Lage: |
Alpen, Österreich und Italien, Ötztaler Alpen und Sesvennagruppe |
Talorte: |
Mals und Nauders |
Streckenlänge: |
22 km ab Mals und 6 km ab Nauders |
Maximale Höhe: |
1.507 m |
Maximale Steigung: |
9 % |
GPS-Koordinaten: |
|
Mautgebühr: |
Nein |
Letztmals befahren: |
September 2017 |
Der in Nord-Süd-Richtung verlaufende
Reschenpass überquert den Alpenhauptkamm und verbindet das Oberinntal
im österreichischen Tirol mit dem Vinschgau in Südtirol.
Er nutzt dabei eine Senke zwischen den Ötztaler Alpen
im Osten und der Sesvennagruppe im Westen. Die Passstraße ist ein Teilstück
der alten Heer- und Handelsstraße Via Claudia Augusta der Römer, die von der Adria
durch die Po-Ebene und über die Alpen bis an die Donau führte.
Unter Kaiser Claudius wurde sie im Jahr 47 n. Chr.
ausgebaut. Der heutige Verlauf des Reschenpasses geht auf
den Straßenneubau der Jahre 1850 bis 1854 und die teilweise
Neutrassierung von 1926 zurück. Der Reschen ist neben dem
Brennerpass DIE Verbindung von Süddeutschland nach Oberitalien,
auch weil er sehr niedrig ist, ganzjährig offen gehalten
wird und nur 9% Steigung bzw. Gefälle aufweist.
Vom Stilfser Joch kommend befahren
wir den im italienischen Sprachraum "Passo di Resia"
genannten Reschenpass von dem auf 1.030 m Höhe gelegenen
Talort Mals aus. Die gut ausgebaute und stark befahrene
SS40 schwingt moderat ansteigend durch das Tal des jungen
Etsch, passiert das Dorf Burgeis und erreicht nach 10 Kilometern
den idyllisch gelegenen Haidersee. Das auch "Lago della Muta"
genannte Gewässer liegt auf 1.450 Metern Höhe und damit weniger
als
60 Höhenmeter unterhalb der Passhöhe. Er wird von der
Etsch und dem Zerzer Bach gespeist. Am Nordufer ragt der
schlanke Turm der dem Heiligen
Valentin geweihten Pfarrkirche von St. Valentin auf
der Haide in die Höhe.
Die SS40 folgt dem Ostufer des Sees
und erreicht nach einem guten Kilometer den Ortsrand von
St. Valentin auf
der Haide, dessen Häuser von dem Stufengiebel und den Türmchen
der Jugendstil-Villa "Waldkönigin"
überragt werden. Ulrich Primele aus dem nahen Burgeis hatte
hier in St. Valentin im Jahr 1140 ein Hospiz erbauen lassen,
um in der schneereichen Malser Heide Reisenden und Pilgern
Schutz vor Winterstürmen zu bieten. Die Bewohner des Hospizes
waren verpflichtet, an stürmischen Winterabenden mit Laternen,
Stricken, Stangen, Brot und Wein durch die Heide zu ziehen
und laut rufend nach Hilfebedürftigen zu suchen. Mitte des
19. Jahrhunderts war das Tal dann so dicht besiedelt,
dass das Hospiz aufgegeben werden konnte.
Hinter den schmucken Ferien- und Appartementhäusern von
St. Valentin auf der Haide
ragen die Gipfel des 2.465 m hohen Plaiskopf und des
2.627 m hohen Endkopf in den bewölkten Himmel.
Kilometerlang hängen wir hinter einem
Motorräder transportierenden Gespann fest: Auf langen Streckenabschnitten
ist die Reschenpassstraße auf 70 km/h begrenzt, teilweise besteht
auch absolutes Überholverbot. Und nach Murphy haben
wir genau dann starken Gegenverkehr, wenn beide Begrenzungen
aufgehoben sind. Immerhin fährt das Gespann am oberen Limit
des Erlaubten. Kurz vor dem Reschensee taucht vor
uns die felsige Gipfelkette von Klopairer Spitze (2.918 m), Bergkastelspitze (2.912 m), Plamorter
Spitze (2.982 m), Ganderbildspitzen (2.988 m) und Mataunkopf (2.895 m)
auf.
Die SS40 folgt nun dem Ostufer des Reschensees
durch mehrere Lawinengalerien
hindurch bis zur nahen Ortschaft Graun im Vinschgau.
DAS Highlight des Reschen ist der
im Reschensee stehende Kirchturm von Altgraun. Der kostenpflichtige
Parkplatz am Seeufer ist hoffnungslos überfüllt, so dass
wir nur ein schnelles Foto schießen können.
Der sicherlich
meistfotografierte Kirchturm Europas wurde im 14. Jahrhundert
erbaut. Bereits Ende der 1930er Jahre gab es Planungen,
im Tal ein Wasserkraftwerk zu bauen und dafür den kleinen
Reschensee und den Grauner See über 20 Meter hoch aufzustauen.
Gegen den Willen der Bevölkerung, denn das Dorf Graun sollte
dabei in den Fluten versinken. Die angelaufenen Vorarbeiten
wurden zu Beginn des 2. Weltkrieges eingestellt. Die
Bewohner von Graun atmen auf und glaubten ihr Dorf gerettet.
Doch kurz nach dem Krieg setzte man zum Schrecken der Betroffenen
die rücksichtslosen Bauarbeiten fort. Als 1950 dann die
Schleusen der Staumauer schlossen, wurden mehr als 650 Hektar
überflutet, der Ort Altgraun versank komplett und große
Teile des Dorfes Reschen folgten. Mehr als 160 Häuser wurden
nach und nach von dem steigenden Stausee verschluckt. Die Bewohner verloren
ihre Existenz, wurden übergangsweise in Baracken untergebracht
und in der Folge zwangsweise umgesiedelt. Nach der Aufstauung
entstand oberhalb des versenkten Dorfes das neue Graun.
Der aus den Fluten ragende alte Kirchturm wurde zum Touristenmagneten
und zwischenzeitlich unter Denkmalschutz gestellt.
Am nördlichen Ende des Lago di Resia
liegt der Ort Reschen, hinter dem dunkle Wolken aufziehen,
die die schneebedeckten Gipfel von Piz Mundin und Piz Malmurainza verdecken.
Kurz hinter Reschen erreichen
wir die unspektakuläre Scheitelhöhe des Reschenpasses. Hier
findet man zwei größere Parkplätze, einen Obst- und
Gemüseladen mit Weinverkauf, einen Souvenirshop, die Pizzeria
Irene...
... ein Hotel mit einer weiteren
Pizzeria und hinter der nahen Staatsgrenze auf österreichische Seite eine Tankstelle,
an der im Gegensatz zu denen auf italienischer Seite das
Auftanken wieder
Spaß macht: Der Sprit ist hier deutlich billiger. War es
das? Nicht ganz: Man sieht es nicht, aber
über den Reschen verläuft die Europäische Hauptwasserscheide:
Die Bäche auf der Nordseite fließen über Inn und Donau Richtung
Schwarzes Meer, auf der Südseite strebt die ganz in der
Nähe entspringende Etsch dem Mittelmeer
zu.
Hinter der Scheitelhöhe folgt die
Reschenstraße fast schnurgerade dem weiten, heideähnlichen und an
seinen Rändern bewaldeten Hochtal des Stillebachs...
... und erreicht nach fünf Kilometern
den Ort Nauders, der von der im 14. Jahrhundert erbauten
Festung Schloss
Naudersberg überragt wird. Hier halten wir uns links
und folgen der als "185" ausgeschilderten Martinsbrucker
Straße nach Westen, denn wir wollen über die nahe Norbertshöhe in
das Inntal und von dort aus weiter zum Albulapass.
Weitere
Infos:
http://www.alpentourer.de
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Deshalb: Hinfahren und selbst ansehen!
Denn nichts ist besser als das Original.