Die Gegend von Namur
ist bereits in vorchristlicher
Zeit bevölkert. Es sind Kelten, die sich um 150
vor Christus dauerhaft an der Mündung der Sambre
in die Maas niederlassen und eine erste Siedlung
gründen.
Die Römer erkennen die strategische Bedeutung
des hoch über die Siedlung aufragenden Felsens,
den die beiden Flüsse über die Jahrtausende hinweg
modelliert haben und errichten dort oben ein Militärlager,
in dessen Schutz sich am Ufer der Sambre Handwerker
und Händler niederlassen. Die kleine Ortschaft wird
"Grognon" genannt und wächst langsam aber
stetig.
Im 7. Jahrhundert errichten die Merowinger
hier eine erste Festung. Im 10. Jahrhundert
wird Namur Hauptort der gleichnamigen Grafschaft:
Bérenger erhält gemäß einer Urkunde aus dem Jahr
919 die Grafschaft als Lehen, macht Namur zu seiner
Residenz und ist der erste
namentlich bekannte Graf von Namur. Bérenger von
Namur erhält jedoch nur das Nordufer der Maas als
Lehen, über das Südufer herrscht der Bischof von
Lüttich. Deshalb entwickeln sich die beiden rechts
und links der Maas gelegenen Siedlungen Jambes und
Grognon recht unterschiedlich: Bérengers
Nachfolger Graf Robert I. von Namur lässt zur
Sicherung seines Grafensitzes vor Gebietsansprüchen
des Erzbischofs Bruno, ein Sohn von König Heinrich I.,
das Schloss von Namur befestigen und eine erste
Stadtmauer errichten.
Die Nachfahren von
Graf Robert I. von Namur regieren die Grafschaft,
die zeitweise mit der Grafschaft Luxembourg vereinigt
ist, bis in das Jahr 1262, als Marquis Baudouin
de Namur seine Rechte an der Grafschaft an Guy de
Dampierre, Graf von Flandern und Vasall des Königs
von Frankreich, verkauft. Fortan wird Namur für
mehr als 150 Jahre von einer Seitenlinie der Grafen
von Flandern regiert, die den Titel Comte de Namur
tragen. Dann wird Namur erneut verkauft: Am 23.
April 1421 übereignet Jean III. seine Grafschaft
an Herzog Philipp den Guten von Burgund. Gut fünfzig
Jahre später fällt Namur im Jahr 1477 durch die
Hochzeit von Maria von Burgund mit Erzherzog Maximilian von
Österreich
an die Habsburger.
1579 erobert der Herzog von
Parma das Gebiet für die Spanier, die Namur nun
zur
Festungsstadt ausbauen, um der französischen Expansionspolitik
zu begegnen. Die andauernde Rivalität zwischen Spanien und
Frankreich führt schließlich zum Devolutionskrieg
der Jahre 1667 und 1668, der im Frieden von Aachen
zwar mit spanischen Gebietsabtretungen an Frankreich
endet, die jedoch den Machthunger des französischen Königs nicht stillen. Ludwig
XIV. setzt seine aggressive Expansionspolitik
fort, fällt schließlich in Lothringen ein und
führt danach sein Heer in den Holländischen Krieg gegen
die Vereinigten Niederlande und deren Bündnispartner
Spanien.
1692 kommt es während des Pfälzer Erbfolgekrieges
dann zur Belagerung und Eroberung von Namur durch Ludwig
XIV.
Ludwigs Festungsbauer Vauban lässt die Zitadelle besonders
im Festungsabschnitt Terra Nova ausbauen und die
Schanzwerke massiv verstärken,
dennoch vertreibt Wilhelm III. von Oranien nach
einer erfolgreichen Belagerung drei
Jahre später die Franzosen wieder aus der Stadt.
Die
Belagerung von Namur im Jahr 1695
Die Herrschaft
der Vereinigten Niederlande über die Zitadelle von
Namur wird 1709 formal bestätigt.
Kurz darauf wird mit dem Frieden von Utrecht des
Jahres 1713 der Spanische
Erbfolgekrieg beendet und den Habsburgern die Herrschaft
über die nun Österreichischen Niederlande zugesprochen.
Die Auswirkung für Namur ist einschneidend: In der
Stadt haben nun die Habsburger das Kommando, die
Zitadelle bleibt jedoch in niederländischer Hand.
Jedoch sind auch diese Machtverhältnisse
nicht von langer Dauer: 1746
belagern und erobern die Franzosen erneut die Festungsstadt,
werden aber vier Jahre später wieder von den Österreichern
vertrieben. 1792 erobern französische Revolutionäre die Stadt und werden nach mehreren Monaten wieder
aus der Stadt geworfen. Zwei Jahre später besetzen die Franzosen
erneut Namur.
Auf dem Wiener Kongress des
Jahres 1814 wird Namur
dem Vereinigten Königreich der Niederlande zugeschlagen.
Deshalb ziehen 1816 die Holländer in die Stadt ein.
Kurz darauf kommt es zu Differenzen zwischen den
protestantischen Nordprovinzen und den katholischen
Südprovinzen der Vereinigten Niederlande, die in der Belgischen
Revolution des Jahres 1830 gipfeln. Der erfolgreiche
Aufstand der Flamen und Wallonen führt letztlich
zur Abspaltung
und zur Gründung des belgischen Staates, dem auch
Namur angehört.
Flagge
von Namur
Um ihr Staatsgebiet dauerhaft
zu sichern, ziehen die belgischen Militärs nach
den Plänen von General Henry Alexis Brialmont einen
starken Festungsgürtel um Namur, der die Stadt uneinnehmbar
macht. Jedenfalls für knapp 80 Jahre. Dann wird
Namur Hauptangriffsziel der deutschen Wehrmacht,
die im 1. Weltkrieg mit ihrer schweren Artillerie
die Forts und große Teile der Stadt zerstört und
Namur in nur drei Tagen einnimmt.
Während
des 2. Weltkriegs liegt die Stadt gleich mehrfach
unter schwerem Beschuss: 1940 sind es schon wieder
deutsche Truppen, die in Namur einfallen und die
Stadt verwüsten, vier Jahre später schlagen dann
die Westmächte zurück und Namur gerät unter schweres
alliiertes Artilleriefeuer. Und als die Alliierten
die Stadt eingenommen haben, nimmt die deutsche
Artillerie die Stadt wieder unter Beschuss bis zur endgültigen
Vertreibung der
Wehrmacht.
So ist es verständlich, dass man
heute in Namur keine gesamtheitlich historische
Altstadt vorfindet, wie dies beispielsweise in Brügge
der Fall ist,
einen Besuch ist die Stadt aber allemal wert. Nicht
nur wegen der berühmten und oft umkämpften Citadelle
de Namur.
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