Touren mit dem Mazda-Roadster MX-5 über Gebirgsstraßen, Pässe, Hellinge und Klimmen
    
Lukmanierpass
(Passo del Lucomagno)

    



Der Lukmanierpass verbindet dass Vorderrheintal in Graubünden mit dem Valle Santa Maria im Tessin und nutzt dabei eine Senke zwischen dem 3.016 m hohen Piz Rondadura in den Tessiner Alpen im Westen und dem 3.140 m hohen Scopi in den Adula-Alpen im Osten. Der Fund römischer Münzen belegt, dass der Übergang schon sehr früh bekannt war. Mit der Gründung des Klosters Disentis um das Jahr 720 gewann er an Bedeutung und war das gesamte Mittelalter über der wichtigste Schweizer Pass, vielleicht auch weil er mit seiner vergleichsweise geringen Höhe im Winter weitgehend offen gehalten werden konnte.

In den Jahren 1872 bis 1877 erhielt die Alpentraversale eine durchgehende Fahrstraße,
aber mit dem Ausbau der Splügenstraße und des Gotthardpasses wurde es um den Lukmanier spürbar ruhiger. Daran änderte auch die Modernisierung und Verbreitung der Passstraße ab den 1950er bis in die 1970er Jahre nichts mehr. Und mit der Eröffnung der Gotthard-Autobahn im Jahr 1980 verlor der Lukmanierpass dann endgültig seine überregionale Bedeutung. Er wird heute überwiegend touristisch genutzt.


Dauerregen auf der Südrampe des Lukmanierpasses zwischen Biasca und Olivone


Von unserem Quartier in Cavagnago kommend befahren wir den Lukmanierpass vom südlichen Talort Biasca aus. Nach wochenlangem Sonnenschein musste es uns irgendwann einmal erwischen. Heute ist es nun soweit: Im Dauerregen folgen wir dem Fluss Brenno durch das Bleniotal nach Norden, passieren die Ortschaften Malvaglia, Aquarossa und Aquila und erreichen nach 22 Kilometern die Gemeinde Olivone, in der die Lukmanierstraße nach Westen schwenkt. Es herrscht wenig Verkehr und wir kommen trotz des Regens gut voran.



Lukmanierstraße nahe Pianezza Camperio oberhalb von Olivone


Hinter Olivone beginnt die eigentliche Südrampe des Lukmanier. Den bewaldeten Nordostabhang der Punta di Larescia querend gewinnt sie schnell an Höhe und folgt über Pianezza und Camperio dem Valle Santa Maria. Hier lässt der Regen etwas nach und durch die schnell ziehenden Nebelschwaden sehen wir, dass es hinter den Bergrücken deutlich heller wird. Das Regengebiet haben wir wohl bald hinter uns.



Lukmanierstraße im Wald vor Pian Segno zwischen Olivone und der Scheitelhöhe des Lukmanierpasses


Und tatsächlich: Im Wald bei Pian Segno auf 1.700 Metern Höhe ist die Fahrbahn zwar weiterhin nass, aber es nieselt nur noch ganz leicht.



Infocentro Casaccia seitlich der Lukmanierpassstraße oberhalb von Olivone


Kurz darauf erreichen wir das auf 1.820 Metern Höhe gelegene "Infocentro Casaccia Lucomagno", das ebenso wie der zugehörige Kiosk Mitte September schon geschlossen ist. Das im Juni 2005 eingeweihte Infozentrum informiert die Besucher des Valle di Benio und des Valle Santa Maria über die Naturschönheiten der Gebirgstäler und erläutert die Bewirtschaftung der Wiesen- und Weideflächen der Lukmanier-Hochgebirgsregion.

Der Regen hat aufgehört, aber der Himmel oberhalb der Passhöhe ist immer noch grauschwarz. Wir sind skeptisch und lassen vorsichtshalber das Dach unseres MX-5 noch geschlossen.



In einer Lawinengalerie der Lukmanierstraße unterhalb der Scheitelhöhe des Passes


Gut so, denn nur zwei Kilometer weiter prasselt es wieder auf uns herab. Ein Genuss ist die Fahrt auf dem Schlussanstieg nicht, denn der Asphalt ist nun sehr rutschig und der Nebel lässt keine weiten Ausblicke mehr zu.



Hospezi Santa Maria auf dem Lukmanierpass zwischen Biasca und Disentis


Gegen 10 Uhr erreichen wir die vierzig Kilometer hinter Biasca gelegene Passhöhe mit dem Hospezi Santa Maria und entschließen uns zu einem ungeplanten Boxenstopp. Wir wollen abwarten, ob sich das Wetter nicht doch noch bessert und gönnen uns ein zweites Frühstück.

Bereits im Jahr 1374 existierte unterhalb der Passhöhe des Lukmanier ein der Heiligen Maria geweihtes Hospiz, das der Abt des Klosters Disentis erbauen liest. Das historische Gebäude musste 1964 dem im Bau befindlichen Stausee Lai da Sontga Maria weichen und wurde weiter oben neben der ebenfalls verlegten Passstraße neu errichtet und am 1. August 1965 eröffnet. Siebenundzwanzig Jahre später verkaufte das Kloster Disentis das Hospiz an dessen langjährige Pächter, die es im Folgejahr renovierten und erweiterten. Über die Passhöhe verläuft die Kantonsgrenze zwischen Graubünden und dem Tessin sowie die Europäische Wasserscheide zwischen Rhein und Po.



Kapelle Sontga Maria auf dem Lukmanierpass neben dem Hospezi Santa Maria


Etwas oberhalb des Hospizes steht die Kapelle Sontga Maria, die am 15. Oktober 1967 der Himmelfahrt Marias geweiht wurde. Sie wurde von dem Architekten Josef Rieser aus Baden geplant und von den
Nordostschweizerischen Kraftwerken finanziert, denn sie ersetzte die ebenfalls dem Stausee geopferte historische Kapelle des überfluteten alten Hospizes. Die aus dem 16. Jahrhundert stammenden Fresken der alten Kapelle wurden gerettet und sind nun im Neubau zu sehen. Sie zeigen die Muttergottes, den Heiligen Johannes und den Heiligen Martin.



Veteranen vor dem Hospezi Santa Maria am Lukmanierpass


Wir sind hier oben nicht die Einzigen, die im Hospiz auf Wetterbesserung warten: Mehrere Oldtimer-Freunde aus den Kantonen Schwyz und Sankt Gallen haben wie wir auf der Passhöhe ihre gemeinsame Ausfahrt ins Tessin unterbrochen. Aber eine Wetterbesserung ist nicht in Sicht. Im Gegenteil: Der Regen prasselt immer stärker auf die Dächer der toll hergerichteten Veteranen.



Stausee Lai da Sontga Maria nahe der Scheitelhöhe des Lukmanierpasses in der Schweiz


Wir werfen noch einen kurzen Blick auf den wetterbedingt nicht einladend aussehenden Stausee Lai da Sontga Maria, dessen Wasserkraft von den Kraftwerken Vorderrhein zur Stromgewinnung genutzt wird, ...



Bauarbeiten an der Scheitelgalerie des Lukmanierpasses oberhalb des Hospezi Santa Maria


... dann durchfahren wir die wegen Bauarbeiten nur einspurig nutzbare Scheitelgalerie, in der auch der 1.972 Meter hohe Kulminationspunkt des Lukmanierpasses liegt.



Bogenstaumauer Santa Maria an der Nordrampe des Lukmanierpasses oberhalb von Disentis


Hinter der Galerie erreichen wir die Bogenstaumauer Santa Maria des drei Kilometer langen Stausees Lai da Sontga Maria. Die 117 Meter hohe, bogenförmige Staumauer wurde 1968 geschlossen. Ihre Dimensionen sind beeindruckend: Die Mauer ist an ihrem Fuß 21 Metern breit, selbst die 560 Meter lange Mauerkrone misst noch 8 Meter und sie hält einem Druck von fast 70 Millionen Kubikmeter Wasser stand.



Alp Vatgira unterhalb der Bogenstaumauer Santa Maria an der Nordrampe des Lukmanierpasses oberhalb von Disentis


Zwei Kehren führen uns nun hinunter zum Fuß der Staumauer und zu der auf knapp 1.900 Metern Höhe gelegenen Alp Vatgira.



Galerien auf der Nordrampe der Lukmanierstraße zwischen der Scheitelhöhe des Lukmanierpasses und Disentis


Die Nordrampe folgt nun in weit gezogenen Kurven dem oberen Val Mendel und wird in mehreren exponiert liegenden Abschnitten durch Galerien vor Lawinen und Murenabgängen geschützt.



Nasse Lukmanierstraße im Val Medel zwischen der Scheitelhöhe des Lukmanierpasses und Disentis


Etwa dreizehn Kilometer hinter der Scheitelhöhe passieren wird dann die Ortschaft Platta...



Im Val Medel an der Nordrampe des Lukmanierpasses vor den ersten Häusern von Curaglia


... und erreichen entlang des durch das Val Medel plätschernden Flüsschens Froda...



Ortseingang von Curaglia an der Nordrampe des Lukmanierpasses oberhalb von Disentis


... den Ortseingang von Curaglia. Das größte Dorf des Tales hat etwa 300 Einwohner und wird von der Kirche St. Nikolaus überragt.



Kloster Disentis am Fuß der Nordrampe des Lukmanierpasses im Schweizer Kanton Graubünden


Die restlichen acht Kilometer hinunter in den nördlichen Talort sind abwechslungs- und kurvenreich. Wir durchfahren mehrere unbeleuchtete Tunnel, passieren die Medelser Schlucht und erreichen hinter dem Zusammenfluss des Medelser Rheins und des Vorderrheins den Kur- und Wintersportort Disentis, der von der Klosteranlage St. Martin überragt wird. Das größte und wohl auch älteste Benediktinerkloster der Schweiz wurde Ende des 17. Jahrhunderts im Barockstil erbaut, die nach den Plänen von Caspar Moosbrugger errichtete Klosterkirche mit ihrer Doppelturmfassade wurde 1712 geweiht. Ein erstes Kloster existierte hier bereits im 8. Jahrhundert.

Nach einem kurzen Rundgang durch das Zentrum starten wir den Roadster wieder und verlassen Disentis auf der Kantonsstraße 2 in westlicher Richtung, denn wir wollen weiter zum Oberalppass.




Weitere Infos:
http://www.alpentourer.de/











Das menschliche Auge sieht mehr als eine Kamera:
Unsere Fotos sollen nur den Appetit anregen.
Deshalb: Hinfahren und selbst ansehen!
Denn nichts ist besser als das Original.



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