michielskerk, hinter
der sich die Kapelle des Sankt-Hubertus befindet.
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Durch
die Straße Onderbergen und über den Sint-Michielsplein
gehen wir zurück zur Sint-Michielsbrug.
Vom
höchsten Punkt der Brücke hat man einen phantastischen
Ausblick auf die Korenlei am linken Leie-Ufer und
auf die gegenüber liegende Graslei.
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Vor
dem
im Jahr 1662 errichteten und "Lintworm en Krocht"
genannten Gildehaus der Bierbrauer an der Ecke Sint-Michielsplein und Korenlei führt
eine Treppe hinunter zur Leie, der wir nun folgen.
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Wir
passieren das mit Pilastern verzierte neoklassische
Eckhaus Korenlei Nr. 15, das im Jahr 1852 an der
Stelle des einstigen "Hof van Gruuthuse"
errichtet wurde, der 1352 für Graf Egmont erbaut
wurde, ...
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schauen uns etwas weiter das in der zweiten Hälfte
des 16. Jahrhunderts errichtete Haus "De Zwane"
an, von dem nur die mit Schwänen verzierte Fassade
erhalten blieb, hinter der man heute das im Jahr
2007 eingeweihte, moderne Marriott-Hotel findet,
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um dann vor dem Haus Korenlei Nr. 7 eine Kaffeepause
zu machen.
Das einstige "Gildehuis
der Onvrije Schippers" hat eine wunderschöne
Barockfassade, die der Architekt Bernard Wild im
Jahr 1739 entwarf.
Den Giebel des gekonnt
renovierten Zunfthauses der Unfreien Schiffer ziert
eine große Sandsteinvase in einem Oculus. Rechts
und links davon erkennt man zwei steinerne Löwenköpfe
und zwei Anker, die dem Gildehaus den Beinamen "De
Anker" gaben.
Unter dem Rundbogen des
Giebels sind delphinartige Meerestiere dargestellt,
darüber erinnert ein goldenes Schiff als Wetterfahne
an die früher hier ansässige Schiffergilde.
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Einmalig
ist der Blick auf die Fassaden der gegenüberliegenden
Graslei...
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mit der an den sechs Türmchen auf dem Treppengiebel erkennbaren
und zur Weltausstellung 1913 errichteten Nachbau
des Gildehauses der Steinmetze in der Sint-Niklaasstraat,
dem
Zunfthaus
der Getreidemesser aus dem Jahr 1698, dem schmalen,
eingeklemmtem "Tollhuis" von 1682 rechts daneben,
dem dann folgenden romanischen "Koornstapelhuis" aus
dem 13. Jahrhundert, dem "Korenmetershuis" von 1435, dem "Gildehuis der Vrije Schippers",
dem Zunfthaus
der Maurer aus dem Jahr 1527 und der ehemaligen Hauptpost mit ihrem hohen und
schlanken
Uhrenturm.
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Die Freien
Schiffer hatten früher das Recht, mit ihren Schiffen
alle Binnengewässer der Grafschaft Flandern zu befahren.
Das brachte ihnen stattliche Gewinne. Und sie profitierten
davon, dass die Gilde der Unfreien Schiffer für
den Transport ihrer Frachten auf den Binnengewässern
keine eigenen Schiffe einsetzen durften. Für die
Beförderung ihrer Handelswaren mussten sie gegen
Entgelt die Ladekapazitäten der Freien Schiffer
nutzen. Das erklärt, warum das Gildehaus der Vrije
Schippers deutlich größer und prächtiger ist als
das der Unvrije Schippers an der Korenlei.
Die Gilde kaufte
das Haus an der Graslei im Jahr 1530 und ließ es
durch den Maurermeister Christoffel van den Berghe
im Stil der Brabanter Gotik neu gestalten. Die im
Jahr 1904 renovierte und seit 1943 unter Denkmalschutz
stehende Fassade zeigt neben dem Wappenschild von
Kaiser Karl V. auch die Wappen von Burgund, Kastilien
und dem Haus Habsburg sowie von Flandern und von
Gent.
Nach einer sehr ausgiebigen Kaffeepause
- das Panorama ist einfach unglaublich -, folgen wir
der Korenlei, ...
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die kurz darauf in die Jan-Breydelstraat übergeht,
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in der im Haus Nr. 5 das "Design Museum Gent"
untergebracht ist.
Die
Stadt Gent kaufte das frühere "Hotel de Coninck"
im Jahr 1923 samt dem vorhandenen Inventar an.
Die
Vorbesitzer hatten das Hotel mit kostbaren Möbeln
eingerichtet, darunter eine Sitzgarnitur aus dem
Besitz der russischen Zarin Katharina II., ein
Schreibtisch des französischen Königs Ludwig XVIII.
und wertvolles Porzellan. Diese Schätze ergänzte man mit Exponaten,
die zuvor in
der "Akademie der Schönen Künste" ausgestellt
waren.
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Nach einem
großen Umbau des Gebäudes und der Integration neuer
Sammlungen mit Art Nouveau, Art Deco sowie seltenen
Designerstücken eröffnete man 1992 wieder den Museumsbetrieb
unter dem aktuellen Namen und zeigt nun Exponate
vom 17. Jahrhundert bis in die Moderne.
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An
der Einmündung der Jan-Breydelstraat in die Burgstraat
biegen wir nach rechts ab, überqueren die Brücke
über die Lieve...
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und passieren den Alten Fischmarkt, der
zurzeit renoviert und für Großveranstaltungen zu einem Speise-
und Ballsaal umgebaut wird.
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Etwa
100 Meter weiter erreicht die Burgstraat den Sint-Veerleplein.
Auf
dem ältesten Platz der Stadt wurde schon im Mittelalter
Markt abgehalten, hier wurden aber auch die Anführer
der Unabhängigkeitsbewegung hingerichtet und hier
brannten zur Zeit der Gegenreformation die Scheiterhaufen
der Inquisition.
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Hier
am Sint-Veerleplein ist auch der Hauptzugang zum
"Oude Vismijn", dem Alten Fischmarkt von
Gent.
Auch das monumentale Eingangsportal
aus dem Jahr 1689 wird - wie auch die Fischhalle
- gerade renoviert und ist deshalb nicht passierbar.
Der
interessanteste Teil der prägnanten Barockfassade
ist trotz der Bauarbeiten noch zu sehen: Hoch über
dem Tor steht Neptun mit seinem Dreizack, die Figuren
links und rechts der Fenster sind allegorische Darstellungen
der beiden Genter Flüsse Schelde und Lieve.
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Die
alten Fassaden am Sint-Veerleplein stammen überwiegend
aus dem 17. Jahrhundert und wurden teilweise
auf den Fundamenten der früher hier vorhandenen
"Sint-Veerlekerk" und des einstigen "Wenemaershospitals" errichtet.
Die
Säule mit dem steinernen Löwen wurde zur Erinnerung
an die Weltausstellung in Gent nach
einem Entwurf des Architekten Valentin Vaerwyck
1926 errichtet, den Löwen schuf der Bildhauer Oscar
Sinia.
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Wir machen hier
Mittagspause. Eine Restaurant-Empfehlung können
wir diesmal nicht abgeben. Das Grimbergen-Klosterbier vom
Fass ist sauer, die Fritten sind matschig und die -
womöglich aus der Mikrowelle kommende - Lasagne
ist nicht durchgängig gar. Auf unsere Reklamation
hin bemüht man sich zwar um Abhilfe, die
Lust am Essen ist uns da aber längst vergangen.
Bei
einem Folgebesuch werden wir uns ein Lokal in einer
zum Patershol-Viertel gehörenden Seitenstraßen der
Geldmund suchen. Aber vielleicht haben Sie ja am
Sint-Veerleplein mehr Glück bei der Wahl eines Restaurants
als wir.
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