Lage: |
Alpen, Italien, Sobretta-Gavia-Gruppe, Ortleralpen, Lombardei |
Talorte: |
Bormio und Ponte di Legno |
Streckenlänge: |
22 km ab Bormio und 18 km ab Ponte di Legno |
Maximale Höhe: |
2.618 m |
Maximale Steigung: |
16 % |
GPS-Koordinaten: |
|
Mautgebühr: |
Nein |
Letztmals befahren: |
September 2017 |
Der Passo di Gavia liegt
in den italienischen Alpen
im Nationalpark Stilfser Joch und verbindet Bormio im oberen Veltlin mit Ponte di Legno im
Valcamonica. Er nutzt dabei eine natürliche Senke zwischen der
Sobretta-Gavia-Gruppe im Westen und den Ortleralpen im Osten.
Schon im Mittelalter existierte hier einen Saumweg, die heutige
Straße wurde während des 1. Weltkrieges aus militärischen
Gründen gebaut. Der wenig befahrene Pass hat zwei sehr unterschiedliche
Rampen: Die Nordanfahrt ist zweispurig ausgebaut und überwiegend
gut asphaltiert,
die Südrampe hat sehr enge Kehren und ist im mittleren Teil streckenweise
nur 1,90 Meter breit.
Wir starten unsere Tour
auf den Gaviapass im Zentrum des Wintersportortes Bormio, das
wir auf der Strada Provinciale
29 in östlicher Richtung verlassen.
Nach etwa 1,5 Kilometern
erreichen wir die "Chiesa della Madonna
della Misericordia". Mit dem Bau der achteckigen
Wallfahrtskirche
wurde im Jahr 1705 begonnen, geweiht wurde sie zwölf
Jahre später. Sehenswert sind im Kircheninneren sechs großen
Marienfresken des Malers Johann Georg Telser
aus Südtirol. Ein weiteres Fresko in der Apsis zeigt die stillende
Madonna und den Heiligen Josef.
Hinter den Dörfern Uzza
und San Nicolo sehen wir nach 4 Kilometern die ersten Häuser
von Valfurva und den Gipfel des
Monte Confinale vor uns liegen. Bevor wir zum Passo di Gavia
weiterfahren, stoppen wir in der Via S. Antonio, um das
von uns gebuchte Zimmer im ruhigen und gemütlichen Hotel
I Rododendri zu beziehen. Nachdem wir das Gepäck nach oben
geschafft haben, geht es zurück auf die SP29 und über Sant'Antonio
weiter Richtung Passhöhe.
Bis zu dem Wintersportort Santa Caterina
Valfurva verläuft die Provinzstraße nun fast
gradlinig durch den dichten Nadelwald des Frodolfo-Tals. Hinter
Santa Caterina quert sie mit zehn Spitzkehren den Nordostabhang des 3.053 m hohen
Costa Sobretta und erreicht das idyllisch
auf 2.000 Meter Höhe gelegene Almgebiet Plaghera di
Dentro.
Auf den nächsten Kilometern
wird die Nordrampe deutlich steiler: Sie führt mit bis zu 10 Prozent
Steigung zur vierhundert Meter höher gelegenen Malga dell
Alpe, wo eine kleine Brücke den Bach
Dahinter wird die Rampe
noch steiler und der Fahrbahnbelag
deutlich schlechter. Als Entschädigung tauchen dafür aber die schneebedeckten
Gipfel des 3.594 m
hohen Pizzo Tresero und des 3.360 m hohen Corno dei Tre
Signori vor uns auf.
Sechzehn Kilometer hinter
Valfurva erreichen wir einen kleinen Parkplatz mit einem Kriegerdenkmal.
Das pyramidenförmige "Monumento dedicato ai Caduti della
Grande Guerra" mit dem großen Bronzeadler auf seiner Spitze
erinnert an alle Soldaten, die während des 1. Weltkrieges
ums Leben kamen. Es gedenkt auch der von Capitano Arnaldo Berti befehligten Alpini, die im Herbst des Jahres 1918 im Kampf für ihr Vaterland fielen.
Das Denkmal wurde 1919 neben der alten Gavia-Hütte errichtet
und 1927 an den heutigen Standort umgesetzt.
Schräg gegenüber steht
das Rifugio
Arnaldo Berni,
das im Jahr 1933 vom Club Alpino Italiano (CAI) als Ersatz für
die alte Gavia-Hütte erbaut wurde und dessen Name ebenfalls an
den Alpini-Hauptmann erinnert. Das Rifugio wurde im Jahr 1980
erneuert. Es dient Alpinisten als Stützpunkt für Touren zu den
Gipfeln von Pizzo Tresero, Punta Pedranzini, Punta San Matteo,
Corno dei Tre Signori, Monte Gavia und Monte Gaviola.
Arnaldo
Berni wurde am 2. Juni 1884 in Mantua geboren und begann
nach seiner Schulzeit ein Universitätsstudium. Kurz vor seiner
Promotion brach der 1. Weltkrieg aus; Berni wurde zum Militär
eingezogen und zur Offiziersschule nach Modena befohlen. Als
Leutnant wurde er dem 46. Bataillon des 5. Alpini-Regiments
zugeteilt, dessen Aufgabe die Verteidigung der Hochregionen
des Trentino und des Veltlin war. Für seine Leistungen im Kampf
um die Ortler-Cervedale-Gebirgsgruppe wurde er zum Oberleutnant
und in der Folge zum Hauptmann befördert. Sein letzter Kampfauftrag
war, von der Gavia-Hütte aus die österreichische Artilleriestellung
auf dem 3.678 Meter hohen, schneebedeckten Gipfel der Punta San Matteo zu
erobern, was am 13. August 1918 auch gelang. Danach konnte
er mit seinen Soldaten die Gipfelstellung trotz massiver Gegenangriffe
auch halten, doch am 3. September
1918 durchschlug österreichisches Artilleriefeuer die Schutzgalerie
auf dem Gipfel. Arnaldo Berni und mehrere seiner Soldaten kamen
dabei ums Leben.
Die Leiche des Alpini-Hauptmanns wurde
trotz intensiver Suche nicht gefunden; sie liegt wohl auch heute noch im ewigen Eis
des Punta San Matteo-Gipfels.
Seitlich des Rifugio
Arnaldo Berni wurde im Jahr 1938 die "Chiesetta degli Alpini vicino"
errichtet. Die Naturstein-Kapelle erinnert an die vielen Gefallen
des 1. Weltkrieges.
Hinter dem Rifugio Arnaldo
Berni schlängelt sich die Nordrampe durch eine tundraähnliche
Landschaft weiter bergan, ...
... passiert das Wegekreuz
"Crocifisso al Passo Gavia"
und das Ufer des Bergsees Lago Bianco...
... und erreicht nach
zwei weiteren Kilometern schließlich den Scheitel des Passo
di Gavia. Die Passhöhe liegt zwischen dem 3.223 m hohen
Monte Gavia und dem 3.360 m hohen Corno dei Tre Signori und bietet in
den Lücken der vorbeiziehenden Nebelschaden einen schönen Ausblick auf die im
Süden gelegenen Gletscher der Adamellogruppe.
Obwohl eine Autofahrt auf
der während des 1. Weltkrieges erbauten Passstraße nur
während der Sommermonate Juni bis September möglich und auf
der von Ponte di Legno heraufführenden Südrampe nicht ungefährlich
war, kamen in den 1920er Jahren immer mehr Touristen zum Gavia,
für die 1928 auf der Scheitelhöhe das "Alpenhotel
Passo di Gavia" erbaut wurde. Während des 2. Weltkrieges
wurde das Hotel in Brand gesteckt und bombardiert, nach Kriegsende auf
des Betreiben von Don Eugenio
Bussa
hin wieder aufgebaut und 1948 unter dem Namen "Casa D'Alta Montagna"
als Hospiz wieder eröffnet. Zu seinem 25. Jahrestag wurde
das Haus saniert und mit einen Anbau erweitert, in dem ein Tagungsraum
und eine moderne Großküche eingerichtet wurden.
Schräg gegenüber bietet
sich uns das "Rifugio Bonetta al
Passo del Gavia" mit seiner Panorama-Terrasse für
eine ausgiebige Kaffeepause an. Wir sind nicht die einzigen Gäste, denn
einige Mountainbiker,
Rennradler und Motorradfahrer hatten die gleiche Idee.
Das Rifugio wurde von Duilio und Vittorina Bonetta im Jahr 1959
als Schutzhaus erbaut und im Folgejahr eröffnet. Es ist auch
heute noch in Familienbesitz und bietet seinen Gästen neben
kalten und warmen Mahlzeiten auch Übernachtungsmöglichkeiten.
Bergwanderer und Kletterspezialisten nutzen das Rifugio Bonetta
als Stützpunkt für Touren in der Ortler-Cevedale-Gruppe. Gipfelziele
sind der 3.223 m hohe Monte Gavia, die 3.212 m hohe
Punta di Pietro Rossa sowie der 3.360 m hohe Corno dei Tre
Signori.
Hinter dem Rifugio Bonetta
beginnt die deutlich schwieriger zu fahrende Südrampe das Passo di
Gavia, die bei unserer Überfahrt teilweise in Nebelschwaden
gehüllt ist.
Berühmt wurde der Pass durch das Straßenradrennen "Giro
d'Italia", das den Gavia ab 1960 bisher sechs Mal im Rundfahrt-Programm hatte. Die schmalen, steilen, langen und
teilweise ungesicherten Rampen waren
und sind unter Radsportlern gefürchtet, auch wegen den hier
möglichen extremen
Witterungsbedingungen: 1988 überraschte die Radprofis auf
der Südrampe ein schwerer Schneesturm. Der Tages-Anzeiger titelte:
"Bruttissima Italia – bruttissimo Gavia", die Neue Zürcher Zeitung
schrieb: Als
starke Männer weinten. In späteren Jahren musste die Gavia-Etappe
mehrfach wegen starker Wintereinbrüche kurzfristig aus dem Giro-Fahrplan genommen werden.
Für die scheebedeckten
Gipfel, die spektakuläre Felslandschaft,
die schönen Wasserfälle und die tiefen Abstürze seitlich der
Passstraße haben die Radrenn-Profis
während des Giro sicherlich kein Auge. Aber wir!
Denn wir lassen den Roadster
auf der schmalen Rampe ganz gemächlich durch die 14 Kehren und
den engen Tunnel bergab rollen. Die wenigen Ausweichstellen
benötigen wir nicht, denn auf dem Weg ins Tal haben wir zum
Glück keinen Gegenverkehr.
Weitere
Infos:
http://alpenrouten.de
Das menschliche Auge sieht mehr als eine Kamera:
Unsere Fotos sollen nur den Appetit anregen.
Deshalb: Hinfahren und selbst ansehen!
Denn nichts ist besser als das Original.