Lage: |
Alpen, Frankreich, Seealpen, Provence-Alpes-Côte d'Azur, Alpes-de-Haut-Provence |
Talorte: |
Jausiers und Saint-Étienne-de-Tinée |
Streckenlänge |
21 km ab Jausiers und 25 km ab Saint-Étienne-de-Tinée |
Maximale Höhe: |
2.715 m - Col de la Bonette |
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2.656 m - Faux Col de Restefond |
Maximale Steigung: |
13 % |
GPS-Koordinaten: |
44.326670,6.807450 - Col de la Bonette |
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44.336795,6.801277 - Faux Col de Restefond |
Mautgebühr: |
Nein |
Letztmals befahren: |
Juli 2023 |
Der Col de la Bonette wird
oft als der höchste öffentlich befahrbare und asphaltierte
Gebirgsübergang in den Alpen bezeichnet. Sein Scheitel
liegt aber "nur" auf 2.715 Metern Höhe. Das reicht in der "Höhen-Hitparade"
nur für Platz vier, denn sowohl der Col
de l'Iseran (2.764 m) als auch das Stilfser
Joch (2.757 m) sowie der Col
Agnel (2.746 m) übertreffen den Bonette deutlich. Die bis
auf
2.802 Meter Höhe führende Ringstraße um die Cime de la Bonette ist - wie die mit 2.830 Metern noch höhere Ötztaler
Gletscherstraße - keine Passstraße. Und erstaunlicherweise ist
die über den Col de la Bonette führende "Route de la Bonette"
nicht einmal Teil der siebenhundert Kilometer langen "Route des Grandes
Alpes", die den Genfer See über 21 Alpenpässe hinweg mit der
Côte d'Azur verbindet, sondern der wenige Kilometer weiter westlich gelegene
Col de la Cayolle.
Dennoch lohnt sich die teilweise spektakuläre Auffahrt. Der Col de la Bonette verbindet
das im Nordwesten im Ubaye-Tal gelegene Jausiers (1.220 m)
mit Saint-Étienne-de-Tinée (1.150 m) im Südosten. Die 21 Kilometer
lange Nordwestrampe überwindet knapp 1.500 Höhenmeter mit einer
Durchschnittssteigung von sieben Prozent und passiert dabei den
vorgelagerten 2.656 Meter hohen Faux Col de Restefond, die 25 Kilometer
lange Südostrampe steigt um 1.565 Meter mit im Schnitt sechseinhalb Prozent
an und passiert den 2.513 Meter hohen Col de Raspaillon. Die Maximalsteigungen
liegen bei 13 % (NW) bzw. 14 % (SO).
Wir starten die Auffahrt zum Col de la
Bonette im nordwestlichen Talort Jausiers. Auf der innerhalb von
Jausiers "Avenue des Mexicains" genannten Départementstraße
D900
passieren wir die in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts erbaute Kirche Église
Saint-Nicolas-de-Myre
und das daneben stehende Rathaus der etwa tausendzweihundert Einwohner
zählenden Ortschaft, die von dem freistehenden Glockenturm der Pfarrkirche
überragt wird.
Kurz dahinter biegen wir vor
der großen Skulptur eines Radrennfahrers im Gelben Trikot der
Tour de France den Schildern "Nizza - 143 km" und "Route
de la Bonette" folgend rechts
ab...
... und überqueren nach einhundert Metern im
Gegenlicht der tiefstehenden Morgensonne den Fluss "L'Ubaye",
der in den Cottischen Alpen entspringt und der nach achtzig
Kilometern in die Durance mündet.
Dahinter steigt die als
Kommunalstraße C1 kartierte "Route de la Bonette" vorbei
an den Ortsteilen Le Canton und Les Magnans mit niederen einstelligen
Prozentwerten zum Ortsausgang hin an.
Fünfzig Meter weiter wird
auf 1.275 Metern Höhe der Gebirgsbach "Torrent
d'Abriès" überquert, der nahe dem Col de Pelouse entspringt und der bei
Jausiers in die Ubaye mündet.
Kurz hinter der Brücke
läuft die Nordwestauffahrt auf die unterste von sieben Kehren zu.
Am rechten Fahrbahnrand
wurde für bergauf fahrende Radsportler ein gesonderter Fahrstreifen
abgetrennt und - wie an vielen anderen Pässen auch - am Straßenrand
für sie im Kilometerabstand Informationsschilder aufgestellt, die
die aktuelle Höhe und die Durchschnittssteigung des nächsten
Kilometers angegeben (hier: 1.367 m Höhe und 6,6 Prozent).
Hinter der Kehrengruppe
steigt die C1 mit einem schönen Blick auf die Gipfel im Massif du
Mercantour-Argentera mit dem 2.922 Meter hohen Tête de Pelouse
der Kirche Notre-Dame-du-Bosc-Mariä Verkündigung im Dorf Lans entgegen, ...
... das sie aussichtsreich an
dessen Südrand umgeht.
Sieben Kilometer hinter
Jausiers informiert am Abzweig des Fahrweges zum "Plateau des Meyries"
ein braunes Hinweisschild, dass man auf der Route de la Bonette-Restefond
unterwegs ist, die auf 2.807 Metern Höhe führt und die die "Plus
Haute Route d'Europe" - die höchste Straße in Europa sei, was wie zuvor beschrieben definitiv
falsch ist.
Wenige Meter weiter wird
auf 1.650 Metern Höhe signalisiert, dass die je nach Witterung
von Anfang Juni bis Mitte September befahrbare Passstraße über
den Col de la Bonette geöffnet ist.
Über die Brücke eines
im Sommer trockenen Zuflusses zum
Riou Versant...
... läuft die Route de
la Bonette dann auf die nächste Vierer-Kehrengruppe zu, ...
... hinter der sie dem zwischen
"Bec de l'Aigle" (2.815 m), "Le Serre" (2.175 m)
und "La Pelounière" (2.562 m) im Westen sowie "Le
Gerbier" (2.772 m), "Tête de l'Empeloutier" (2.820 m)
und "Le Jas du Chamoix" (2.811 m) gelegenen Hochtal
des Riou Versant folgt und dabei mit bis zu zehn Prozent Steigung
auf einen steinschlaggefährdeten und mit Stahlnetzen gesicherten
Felsabsturz zuläuft...
... den sie mit Blick
auf den Gipfel des "Le Serre" quert.
Ein Kehrenpaar weiter
passiert die Nordwestrampe auf etwa 2.000 Metern Höhe die Zufahrt und
den Parkplatz der knapp unterhalb der Straße errichtete Einkehrmöglichkeit
La
Halte
2000 (früher: Cabane de Clapouse). Die Küche des von Juni bis Oktober geöffneten Restaurants
bietet überwiegend Gerichte aus regionalen
Produkten an.
Hundert Meter hinter dem
La Halte 2000 folgt ein weiteres Kehrenpaar.
Danach quert die Route
de la Bonette durch Natursteinmauern gesichert den Osthang
des 2.600 Meter hohen Greponnet...
... und überquert auf 2.075 Metern
Höhe den tosend talwärts stürzenden Riou Versant.
Die Landschaft wird nun
felsiger und der Bewuchs karger. Im nachfolgenden
Steilstück benötigt die Passstraße weitere
vier Kehren.
Auf 2.310 Metern
Höhe passiert die C1 in der Senke zwischen dem "Roche Madeleine"
(2.410 m) im Westen und dem "Rocher Peyron" (2.472 m)
im Osten den etwas tiefer gelegenen Bergsee "Lac des Eissauprés".
Der Scheitel des Col de la Bonette ist nun noch sechseinhalb Kilometer
entfernt.
Mit durchschnittlich
neuneinhalb
Prozent auf dem nachfolgenden Kilometer umrundet die C1 dann oberhalb
der Baumgrenze den Rocher Peyron auf dessen Südseite und steigt
durch drei weitere Kehren an.
l
Auf 2.540 Metern
bietet sich die in einer ehemaligen Militärbaracke untergebrachte,
bei unserer frühmorgendlichen Überfahrt aber noch geschlossene Buvette de
la Bonette zu einem Boxenstopp an.
Zwei
Kehren weiter und fünfundzwanzig Meter höher passieren wir die
Reste der Caserne
de Restefond. Die festungsartige Kaserne wurde von der französischen
Armee in den Jahren 1901 bis 1906 erbaut und in den Folgejahren
um Stallungen und eine Krankenstation erweitert. Ab 1930 diente
sie als Basis für den Bau der Verteidigungsanlagen am Col de Restefond
und zum Schutz der eingesetzten Arbeiter, später auch als Kommandozentrale
für die oberhalb gelegenen
Sperrwerke. Die Kaserne und die Bunker
waren Teil der alpinen Maginot-Linie, die die alte, heute nicht
mehr befahrbare Passstraße über den Col de Restefond vor Angriffen der Armee
des italienischen Diktators Benito Mussolini schützten.
Hinter
der Kaserne quert die Route de la Bonette mit überwiegend mittleren
einstelligen Prozentwerten die Westabhänge von "Le Mourre Haut"
(2.872 m) und "Sommet de Restefond" (2.795 m)...
...
und bietet mehrfach einen schönen Rückblick auf die Kasernenanlage.
Auf
2.640 Metern Höhe passiert die Nordwestrampe den Abzweig eines geschotterten
Fahrwegs hinunter zum Col de la Moutière (2.454 m) und weiter
nach Saint-Dalmaz-de-Selvage...
...
und überquert wenige Meter weiter die Grenze des Nationalparks Parc
National du Mercantour.
In
der nachfolgenden Linkskurve wird der 2.656 Meter hohe, nicht
gekennzeichnete Scheitel des "Faux Col de Restefond" erreicht. Der
Zusatz "Faux" (=Falscher) im Passnamen resultiert aus der Tatsache,
dass der eigentliche Col de Restefond etwa fünfhundert Meter weiter
östlich und knapp dreißig Meter höher liegt; die früher über
ihn verlaufende Passstraße existiert heute nur noch als Schotterweg. Der
Col de la Bonette ist von hier nur noch knapp zwei Kilometer entfernt.
Hinter
dem Faux Col de Restefond steigt die bis zu acht Prozent steile
Nordwestrampe in einem weiten Rechtsbogen an und passiert auf 2.680 Metern
Höhe die links der Fahrbahn zu sehenden Einstiege in zwei der insgesamt
drei Infanteriebunker des Sperrwerks Ouvrage
Col de Restefond. Die durch ein Tunnelsystem miteinander verbundenen
Bunker wurden zwischen 1932 und 1938 als Teil der Alpenlinie
in den Fels getrieben, waren durch Maschinengewehre gesichert und boten
Platz für knapp achtzig Soldaten.
Der
Schlussanstieg flacht nun mehr und mehr ab...
... und
nach etwas mehr als 21 Kilometern sehen wir dann unterhalb
des Gipfels der Cime de la Bonette den Col de la Bonette vor uns.
Kurz
vor dem Scheitel erklären Hinweisschilder, wie es hier oben weitergeht.
Hinter dem fünfzig Meter entfernten Stoppschild...
... biegt
die Passstraße links ab und senkt sich über den Col de Raspaillon
hinunter in das 25 Kilometer entfernte Saint-Étienne-de-Tinée.
Hier direkt auf die Südrampe aufzufahren, wäre aber keine gute Idee, denn das Highlight
der Strecke würde man so verpassen: Es empfiehlt sich, geradeaus
weiterzufahren,
denn die bis auf 2.802 Meter weiter ansteigende Bergstraße umrundet spektakulär die 2.860 Meter hohe Cime
de la Bonette.
Weitere
Infos:
https://climbfinder.com/de/anstiege/col-de-la-bonette-jausiers
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Deshalb: Hinfahren und selbst ansehen!
Denn nichts ist besser als das Original.