Foto-Reisebericht -
Reiseführer - Reise-Info Kiel
"An der Förde zur Kieler Woche"
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Am 23. Juni 1882 machen
einige - überwiegend im Hamburger Segelclub zusammengeschlossene
- Segelfreunde mit ihren 20 Yachten auf der Kieler Innenförde
vor Düsternbrook eine Wettfahrt. Begeistert von den Wind-, Strömungs-
und Wasserverhältnissen beschließen sie jährliche Wiederholungen,
die durch Mund-zu-Mund-Propaganda stetig wachsende Teilnehmerzahlen
verzeichnen können. Schon zwei Jahre später werden mehrere Regatten
über eine ganze Woche verteilt veranstaltet. Aus der ursprünglichen
Freundschaftsregatta war die Kieler Woche geworden.
Am
12. Februar 1887 gründen Offiziere der Kaiserlichen Marine den
Marine-Regatta-Verein, um "die Freude am Segeln zu mehren".
Die Hamburger Segler haben nun einen Vor-Ort-Partner, mit dem
sie die Regatten der Kieler Woche gemeinsam organisieren
können.
Die Mitglieder des Marine-Regatta-Vereins wählen
am 2. Mai 1891
Kaiser Wilhelm II. zu ihrem Kommodore. Dieser verfügt kurz darauf
eine Namensänderung: Der Marine-Regatta-Verein wird zum Kaiserlichen
Yachtclub. Als dann der segelbegeisterte Kaiser mit seiner Yacht "Meteor" sogar
zu den Segelregatten anreist und die Presse ausführlich darüber
berichtet, wird auch das Ausland aufmerksam und die Kieler Woche
zur größten deutschen Segelveranstaltung und zu einem gesellschaftlichen
Großereignis: Bald kommen im Sog des Kaiserpaares Mitglieder
des europäischen Hochadels nach Kiel, gefolgt von hochrangigen
Diplomaten, Politikern und Industriekapitänen.
Inzwischen ist die Kieler
Woche das größte Segelsportereignis weltweit, das jeweils
in der letzten Juni-Woche stattfindet. Im Jahr 2007 feierte man das
125-jährige Jubiläum, im Jahr 2008 haben mehr als drei Millionen
Menschen die Kieler Woche besucht, während der mehr als 4.500 Segler
aus 50 Nationen an 39 Regatten auf der Außenförde
vor dem Olympiazentrum Kiel-Schilksee teilnahmen. Und auch das Rahmenprogramm
ist inzwischen einzig: Kulturelle Veranstaltungen, Open-Air-Konzerte
mit internationaler Besetzung und ein spezielles Kinderprogramm
lassen die Kieler Woche auch zum größten Kultur- und Volksfest von
ganz Nordeuropa
werden.
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Hinter
dem Schloss beginnt der erste Höhepunkt der Kieler Woche, die Spiel-Linie, eine durch den gesamten
Schlossgarten bis zur Krusenkoppel verlaufende Aneinanderreihung von Spielgeräten
und Freizeit-Attraktionen für Kids, die ebenso kostenlos genutzt
werden können wie die Kinderbetreuungsplätze. Während
sich die Eltern in den Biergärten erfrischen oder die Veranstaltungen
entlang der Kiel-Linie besuchen, werden die Kleinsten professionell
betreut. Gleichzeitig haben die Kinder und
Jugendlichen beim Extrem-Trampolin...
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ebenso viel Spaß wie beim Steilwandklettern oder den vielen
anderen Spiel- und Beschäftigungsmöglichkeiten.
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An
der Reventloubrücke erreichen wir einen weiteren Höhepunkt der
Kieler Woche: die Kiel-Linie. Hier signalisieren ein Leuchtturm...
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und eine Mühle den Beginn der Kultur- und Fress-Meile, die sich am Fördeufer
entlang bis zur Hörn hinzieht.
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Historische
und moderne Segelschiffe sind noch nicht viele zu sehen - die
sind fast alle draußen auf der Förde unterwegs, ...
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dafür ist das
kulinarische Angebot am frühen Nachmittag aber schon gewaltig: Feuerlachs aus Lappland,
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Flammkuchen aus dem Elsaß, Klosterbier aus Andechs, Original
Dänische Hot-Dogs, Berliner Currywurst, ...
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und Fischbrötchen nebst Räucherfisch direkt vom Kutter.
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Auf
dem 1907 in Bergen gebauten Dreimast-Gaffelschoner "loth loriën" entdecken wir ungewöhnliches:
Ein
Stützpunkt von Jünne Gosch auf einem Segelschiff. Das ist für
uns neu!
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Dabei
haben wir schon einige Gosch-Dependancen
kennen und schätzen gelernt: die Alte
Bootshalle in List mit der nördlichsten Fischbude,
das Lister
Fischhaus, Gosch
am Kliff in Wenningstedt, Gosch
in Westerland, Gosch
am Potsdamer Platz in Berlin und zuletzt in Sankt-Peter-Ording. Und natürlich die
Adventsmarkt-Filiale in Ophoven!
Am
Verkaufsstand vor der "loth loriën" mit den Scampi und der köstlichen Knoblauchsauce kommen wir auch
diesmal nicht vorbei.
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Hier
machen wir fest. Nicht nur wegen der köstlichen
Meeresfrüchte. Vor hier haben wir auch einen schönen Blick auf die
Förde und auf einige tolle Schiffe, die nach und nach von der
Ostsee und der Förde zurückkehren.
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Den Reigen
der vorbeifahrenden
Schiffe beginnt der
Salondampfer
"Alexandra", den wir schon bei unserem Flensburg-Besuch
kennen lernten.
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Kurz
darauf passiert der
Raddampfer "Louisiana Star", dessen Schaufelrad die
Förde aufpeitscht und der sehr stark dem Mississippi-Steamboat "Natchez"
ähnelt,
mit der wir auf dem Old Man River bei New Orleans unterwegs
waren.
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Es
folgt der ehemalige Heringslogger
"Gallant", der 1916 in den Niederlanden vom Stapel lief.
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Die
Brigg
"Mercedes" hat ihren Heimathafen in Amsterdam. Sie wurde 1958
gebaut und im Jahr 2005 generalüberholt. Sie verfügt
über 18 Segel mit zusammen 900 m² Segelfläche und
macht bis zu 14 Knoten.
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Der
Dreimaster
"Atlantis" lief 1905 in Hamburg als Feuerschiff Elbe 2 vom Stapel.
Mitte der 1980er Jahre wurde das Schiff zum Passagierschiff
umgebaut. Seitdem ist es weltweit im Einsatz und kann
für Segelkreuzfahrten gechartert werden.
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Die
Bundesmarine unterhält auch heute noch einen Stützpunkt in
Kiel und beteiligt sich nicht nur mit dem Sicherungsboot
"Munster"
an der Kieler
Woche 2008.
Im Jahr 2008 nehmen 29 militärisch
genutzte Schiffe aus 11 Ländern teil.
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Das
Segelschiff "Alexander
von Humboldt" wurde 1906 auf einer Werft in Bremen als Reservefeuerschiff
dem preußischen Seefahrtsministerium übergeben und kam
in der Ost- und Nordsee zum Einsatz.
Nach ihrer Außerdienststellung
wurde sie 1986 von einer Stiftung zur Förderung des
Jugendsegelns übernommen, zu einem Großsegler umgebaut
und auf seinen heutigen Namen getauft. Nach mehreren
Südamerika-Fahrten erhielt der grün gestrichene Rahsegler
auch grüne Segel, wurde Werbeträger der Brauerei Becks
und - auch international - ebenso bekannt wie die Gorch
Fock.
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Inzwischen
ist es Spätnachmittag geworden und auf der Förde ist
mächtig viel Betrieb:
Während ein weiterer Fördedampfer gefolgt
von Seglern und Motorjachten Richtung Hörn fährt, um an den
zugewiesenen Liegeplätzen festzumachen, verlässt die
Alexandra
wieder Kiel um in ihren Heimathafen Flensburg zurückzukehren.
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Nachdem
der Dreimast-Traditionssegler "Fridtjof
Nansen" aus Stralsund festgemacht hat, ...
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legt
auch die über 100 Jahre alte Barkentine "Störtebeker" an.
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Wir
haben inzwischen bei Gosch abgelegt und folgen der Kiel-Linie
in Richtung Innenstadt, vorbei am historischen Badehaus,
wo man heute vergeblich auf Badegäste wartet.
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Mit
uns passieren der in Heikendorf am gegenüberliegenden
Fördeufer beheimatete Gaffelschoner "Gotland" sowie der
niederländische Dreimast-Topsegelschoner "Oosterschelde"
die riesigen Portalkräne der HWD-Werft, ...
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und kurz darauf zieht der Zweimastschoner "Flying Dutchman"
am großen Schaufelrad der inzwischen am Kai liegenden
"Louisiana Star" vorbei Richtung Hörn.
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In
der Nähe des Sartori-Speichers liegt die 50 Meter lange
Brigg "Roald
Amundsen".
Früher war das Schiff als
Fischlogger im Einsatz, seit 1991 wird die Roald Amundsen als
Segelschulschiff genutzt und verfügt
über 32 Kojen und - wie viele andere Traditionssegler
auch - über mehrere Dusch- und Waschräume mit Kalt- und Warmwasser.
Jetzt ist uns auch klar, warum man im historischen
Badehaus vergeblich auf Kundschaft wartet.
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Für
einen Binnenländer fast unglaublich aber wahr: Die in
Bremen beheimatete "Verandering"
wird von der Evangelischen Jugend und dem Landesjugendpfarramt
in Bremen unterhalten. Der holländische Segelklipper
lief 1898 vom Stapel und steht Jugendgruppen für Segelfreizeiten
zur Verfügung.
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Die
Hansekogge "Ubena
von Bremen" ist der Nachbau einer im Weser-Schlick
gefundenen Kogge, die auf das 14. Jahrhundert datiert
wurde und heute gut konserviert im Deutschen Schifffahrtsmuseum
Bremerhaven zu sehen ist.
Die etwas mehr als
23 Meter lange "Ubena von Bremen" wurde
1988 auf Kiel gelegt, ihre Jungfernfahrt erfolgte im
Sommer 1991.
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Für
Abwechslung sorgen die Männer der DLRG, die einen Notfall
"Mann über Bord" simulieren. Blitzschnell
ist das Beiboot des Rettungskreuzers zu Wasser gelassen
und der "Verunglückte"
geborgen.
Die DLRG'ler beweisen bei ihrer Vorführung, dass bei ihnen
jeder Handgriff sitzt - eine wichtige Vorraussetzung
zur schnellen Rettung auf See im Kampf gegen die Unterkühlung
Schiffsbrüchiger.
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Der
schnittige Dreimaster "Mare
Frisium" war früher auf den Ostseehandelsrouten
nach Schweden und Petersburg im Einsatz, heute wird
er für Chartertouren auf der Ostsee genutzt.
Auch
die daneben liegende "Thalassa"
aus den Niederlanden wird im Charterverkehr eingesetzt.
Auf dem knapp 50 Meter langen Segler mit einer Segelfläche
von 800 m² und zwei Salons finden bis zu 120 Personen
Platz.
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Das
während der Kieler Woche im Tirpitzhafen liegende Segelschulschiff
Gorch Fock
der Bundesmarine haben wir uns aus Zeitgründen leider nicht ansehen
können, dafür überrascht uns am Ende unseres Kieler
Woche-Besuches der vor dem Sartori-Speicher liegende
Windjammer "Kruzenshtern"
mit unglaublichen Dimensionen:
Die "Kruzenshtern"
ist einer von vier erhalten gebliebenen "Fyling-P-Linern",
eines Segelfrachter-Typs, der durch hohe Zuverlässigkeit
und Geschwindigkeit berühmt wurde.
Weitere Flying-P-Liner
sind die "Passat"
in Travemünde, die "Pommern" im finnischen Mariehamn und die "Peking" in New York, alle
drei zwischenzeitlich als Museumsschiffe genutzt. Die
"Kruzenshtern" ist somit der einzige noch
seegängige Fyling-P-Liner.
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Der
Großsegler ist über 114 Meter lang, 14 Meter breit und
die Maste ragen bis zu 50 Meter hoch über das Deck.
Der Viermaster verfügt über eine Segelfläche von mehr
als 3500 m² und ist dadurch über 17 Knoten bzw. 32 km/h
schnell.
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Die
trotz ihrer Größe sehr schnittig aussehende Viermastbark
wurde 1926 in Hamburg gebaut und auf den Namen "Padua"
getauft.
Nach dem Krieg ging das Schiff im Rahmen
von Reparationszahlungen an die Sowjetunion. Die Ex-Padua
wurde in Kaliningrad, später in Riga und Tallinn beheimatet
und in Erinnerung an die erste russische Weltumseglung
des Admirals Adam Johann von Kruzenshtern auf dessen
Namen neu getauft.
Seitdem ist die "Kruzenshtern"
oder "Krusenstern" bzw. "Krusenschtern"
als russisches Segelschulschiff mit einer 250-köpfigen
Besatzung auf allen Weltmeeren unterwegs und bietet
neuerdings sogar Mitfahrgelegenheiten an.
Wir
genießen noch lange den Blick auf die Krusenstern...
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