Lage: |
Alpen, Österreich, Karwendel, Tirol |
Talorte: |
Vorderriß |
Streckenlänge: |
25 km |
Maximale Höhe: |
1.218 m |
Maximale Steigung: |
6 % |
GPS-Koordinaten: |
|
Mautgebühr: |
4,50
€ für Pkw, 3,50 € für Motorräder |
Letztmals befahren: |
August 2018 |
Der 25 Kilometer hinter Vorderriß
am Ende des Rißtals im Tiroler Naturpark Karwendel gelegene
Große Ahornboden ist auf drei Seiten von hohen Bergen umgeben
und kann deshalb nur von Bayern aus über die mautpflichtige
"Risstal Landesstraße" erreicht werden. Allerdings
nur in den Sommermonaten, denn von November bis April ist der
Talgrund verlassen und die Zufahrt ab Hinterriß wegen Lawinengefahr gesperrt.
Vom bayerischen Lenggries kommend
touren wir auf der sehr gut ausgebauten Bundesstraße "B13"
in südlicher Richtung durch das Isar-Tal und die Dörfer Fleck
und Winkel...
... zu der zwölf Kilometer
entfernten Einmündung der B13 in die B307 vor der Staumauer des
Sylvensteinspeichers. Der Stausee wurde in den 1950er Jahren
angelegt, um einen gleichmäßigen Pegelstand der Isar zu ermöglichen
und um das Tal vor Hochwasser zu schützen. Mit seiner 44 Meter
hohen und 180 Meter langen Staumauer kann der Speichersee bis zu
125 Millionen Kubikmeter Wasser zurückhalten.
Nach
links führt die B307 über die Staumauer hinweg nach Achenkirch
und zum nahen Achenpass; wir befahren die B307 rechts abbiegend
in Richtung Vorderriß. Die Straße folgt dabei dem Nordufer des Sylvensteinspeichers,
...
... den sie nach knapp
zwei Kilometern auf der 330 Meter langen Faller-Klamm-Brücke
aus dem Jahr 1957 überquert.
Hinter der Brücke passiert
die B307 das in den 1950er Jahren neu gegründete Dorf Fall -
das alte Dorf versank beim Fluten des Speichersees - und
folgt dann für drei Kilometer dem Südufer des Sylvensteinspeichers.
Nach weiteren fünf Kilometern
erreichen wir an der Mündung des Riß-Baches in die Isar das
Gasthaus
Post in der Ortschaft Vorderriß. Das
Dorf hatte in früheren Zeiten regelmäßig hohen Besuch: Vorderriß
diente König Ludwig II. und Prinzregent Luitpold von Bayern
viele Jahre als Stützpunkt während ihrer jährlichen Gamsjagden.
Und der Schriftsteller Ludwig Thoma verbrachte von 1867 bis
1873 in Haus Nr. 11 seine Jugendjahre,
weil sein Vater hier in Vorderriß königlich bayerischer Oberförster
war. Heute leben in den acht Häusern von Vorderriß etwa 20 Personen.
In Vorderriß
endet die B307. In ihrer Verlängerung führt eine mautpflichtige
Privatstraße in westlicher Richtung nach Wallgau. Wir lassen
hier die Isar rechts liegen, biegen nach Süden
auf die "Risstal Landesstraße" ab, die dem fast ausgetrockneten
Bett des Rißbaches folgt, ...
... um fünfhundert Meter
weiter die
"Alte Grenzstation Vorderriß" zu erreichen. Heute bietet die
Alte Grenzstation in zwei Ferienwohnungen Übernachtungsmöglichkeiten
für bis zu 25 Personen, bis
1966 diente das Gebäude als Kontrollstelle: Etwas
weiter südlich quert die deutsch-österreichische Grenze die Landstraße, um
danach für etwa einen Kilometer dem
Bett des Rißbaches zu folgen und dann nach Osten abdrehend zum 2.102 Meter
hohen Gipfel des Schafreuter anzusteigen.
Hinter der Alten Grenzstation
beginnt die Risstal Landesstraße leicht anzusteigen und ermöglicht schöne
Ausblicke auf den Gipfel des 1.858 Meter hohen
Vorderskopf.
Gut drei Kilometer hinter
Vorderriß bietet sich die rechts der Straße auf 820 Metern
Höhe gelegene Oswaldhütte
zu einem Boxenstopp und / oder zu einem Spaziergang zum nahen Einlaufbauwerk
der Rißbachüberleitung an. Seit den frühen 1950er Jahren wird
von hier ein Großteil des Rißbachwassers abgezweigt und durch eine
sieben Kilometer lange Rohrleitung zum Walchensee umgeleitet,
um die Turbinen des Walchenseekraftwerks
anzutreiben. Diese Ableitung erklärt, warum der Rißbach nahe
seiner Mündung in die Isar nur einem Rinnsal gleicht.
Hinter der Oswaldhütte führt
der Bach nun deutlich mehr Wasser. Während in der Ferne
das Massiv des 2.413 Meter hohen "Risser
Falk" auftaucht, steigt die Straße nun
mit bis zu 5 Prozent an, überquert die nicht markierte
Grenze zwischen Deutschland und Österreich, ...
... passiert die Jausenstation
"Kaiserhütte"...
... und erreicht knapp
elf Kilometer hinter dem bayerischen Vorderriß den Ortseingang des auf
930 Metern Höhe gelegenen und etwa 50 Einwohner zählenden
Dorfes Hinterriß im österreichischen Bundesland Tirol.
Auf der linken Straßenseite
steht die schmucke Wallfahrtskirche "Maria
auf der Schmelz" aus dem Jahr 1744, deren Name darauf hindeutet,
dass sie von den Bergleuten der seit dem 15. Jahrhundert
hier existierenden Eisenerzmine erbaut wurde. Im
19. Jahrhundert gehörte das kleine Gotteshaus zu dem rechts
angrenzenden kleinen Franziskanerkloster "Klösterl",
und aus jener Zeit stammt auch die Inneneinrichtung. Die kleine
Reinisch-Orgel wurde 1907 eingebaut. Auch heute werden hier
mehrmals im Jahr Wallfahrtsgottesdienste abgehalten und es gibt
Auto- und Motorradgottesdienste.
Gegenüber der Kirche
wurde rechts der Risstal Landesstraße das modern gestaltete
Naturparkhaus
Karwendel errichtet und am 6. Juni 2009 eingeweiht.
In dem Gebäude sind ein Besucherzentrum und ein Museum untergebracht,
das sich der Natur und der Geschichte des Karwendelgebirges
widmet und den dort lebenden Menschen. Man erfährt von den Fürsten,
Königen und Kaisern, die hier auf die Jagd gingen, von dem schweren
Leben der Holzfäller und Jagdaufseher. Es informiert aber
auch über den Beginn des Alpinismus, die Erschließung des Karwendel
durch Hermann
von Barth in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts
und über den einsetzenden Tourismus.
Das größte Gebäude von
Hinterriß ist das schräg gegenüber stehende und seit Generationen
familiengeführte 3-Sterne-Hotel
Gasthof zur Post,
das durch ein im Jahr 2010 in Betrieb genommenes eigenes Wasserkraftwerk
energetisch vollkommen unabhängig ist. Das ganzjährig geöffnete
Haus verfügt über 30 Gästezimmer und eine geräumige Gaststube,
die Küche bietet internationale Gerichte und Tiroler Spezialitäten.
Ein Kilometer hinter
Hinterriß passieren wir den geschichtsträchtigen "Herzoglichen Alpenhof",
dessen Name auf die früheren Nutzer hinweist: Das vom Fürst
zu Leiningen erbaute Jagdschloss ging 1859 in den Besitz der
Herzöge von Sachsen-Coburg und Gotha über, die in diesem Teil
des Karwendelgebirges ihr bevorzugtes Jagdrevier hatten. Später
wurde das Gebäude als Hotel genutzt, seit 2008 steht es leer.
Im Jahr 2019 soll der Herzogliche Alpenhof nun Opfer der Abrissbirne
werden, weil auf dem Gelände ein Luxusressort mit 48
Luxus-Appartements entstehen soll.
Vor dem Herzoglichen Alpenhof
endet der öffentliche Teil der Risstal Landesstraße und es beginnt die
15 Kilometer lange, mautpflichtige und nur im Sommer geöffnete
Privatstraße in die Eng. An der Mautstelle entrichten wir den
Obolus für die Einfahrt und touren dann zwischen den Gipfeln von Laliderer
Falk (2.428 m) und Roßkopfspitze (2.015 m) im
Süden sowie Fleischbank (2.028 m) und Heimjoch (1.871 m)
im Norden in das obere Risstal zum Großen Ahornboden, der
zu DEN Highlights des Karwendelgebirges zählt.
Zwei Kilometer hinter
der Mautstelle passieren wir die Garberlalm und überqueren
in der Folge mehrfach den Rißbach. Der Große Ahornboden zählt besonders im Herbst zu den größten
Touristenmagneten Tirols, weshalb seitlich der als "L282"
ausgeschilderten Straße durch das Rißtal insgesamt zehn Parkplätze
angelegt wurden, von denen aus Wanderungen durch den Naturpark
zur Eng-Alm, zur Plumshoch-,
Tölzer- und zur Falkenhütte ebenso möglich sind wie zum Gamsjoch,
Lamsenjoch und ins Laliderertal. Das Parken außerhalb dieser
Parkplätze am
Straßenrand ist ebenso verboten wie das Übernachten in Wohnmobilen
und Zelten.
Die Mautstraße folgt
nur leicht ansteigend weiter dem Rißbach in südöstlicher Richtung, passiert die Nordostabstürze
des 1.814 m hohen Unteren Roßkopf und der 2.015 m
hohen Roßkopfspitze...
... und wendet sich dahinter nach Süden. Vor uns
tauchen nach und nach die Gipfel der Lamsenspitze (2.508 m),
der Schafkarspitze (2.505 m), der Barthspitze (2.461 m)
und der Eiskarlspitze (2.613 m) auf, die den südöstlichen
Talschluss des Rißtales bilden.
Zehn Kilometer hinter
der Mautstelle erreichen wir die auf 1.200 Metern Höhe
gelegene Hochebene "Großer Ahornboden",
deren Name auf den außergewöhnlich großen Bestand von Bergahornbäumen
zurückgeht. Der Große Ahornboden ist seit 1972 ein Naturdenkmal
des "Alpenpark Karwendel", des größten Naturparks
von Österreich.
Ein Ahornbestand in einer
solchen Höhenlage ist eine botanische Seltenheit. Der über 240 Hektar
große Bergwald im Talgrund wird von mehr als zweitausend
Bäumen gebildet, die bis zu 600 Jahre alt sind. Auf ihren
letzten Kilometern gleicht die mit etwa drei Prozent ansteigende
Mautstraße einer Allee.
Vierzehn Kilometer hinter
der Mautstelle erreichen wir dann über einen kurzen, fünf
Prozent steilen Schlussanstieg den Alpengasthof
Eng mit dem Alpencafé Eng und der Kas-Alm.
Überlieferten
Schriften zufolge wurde die Eng Alm bereits im 16. Jahrhundert
genutzt. Während des Dreißigjährigen Krieges (1618-1648)
ruhte der Almbetrieb und man nimmt an, dass sich während
dieser Zeit die Ahornbäume, von Viehverbiss verschont, ungestört
hier oben verbreiten konnten.
Früher
war die Eng-Alm als "Hungeralpe" bekannt,
weil die Arbeit auf der 1.200 Meter hoch gelegenen Alm
hart und der Ertrag gering war. Inzwischen hat sich das geändert:
Zwar weiden auch heute während
des kurzen Bergsommers von Juni bis September etwa 500 Kühe
auf den Almwiesen der Eng, die Haupteinnahmequelle ist hier
aber
schon seit Jahren der Tourismus.
Wir stellen den Roadster
auf dem Großparkplatz ab, denn es ist Zeit für einen
Boxenstopp in der Kas-Alm. Viel Betrieb herrscht
hier am Vormittag noch nicht, die Touristen-Busse
treffen wohl erst um die Mittagszeit hier ein. Nach
einem leckeren zweiten Frühstück...
... spazieren wir vom Parkplatz
aus zu dem 700 Meter entfernten Almdorf, in
dem man neben dem Restaurant "Rasthütte Eng-Alm"
eine Schaukäserei und einen Bauernladen findet.
Die eigentliche Attraktion ist aber nicht von Menschen
geschaffen: Der Ausblick auf die Spritzkarspitze (2.605 m), die in Wolken gehüllte Grubenkarspitze
(2.661 m) und die sich anschließenden Laliderer Wände
ist einzigartig. Wir genießen ihn ausgiebig, bevor
wir zum Achenpass weiterfahren.
Weitere
Infos:
http://www.mautstrasse-hinterriss-eng.at/
http://www.ahornboden.com/
Das menschliche Auge sieht mehr als eine Kamera:
Unsere Fotos sollen nur den Appetit anregen.
Deshalb: Hinfahren und selbst ansehen!
Denn nichts ist besser als das Original.