Archäologische Funde
belegen die Anwesenheit der Römer am Ufer der Lippe
vor etwa 2000 Jahren.
Eine kleine Kaufmannssiedlung mit einer Kirche gibt
es im Bereich der heutigen Nicolaikirche
nachweislich bereits im 11. Jahrhundert und es
ist auch überliefert, dass der Turm dieses Gotteshauses
im Jahr 1177 abbrannte.
Bernhard II. Edelherr
zur Lippe gründet mit Genehmigung des
Kaisers Friedrich I. Barbarossa hier im Jahr 1184
die Planstadt "Stadt tor Lippe", die er in
der Gründungsurkunde als "civitas novella"
bezeichnet.
Im gleichen Jahr entsteht auch das Damenstift mit der
Kirche St. Marien, der heutigen Stiftsruine. Als vollständige Neugründung ist Lippstadt kein Einzelfall,
denn dreizehn Jahre später wird das ganz in der Nähe
gelegene Rüthen
ebenfalls auf Ackerland neu gegründet.
Bedingt
durch ihre Lage am Fernhandelsweg von Frankfurt am Main
zu den Seehandelsplätzen im Norden, der hier an der
Furt die Lippe überquerte, entwickelt sich die quadratisch
angelegte Stadt zu einem Handelsknotenpunkt, der bereits
1220 das Stadtrecht und zehn Jahre später auch das Münzrecht
erhält. Der Lippstädter Pfennig wird in ganz Nordeuropa
als Zahlungsmittel akzeptiert, was Ausgrabungsfunde
in England und Dänemark belegen.
Im Jahr 1244
wird in Lippe der erste Jahrmarkt abgehalten, mit Erfolg:
Die Stadt profitiert von den Standgebühren und erhöht
die Anzahl der Märkte auf dem Rathausplatz nach und
nach auf acht Märkte im Jahr. Zur Sicherung dieser Märkte
und der Handelswege gründet man mit den Städten Dortmund,
Münster und Soest im Jahr 1253 den Westfälischen Städtebund,
später tritt auch die Stadt Osnabrück diesem Schutzbund
bei.
Nachdem die Stadt an der Lippe im Jahr
1260 auch dem Rheinischen Städtebund beigetreten ist,
beginnt man mit der Errichtung einer Stadtmauer, die
allerdings erst 30 Jahre später fertig gestellt
wird. Um 1280 ist die Bedeutung des Lippstädter Handels
derart gestiegen, dass die Kaufleute von der Lippe in
die Hanse aufgenommen werden und in diesem Bund bis
zu dessen Auflösung im Jahr 1669 verbleiben.
Weil
die Lippstädter ihren unmittelbaren Nachbarn in ihren
Streitigkeiten um Kölner oder Klever Vorherrschaft,
der Soester Fehde, zur Seite stehen und dadurch die
Soester Erbstreitigkeiten mit ausbaden müssen, wird
die von Bernhard gegründete Stadt am 10. März 1445
per Vertrag bis in das 17. Jahrhundert hinein Diener
zweier Landesherren, derer zu Lippe und derer zu Kleve.
Die Klever Rechte gehen später auf Brandenburg und Preußen
über.
Nach seiner Promotion an der lutherisch
geprägten Universität von Wittenberg kehrt der Augustinermönch
Johannes Westermann 1523 nach Lippstadt zurück und gewinnt
mit seinen überzeugenden Fastenpredigten die Bürgerschaft
für die Reformation. Tiefgreifende kirchliche und religiöse
Veränderungen sind die Folge, die wirtschaftlich und
politische Auswirkungen nach sich ziehen: 1531 erheben
sich die Zünfte, vertreiben mit der Unterstützung der
Luther-Anhänger den Magistrat der Stadt und setzen einen
eigenen Rat ein. Daraufhin verhängen die Landesherren
- der Graf von Lippe und der Herzog von Kleve - ein
Handelsembargo, das die Aufständischen erst vier Jahre
später in die Knie zwingt. Die reformationsbedingten
kirchlichen Änderungen müssen zwar zurückgenommen werden,
aber die Beteiligung der Zünfte am Stadtregiment wird
beibehalten. Lutherisch bleibt die Stadt dennoch, weil
die Landesherren fast zeitgleich zur reformierten Lehre
übertreten.
Lippstadt
im Jahr 1588
Den Dreißigjährigen
Krieg übersteht man weitgehend unbeschadet, vielleicht
weil der Rat die Stadt jeweils kampflos übergibt und
die kriegsführenden Parteien Lippstadt mehrfach wechselnd
als Einquartierungsort nutzen. Die Erfahrungen der Kriegszeit
führen ab 1666 zu einem forcierten Festungsbau, der
die Stadt an der Lippe zur stärksten Festung zwischen
Rhein und Weser werden lässt. Was eine Besetzung durch
die französische Armee im Jahr 1679 allerdings nicht
verhindern kann.
Während des Siebenjährigen
Krieges gegen das mit England verbündete Hannover besetzen
die Franzosen 1757 das in ihrem Durchzugsgebiet liegende
Lippstadt erneut. Nach deren Abzug kommen preußische
Husaren in die Stadt, die allerdings im Folgejahr von
der französischen Armee wieder vertrieben werden. Nach
der endgültigen Niederlage der französischen Armee und
dem Frieden von Hubertusburg im Jahr 1763 müssen die
Festungswerke geschliffen werden. Nachdem Preußen durch den
Frieden von Tilsit im Jahr 1807 alle westlichen Gebiete an Frankreich
abtreten muss, ziehen Napoleons Truppen kampflos
in das unbefestigte Lippstadt ein, dessen Bürgermeister
auf den Imperator vereidigt wird. Und weil die Lippstädter
Katholiken seit der Reformation kein eigenes Gotteshaus
mehr haben, erhalten sie von den Besatzern die Nicolaikirche
zugesprochen. Die Franzosen sind jedoch nicht lange
in der Stadt, die Besatzungszeit endet 1808.
Um 1800 hat Lippe etwa 3.000 Einwohner.
Durch die um 1820 einsetzende Industrialisierung wächst
die Stadt rasant, innerhalb von 30 Jahren verdoppelt
sich die Einwohnerzahl. 1902 leben bereits 13.000 Menschen in
der Stadt. Die bestehenden Handelswege werden ausgebaut,
neue werden geschaffen. Die Schifffahrt auf der Lippe
wird bis Lippstadt ausgedehnt und es wird ein Hafen
angelegt, in dem vor allem Salz und Holz umgeschlagen
wird. Ab 1850 ist dessen stark angestiegene Nutzung
allerdings schon wieder deutlich rückläufig, weil sich
der Transport mehr und mehr vom Wasser auf die Schiene
verlagert,
1876 wird der Güterverkehr auf der Lippe dann ganz eingestellt.
Mit der Anbindung an die Strecke Hamm - Warburg der "Königlich
Westfälischen Eisenbahn-Gesellschaft" in diesem
Jahr und der nachfolgenden Anschlüsse nach Warstein, Münster und Beckum wird
Lippstadt zu einem regional wichtigen Eisenbahnknoten.
Mit der Bahn kommt die Großindustrie:
Die Westfälische Union, die Königlich Preußische Artillerie-Werkstatt
und die Laternenfabrik von Sally Windmüller siedeln
sich an, letztere wächst in der Folge zur "Westfälischen Metallindustrie".
Wappen
von Lippstadt
1850
endet für Lippstadt die Doppelherrschaft: Die Fürsten von Lippe
verzichten in einem Vertrag mit Preußen gegen eine Entschädigung
auf ihren Herrschaftsanspruch. Bürger und Rat
atmen auf, denn die Stadt wird nun ausschließlich von Preußen regiert
und die Gängelei durch das in Detmold ansässige Fürstenhaus
hatte ein Ende.
Obwohl
die Lippstädter Metallindustrie mit Beginn des 2. Weltkrieges auf
Anweisung der Nationalsozialisten Waffen und Kriegsgerät
produziert, bleibt
die Stadt von schweren alliierten Bombenangriffen verschont.
Bei
Kriegsende besetzen zuerst amerikanische, später britische
Truppen Lippstadt, zerstören die alten Strukturen und
sorgen für einen demokratischen Neuanfang. 1948 berufen
sie den Polstermeister Jakob Koenen in das Amt des Bürgermeisters,
das dieser bis zu seinem Tod im Jahr 1974 unabhängig
und über alle Parteigrenzen hinweg zum Wohl der Bürger
ausübt.
Wirtschaftlich beginnt nach der Währungsreform
der steilste Aufstieg in der Geschichte der Stadt, der
sehr eng mit der bereits erwähnten Lampenfabrik verbunden
ist, die sich unter dem Namen Hella KG Hueck & Co
auf den Bau von Zubehörteilen für die Automobilindustrie
spezialisiert und bis in die Gegenwart hinein vom Automobil-Boom
profitiert.
Die Gebietsreform des Jahres 1975 bringt der
alten "Stadt tor Lippe"
zwar eine Reihe von Eingemeindungen und den offiziellen
Namen "Lippstadt", gleichzeitig wird die alte Kreisstadt, die auf eine 150-jährige Kreishoheit
zurückblicken kann, aber dem neu gebildeten
Kreis Soest zugeschlagen, obwohl sie inzwischen mit
etwa 70.000 Einwohnern die mit Abstand größte Stadt
im gesamten Kreisgebiet ist. Und vielleicht ist sie
ja auch die Schönste?
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