Lage: |
Alpen, Italien und Schweiz, Walliser Alpen, Piemont und Wallis |
Talorte: |
Aosta (I) und Martigny (S) |
Streckenlänge |
34 km ab Aosta und 45 km ab Martigny |
Maximale Höhe: |
2.473 m |
Maximale Steigung: |
11 % |
GPS-Koordinaten: |
|
Mautgebühr: |
Nein |
Letztmals befahren: |
Juli 2022 |
Der in den Walliser Alpen gelegene
Große St. Bernhard-Pass verbindet Martigny (470 m) im Schweizer
Kanton Wallis mit Aosta (580 m) im Tal der Dora Baltea im Italienischen
Piemont. Die in Martigny beginnende, als Kantonstraße "21"
ausgeschilderte Nordrampe führt entlang der Drance durch das
Val d'Entremont und überwindet dabei einen Höhenunterschied von
mehr als zweitausend Metern. Die Südrampe startet als "SS27"
in Aosta und erreicht über Étroubles den zwischen dem "Petit
Mont Mort" (2.820 m) und der "Petite Chenalette"
(2.664 m) gelegenen Scheitel, über den auch die Wasserscheide
zwischen der Rhone und dem Po sowie die Grenze zwischen Italien und
der Schweiz verläuft. Die maximalen Steigungswerte der "Route
du Grand-Saint-Bernard" genannten Passstraße liegen bei zwölf Prozent.
Mit seiner Höhe von 2.473 Metern ist der im französischsprachigen
Wallis "Col du Grand St. Bernard" genannte Alpenübergang
der zweithöchste der Schweiz und mit Sicherheit auch einer der Ältesten:
Er wurde schon von den Kelten und später auch von den Römern genutzt,
die den Saumweg "Via
Francigena" nannten.
Es folgten Kaiser, Könige, Päpste, Pilger, Kreuzritter und Napoleon
mit einem dreißigtausend Mann zählenden Heer. Die heutige Passstraße
wurde im Jahr 1905 fertig gestellt, konnte witterungsbedingt aber
nur von Juni bis Oktober genutzt werden, weshalb man einen weitgehend
wintersicheren Straßentunnel baute, der 1964 eröffnet werden konnte.
Seitdem wird die kurvenreiche, teilweise schmale und für den Schwerverkehr
gesperrte Scheitelstrecke überwiegend touristisch genutzt.
Vom Colle
San Carlo kommend erreichen wir über die Strada
Verrogne oberhalb von Aosta auf der "Strada Statale 27 del Gran
San Bernardo" die von dem Glockenturm der im 15. Jahrhundert
erbauten Pfarrkirche Sant Illario überragte
Gemeinde Gignod im Tal des Torrente Buthier. Die SS27 umrundet den auf knapp tausend Metern
Höhe gelegenen Ort auf dessen Ostseite...
... und steigt dann mit Blick auf den in der Ferne aufragenden,
auf seiner Nordseite vergletscherten Mont Vélan (3.727 m) mit
Steigungswerten um acht Prozent...
... und durch massive Leitplanken
gesichert dem Weiler La Condeminaz entgegen.
Weitgehend geradeaus verlaufend
folgt die SS27 dem Tal des "Torrente Artanavaz", passiert
die Locanda La Clusaz sowie den Weiler Echevennoz und erreicht durch
die 146 Meter lange "Galeria Echevennoz"...
... den auf 1.265 Metern Höhe gelegenen Ortseingang von Étroubles.
In dem knapp fünfhundert Einwohner zählenden Étroubles überquert
die SS27 leicht ansteigend den Torrente Artanavaz...
... und gewinnt noch
innerhalb des Ortes mit Hilfe zweier Kehren deutlich an Höhe.
Hinter Étroubles steigt
die Bergstraße mit bis zu zehn Prozent an und erreicht nahe dem Ortseingang
von Saint-Oyen das "Casa Cantoniera SS27 Del Gran S. Bernardo".
Die Gebäude mit der typisch roten Farbe wurden von der Straßenbauverwaltung
in den 1930er Jahren errichtet, um Baumaterial und Werkzeuge
einzulagern und um den für die Unterhaltung der damals oft entlegenen
Straßen zuständigen Straßenarbeitern Übernachtungsmöglichkeiten
zu bieten. Heutzutage ist die A.N.A.S (Azienda Nazionale Autonoma
delle Strade S.p.a.) für den Bau und Unterhalt zuständig, was längst
auch ohne die roten Gebäude geht, weshalb denen nun der Verfall
droht.
Der nachfolgende Ort
Saint-Oyen wurde erstmals im Jahr 1137 urkundlich erwähnt, weil
damals Graf Amadeus III. von Savoyen das heute noch existierende,
links unterhalb der "Rue du Grand Saint Bernard" gelegene
"Chateau Verdun" mit den umliegenden Ländereien dem Hospiz
auf dem Großen Sankt Bernhard schenkte, um dessen Versorgung sicherzustellen.
Es wurde in der Folge zu einem weiteren Hospiz für
Reisende auf der beschwerlichen und gefährlichen Passstraße ausgebaut.
Schon damals existierte hier auch eine erste Kirche, die den Kanonikern des
Großen St. Bernhard anvertraut war und die 1820 neu erbaut wurde.
Sie ist dem Heiligen Oyen, ein Abt aus St-Claude de Jura geweiht.
Vorbei an überwiegend
grauen Natursteinfassaden und dunkelbraunen Holzbalkonen steigt
die SS27 durch das gepflegt aussehende Saint-Oyen weiter an...
... und erreicht zwei
Kilometer hinter dem Ortsausgang eine Straßenteilung: Geradeaus
weiterfahrend geht es durch den knapp sechs Kilometer langen St. Bernhard-Straßentunnel
in Richtung des schweizerischen Bourg-Saint-Pierre, nach rechts
zweigt die kurven- und kehrenreiche Scheitelstrecke hinauf
zum Hospiz auf dem Großen St. Bernhard ab. Jenseits des Scheitels
vereinigen sich dann die beiden Straßen kurz vor dem "Lac des
Toules" wieder. Hier am Abzweig
werden die unterschiedlichen Verkehrsaufkommen der beiden Varianten
deutlich: Zwei von der Scheitelstrecke kommende Pkw warten vorerst
vergeblich auf eine Lücke in der endlos erscheinenden Fahrzeugkolonne,
die auf der mautpflichtigen Tunnelstrecke talwärts Richtung Aosta
rollt. Während die "Traforo
del Gran S. Bernardo" genannte Tunnelstrecke von hier aus vorbei
an San Leonardo
und in einem weiten Bogen durch das Artavanaz-Tal auf den Straßentunnel zuläuft,
...
... steigt die Scheitelstrecke mit mittleren einstelligen
Prozentwerten durch zwei Kehren am Osthang des Valle del Gran
San Bernardo...
... dem an einer weiteren
Kehre auf 1.520 Metern Höhe gelegenen und etwas mehr als dreihundert
Einwohner zählenden Saint-Rhémy-en-Bosses entgegen.
Dahinter
wechselt die Südwestrampe auf die Westseite des zwischen den Bergen Basse Tête (2.448) im Westen
und Tête de Tchoume (2.349 m) im Osten gelegenen Tals des "Torrente
del Gran San Bernardo"...
... und unterquert die
für ein kurzes Stück auf Pfeilern ruhende Galerie der Tunnelstrecke, die
dem nahen, auf 1.875 Metern Höhe gelegenen Südportal zustrebt.
Mit Blick auf die Gipfel
von Mont Fourchon (2.902 m), Pain de Sucre (2.919 m),
Tête de Fenêtre (2.823 m), Tête de Fonteinte (2.775 m)
und Pointe de Drône (2.950 m) läuft die SS27 dann auf die Hochalm "Praz d'Arc" mit
der gleichnamigen Einkehrmöglichkeit
zu,
in deren Nähe ein Wanderparkplatz angelegt wurde, über dem der weitere
Verlauf der Rampe gut zu sehen ist.
Die
brüchigen Felsabhänge zwischen den oberen Kehren sind zum Teil mit Stahlnetzen gesichert, auf der Talseite verhindern massive Randsicherungen einen Sturz
in die Tiefe.
Auf
2.208 Metern Höhe wird "La Cantine" erreicht. Hier findet man
eine kleine Kapelle, zwei rotbraune Straßenunterhaltungsgebäude
der A.N.A.S., das dreistöckige Casa
don Angelo Carioni und die Enoteca
Enoetica.
In
der Kehre dahinter kommt es dann zu einer Begegnung der besonderen
Art: Auf unserer bisher über dreitausend Kilometer langen Tour kommt
uns der erste "Kollege" mit einem Mazda-Roadster entgegen.
Nach einem kurzen Winken ist der belgische MX-5 ND dann auch schon
wieder aus
unserem Rückspiegel verschwunden.
Mit
bis zu zehn Prozent Steigung läuft die Rampe oberhalb von La Cantine
auf einen seitlich des Pain de Sucre-Gipfels spektakulär aufragenden
Felssporn zu, vor dem sie nach Nordosten abdreht, ...
... um
kurz darauf einen 150 Meter
langen Tunnel unterhalb der Petite Chenalette (2.664 m) zu
erreichen, ...
... der nahtlos
in eine ebenso lange Galerie übergeht.
Vierhundert Meter weiter ist bei dem im italienischen Sprachraum
"Lago del Gran San Bernardo" genannten "Lac du Grand San Bernard"
die Passregion erreicht. Der auf 2.447 Metern Höhe gelegene
Bergsee ist etwa 350 Meter lang, 200 Meter breit und liegt
zu einem Drittel auf italienischem, zu zwei Dritteln auf Schweizer
Staatsgebiet. Links der Passstraße steht
das im Jahr 1933 erbaute Hotel Albergo Italia,
in dem schon Feldmarschall Montgomery, Juan Manuel Fangio, Truman
Capote und Liz Taylor Gäste waren. Unmittelbar am Seeufer findet
man mehrere Souvenir-
und Imbissbuden.
Hinter
dem geschlossenen
italienischen Grenzgebäude und dem davor gelegenen Grenzkontrollposten passieren
wir die italienisch-schweizerische Grenze.
Auf
Schweizer Seite der Grenze wurde am Ufer des Lac du Grand Saint-Bernard
das Passschild aufgestellt, das eine Höhe von 2.473 Metern
angibt.
Der
eigentliche Scheitel des Großen St. Bernhard liegt jedoch zwanzig
Höhenmeter weiter oberhalb bei den Hospizgebäuden...
...
die die Passstraße beiderseits flankieren und die durch eine Gebäudebrücke
miteinander verbunden sind. Hier sind neben dem eigentlichen St.
Bernhard-Hospiz
auch die Auberge de l'Hospice, ein Restaurant, ein Souvenirladen,
eine Kapelle und ein Hospizmuseum untergebracht, das die mehr als
tausendjährige Geschichte des Großen Sankt Bernhard nachzeichnet.
Das Hospiz wurde Mitte des 11. Jahrhunderts
von Bernhard von Menthon
(1020-1081) gegründet, um Händlern, Reisenden und
Pilgern auf der gefährlichen Passstraße Schutz vor Kälte, Stürmen,
Lawinen und Räubern zu bieten.
Dazu wurden von den Mönchen auch die berühmten "St. Bernhardshunde"
gezüchtet,
die zwar nie ein mit Branntwein gefülltes Fässchen mit sich
herumschleppten, die aber als Last-, Such- und Lawinenhunde viele in Not
geratene Reisende retteten. So soll allein der berühmte Lawinenhund Barry
mehr als vierzig Menschen das Leben gerettet haben. Im Jahr
2005 wurde die Zucht der Bernhardiner in die Fondation
Barry du Grand Saint Bernard in Martigny verlagert.
Hinter dem Hospiz senkt
sich die hier oben bis zu neuen Prozent steile Nordrampe mit Blick auf das Massiv des 3.722 Meter hohen
Mont Velan...
... durch drei Kehren...
... zu der unterhalb des
2.963 Meter hohen Pointe de Barasson auf 2.270 Metern gelegenen
Hochalm "Le Tronchet" mit dem riesigen, im Jahr 1962 gebauten Lüftungsschacht
des darunter verlaufenden Straßentunnels.
Entlang dem Gebirgsbach
"Torrin dë Trontsë" schlängelt sich die Nordrampe dann...
... hinunter in Richtung
des auf 1.915 Metern Höhe im Tal der "Drance d'Entremont" gelegenen
Tunnel-Nordportals ...
... bei dem sich die Scheitelstrecke
teilt: Hält man sich links, dann fährt man durch den Straßentunnel
zurück nach Italien. Der rechte Zweig senkt sich durch einen kurzen
Tunnel und mündet nach wenigen Metern
in die etwas tiefer verlaufende Kantonstraße
21 / E27, ...
... die unterhalb des Croix de Tsousse
(2.822 m) mit leichtem Gefälle
durch eine endlos erscheinende Galerie führt, die dem Ostufer des auf 1.810 Metern
Höhe gelegenen Stausees "Lac des Toules" folgt und
die im Winter die Zufahrt zum Straßentunnel sicherstellen soll.
Zehn Kilometer hinter
dem Scheitel passiert die Route du Grand Saint Bernard das links
der Straße auf 1.630 Metern Höhe gelegene und etwas mehr als
zweihundert Einwohner zählende Dorf Bourg-Saint-Pierre, ...
... von dem man nicht
viel mehr als die riesige weiße Kaffeetasse von Jo's Bar sieht.
Hinter Bourg-Saint-Pierre
verengt sich das Val d'Entremont. Mit Blick auf den 2.598 Meter
hohen "Le Catogne" windet sich die Passstraße entlang
dem Südwestabsturz des 3.212 Meter hohen "Pointe de Boveire"...
... und erreicht siebzehn
Kilometer hinter dem Grossen Sankt Bernhard die etwas mehr als siebenhundert
Einwohner zählende Ortschaft Liddes,
die von dem Glockenturm der "Eglise de St.-Georges" überragt
wird.
Vorbei an der
im Jahr 1502 erbauten "Chapelle Saint-Laurent" am Nordwestrand
von Liddes...
... passiert die "21"
den zu Liddes gehörenden Weiler "Fontaine Dessus",
hinter dem sie sich...
... durch eine Doppelkehre
zur Drance d'Entremont hin absenkt...
... und auf einer Höhe
von 950 Metern den Ort Orsières
erreicht. Hier verlassen wir die Route du Grand-Saint-Bernard, ...
... um im Zentrum des etwa
dreitausend Einwohner zählenden Städtchens einen ausgiebigen Boxenstopp
einzulegen, bevor wir über den Col de Champex zum Col de la Forclaz
weitertouren.
Weitere
Infos:
https://www.schweizmobil.ch/
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