Lage: |
Alpen, Frankreich, Grajische Alpen, Cottische Alpen, Savoyen |
Talorte: |
Lanslebourg-Mont-Cenis (F) im Tal des Arc und Susa (I) im Val di Susa |
Streckenlänge: |
10 km ab Lanslebourg und 38 km ab Susa |
Maximale Höhe: |
2.081 m |
Maximale Steigung: |
11 % |
GPS-Koordinaten: |
|
Mautgebühr: |
Nein |
Letztmals befahren: |
Juli 2022 |
Der 2.081 Meter hohe Col du Mont
Cenis ist mit den Talorten Lanslebourg-Mont-Cenis (1.400 m) im Norden
und Susa (503 m) im Süden Teil der Fernverbindung von Paris
nach Mailand und verbindet die Regionen Lyon und Turin miteinander.
Der im italienischen Sprachraum Colle del Moncenisio genannte Gebirgsübergang
liegt zwischen den Graijischen und den Cottischen Alpen und nutzt
die natürliche Senke zwischen
den Bergen "La Petite Tura (2.529 m) im Westen und "Ouillon
des Arcellins (2.665 m) im Osten. Der von Mai bis Oktober geöffnete Pass ist stark frequentiert, trotz
des nur 25 Kilometer weiter westlich verlaufenden, aber mautpflichtigen
Frejus-Tunnels, der ebenfall das französische Departement Savoyen
mit dem italienischen Piemont verbindet. Die Grenze zwischen den
beiden Staaten verlief früher über die Passhöhe, wurde nach dem Zweiten
Weltkrieg jedoch acht Kilometer nach Osten verlegt, so dass das
Scheitelplateau heute ganz auf französischem Gebiet liegt.
Wir starten die Auffahrt zum Col du
Mont Cenis vor unserer schönen, privat geführten Unterkunft "La Via del Sole" in
Giaglione oberhalb von Susa...
... und erreichen die zur Passhöhe
führende Strada Statale SS25 etwas oberhalb des Val di Susa vor der zweiten Kehre.
Kurz darauf passieren wir
ein altes, dem Verfall überlassenes Casa Cantoniera. Die Gebäude
mit der typisch roten Fassade wurden in den 1930er Jahren von der
Straßenbauverwaltung Azienda Autonoma Statale della Strada (AASS)
errichtet, um den für die Unterhaltung
der oft entlegenen Straßen zuständigen Arbeitern Übernachtungsmöglichkeiten
zu bieten und um Baumaterial lagern zu können. Nach dem Zweiten
Weltkrieg ging die AASS in die ANAS (Azienda Nazionale Autonoma delle Strade S.p.A.)
über, die bis heute für den Bau und die Unterhaltung der italienischen
Fernstraßen zuständig ist, was in der Moderne auch ohne die roten
Gebäude möglich ist, denen nun der Verfall droht.
Viel ist von dem
Casa Cantoniera an der SS25 nicht erhalten, aber der Schriftzug zeigt, dass
der Col du Mont Cenis in Italien "Colle
del Moncenisio" genannt wird. Der Name leitet sich von der etwas
östlich der Passstraße gelegenen gleichnamigen Ortschaft ab.
In der Folge durchquert
die SS25 mit wechselnden Steigungen bis maximal acht Prozent den
Bergwald oberhalb des Cenischia-Tals und erreicht sechs Kilometer
hinter Giaglione die Trattoria San Marino, hinter der sich die felsigen Gipfel des italienisch-französischen Grenzkammes
erheben.
Hinter der Trattoria quert die gut ausgebaute Staatsstraße durch
zwei Kehren den felsigen
Ostabsturz der 2.544 Meter hohen Punta Mulatera. Stahlnetze sichern
hier die Fahrbahn gegen Steinschlag.
Kurz darauf passiert die Passstraße den Abzweig der Provinzstraße
SP212 in das fünf Kilometer entfernte Moncenisio.
Fast durchgängig geradeaus
steigt die SS25 dann zu der auf 1.445 Metern Höhe gelegenen "Bar
Dogana" in dem kleinen Dorf "Bar Cenisio" entgegen. Der
Name der Bar zeigt in die Vergangenheit: Hier befand sich vor dem
Schengen-Abkommen der italienische Grenzposten der nahen Staatsgrenze
zu Frankreich.
In Bar Cenisio leben heute
nur noch ein Dutzend Menschen dauerhaft. Die Passstraße überquert
hier den Gebirgsbach Rio Bard, dreht dann in nordöstliche Richtung,
...
... um sich fünfhundert
Meter weiter wieder nach Norden und bei der nächsten A.N.A.S-Ruine auf
1.570 Metern nach Nordwesten zu wenden.
Die SS25 quert in der
Folge mit bis zu acht Prozent Steigung den Nordosthang des 3.168 Meter
hohen Cime de Bard...
... und passiert dabei
das ehemalige Schutzhaus "Regio
Casa di Ricovero No. IV". Entlang der Passstraße wurde zu napoleonischer
Zeit an den exponiertesten Stelle sechsundzwanzig dieser Casa de
Ricovero erbaut, um in Not geratenen Reisenden Zuflucht zu bieten.
Heute dient das im Verfall begriffene Bauwerk nur noch dazu, für das
zwei Kilometer entfernte Hotel-Restaurant "Gran Scala"
Reklame zu machen.
Hinter der folgenden Linkskurve
geht es nun an einem alten, gesperrten Tunnel vorbei, dessen nördliches
Ende bereits auf französischem Boden liegt.
Die SS25
wird nun als französische D1006 weitergeführt. Die Schilder am Straßenrand
signalisieren, dass wir uns in der Region Auvergne Rhône-Alpes befinden
und dass der Col du Mont Cenis geöffnet ist.
Vorbei am schmalen Lago
San Nicola läuft die Departementstraße auf den beeindruckendsten
Abschnitt der Südrampe zu: Die "Gran Scala". Vor uns türmt sich in vier Etagen der
kurven- und kehrenreiche Anstieg zu dem auf 1.860 Metern Höhe
gelegenen Hotel "Le Malamot" auf.
Mit modernen Fahrzeugen
sind diese Kehren mit ihren Steigungen von maximal zehn Prozent problemlos
zu bewältigen. Das war früher anders: Im Jahr 1905 befuhr Eugen
Diesel den Mont Cenis und schrieb in seinem Buch "Autoreise
1905": "In Modane füllten wir bei
einem Drogisten unseren Benzinbehälter auf. Wir mussten ... durch
einen Trichter das Benzin aus einer Menge von plombierten Kanistern
einschütten. Mit einem Holzstab maßen wir den Benzinstand... Es
war für mich eine schwere Enttäuschung, dass wir den ganzen Pass
des Mont Cenis auf dem ersten Gang im Schneckentempo von zwölf Kilometern
hinaufkriechen mussten".
Noch aufwändiger war
das vor dem Bau der Straße: Im Jahr 1750 reiste Carl Ludwig Freiherr
von Pöllnitz über den Mont Cenis. Er ließ dazu im Tal seine Reisekutsche
zerlegen und zusammen mit seinem Gepäck auf Maultiere verladen.
Er selbst ließ sich von Lastträgern in einer Art Sessel "über
diesen schrecklichen Berg" tragen. Den Scheitel beschrieb er
als den "traurigsten Ort der Welt; er liegt wahrhaft inmitten
einer grauenhaften Wüstenei und ist immer, mindestens neun Monate
im Jahr, mit Schnee bedeckt".
Im Gegensatz zum Freiherren
genießen wir die Auffahrt...
... und sehen oberhalb
der Kehren die mächtige, in den Jahren 1962 bis 1968 erbaute Staumauer des Lac du Mont Cenis aufragen. Durch
die Aufstauung des früher hier vorhandenen deutlich kleineren Sees
versank das Jahrhunderte alte Hospiz in den Fluten. Verschont blieb
der vor der "Barrage Mont Cenis" gelegene Weiler "Grand
Croix" (italienisch: "Gran Croce"), der jedoch nach
der Fertigstellung der Staumauer aufgegeben wurde und von dem fast
nur noch Ruinen erhalten sind.
Nur wenige Meter weiter
südlich steht das von Mai bis Oktober geöffnete Hotel-Restaurant
Le
Malamot, dessen Küche für seine traditionellen savoyischen
Gerichte bekannt ist. Die Gebäude im Plattenbaustil wurden in den
frühen 1960er Jahren zur Unterbringung der am Bau der Staumauer eingesetzten
Arbeiter errichtet.
Hinter dem Malamot steigt
die D1006 in einem weiten Bogen mit mittleren einstelligen Prozentwerten
weiter an, passiert das Hotel Gran Scala...
... und erreicht durch zwei weitere
Kehren eine Höhe von 2.050 Metern. Knapp 70 Höhenmeter oberhalb
des Lac du Mont Cenis hat man einen tollen Blick auf den zwischen
den Gipfeln von Signal du Grand Mont Cenis (3.377 m), Pointe de Ronce
(3.612 M), Signal du Lamet (3.480 m), Pointe Droset (2.917
m) und Mont Malamot (2.917 m) eingebetteten See, in dem etwa 315 Millionen Kubikmeter Wasser zurückgehalten
werden. Am westlichen Ende der Staumauer sehen wir den schmalen
Fahrweg zum Col du Petit Mont Cenis, darüber das 1877 bis 1880 auf
einem Hügel erbaute italienische Sperrfort Forte Varisello (franz.:
Fort de
Variselle) und dahinter die Berge Signal du Petit Mont Cenis (3.162 m) und Cime du
Laro (2.881 m).
Mit deutlich rauerem Asphalt
als auf der italienischen Seite folgt die Straße nun in leichten
Auf und Abs dem Ostufer des Speichersees...
... und erreicht auf dem
ausgedehnten Hochplateau "Plan des Fontainettes"
bei dem Restaurant "Le
Savoie" einen
großen Parkbereich, ...
... auf dem wir den
MX-5 aussichtsreich abstellen. Die etwas unterhalb gelegene Pyramide
mit einer Kapelle und einem großen Kreuz wurde von der Elektrizitätsgesellschaft
EDF wohl als Ausgleich für die auch in den Fluten des aufgestauten Sees
versunkenen Weideflächen und Bauernhöfe erbaut.
Das Informationszentrum
Maison
Franco Italienne bietet interessierten Besuchern
Informationen zu den Gebieten Haute Maurienne und Savoyen, zum Piemont,
zum Susatal sowie zum Val Cenis.
Hier lässt
sich perfekt Pause machen!
Hinter dem Restaurant "Le
Savoie" steigt die D1006 weiter an, passiert das Hotel-Restaurant "Les Roches Blanches" und
den Abzweig eines schmalen Fahrweges zum tiefer gelegenen nördlichen
Seeufer und dem knapp sieben Kilometer entfernten "Refuge du Petit Mont
Cenis" nahe dem Col du Petit Mont Cenis, den wir eigentlich
anfahren wollten. Statt dem erwarteten Asphalt ist die Zufahrt aber
grob geschottert und derart mit großen Steinbrocken und Schlaglöchern
übersät, dass wir dies Offroadern überlassen und zur D1006 zurückkehren.
Kurz nach dem Abzweig
erreichen wir dann das Hotel-Restaurant "Le Relais du Col"...
... mit dem dahinter gelegenen,
unspektakulären und 2.081 Meter hohen Scheitel.
Der
Col du Mont Cenis sah schon viele gekrönte Häupter: Im Jahr 312
überquerte Kaiser Konstantin auf seinem Feldzug gegen Maxentius
den Scheitel, König Pippin und Karl der Große überschritten rund
450 Jahre später den Mont Cenis und im Jahr 1077 überwand Heinrich
IV. die Passhöhe auf seinem Bittgang nach Canossa. Napoleon Bonaparte
lies den Saumweg aus strategischen Gründen zu einer Passstraße ausbauen.
Mit den Bauarbeiten wurde 1803 begonnen, fertiggestellt wurde Straße
über den Mont Cenis im Jahr 1810.
Mit Blick auf die sich hinter
Lanslebourg erhebenden Gipfel von Grand Roc Noir (3.583 m)
und Pointe du Vallonnet (3.539 m) läuft die Nordrampe auf die
erste langgezogene Rechtskurve zu, ...
... passiert den Abzweig des
bei Offroad-Fahrern beliebten Schotterweges zum 2.750 Meter
hohen Col
de la Met und windet sich dann dem Gebirgsbach Chardoux folgend
talwärts.
Nach zwei Kilometern unterquert
die D1006 die von Lanslebourg heraufkommende 6er-Sesselbahn
"La Ramasse"...
... und senkt sich dann mit schönen
Ausblicken in das Arc-Tal...
... zur Kehrengruppe
am Nordabfall des Ouillon
des Arcellins.
Durch insgesamt
fünf Kehren geht es mit einem Gefälle von bis zu zehn Prozent...
...
zum Abzweig der D155 vor der "Crêperie des Glaces". Hier verlassen wir die D1006
rechts abbiegend...
...
und erreichen nach etwas mehr als einem Kilometer den Ortseingang
des knapp fünfhundert Einwohner zählenden Lanlsevillard.
Vorbei
an der im Jahr 1532 geweihten Kirche Saint Michel, deren Glockenturm
1624 ergänzt wurde und die heute unter Denkmalschutz steht...
... erreichen
wir in der Ortsmitte den Rundbau des Office de Tourisme
und das Hotel-Restaurant "L'Etoile des Neiges", vor dem
wir den MX-5 abstellen, um auf der Terrasse des Restaurants einen
ausgiebigen Boxenstopp einzulegen. Denn danach soll es über den
Col de la Madeleine und den König der Pässe, den Col
de l'Iseran, nach
Val d'Isere und Tignes-Les Brévières weitergehen.
Weitere
Infos:
https://alpenrouten.de/
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Deshalb: Hinfahren und selbst ansehen!
Denn nichts ist besser als das Original.