Lage: |
Alpen, Österreich, Kalkalpen, Niederösterreich, Steiermark, Rax- und Schneeberggruppe, Hochwechsel |
Talorte: |
Mürzzuschlag und Gloggnitz |
Streckenlänge: |
14 km ab Mürzzuschlag und 16 km ab Gloggnitz |
Maximale Höhe: |
984 m |
Maximale Steigung: |
12 % |
GPS-Koordinaten: |
|
Mautgebühr: |
Nein |
Letztmals befahren: |
Juni 2020 |
Der Semmering-Pass verbindet Mürzzuschlag
im Mürztal in der Steiermark mit Gloggnitz am Rande des Wiener Beckens
in Niederösterreich. Über den Gebirgsübergang führt neben der älteren
Semmering-Passstraße (Bundesstraße 306) auch die teilweise
durch Tunnel verlaufende Semmering-Schnellstraße S6. Ein erster
Saumweg über den Semmering existierte bereits im 12. Jahrhundert
als Teilstück der Verbindung von Wien nach Venedig. Die Habsburger
ließen diesen nach und nach zu einer Passstraße ausbauen, letztmalig
in den Jahren 1839-1841, als die alte Semmering-Straße durch eine
neue, weniger steile Trasse ersetzt wurde. Denn trotz seiner bescheidenen
Höhe von 985 Metern war damals wegen der Kürze der Strecke der Anstieg
von Schottwien zum Scheitel eine echte Herausforderung. Der heutige,
durch mehrere Kehren entschärfte Straßenverlauf entstand im Rahmen
des Ausbaus in den Jahren 1956 bis 1958. Die auf dem Scheitel gelegene
und vom Warenverkehr auf der Passstraße lebende Ortschaft Semmering
entwickelte sich mit dem Bau der im Jahr 1854 fertig gestellten
Semmering-Bahn, der ersten Hochgebirgsbahn Europas, zu einem Freizeit-
und Erholungsort des Wiener Adels.
Von
der Hochwechselstraße kommend erwischt uns kurz vor der auf 440 Metern
Meereshöhe gelegenen Stadt Gloggnitz ein
Starkregenschauer. Wir parken den MX-5 in der "Hauptstraße" vor dem
Restaurant "S'Platzl"...
... und schauen uns die St. Othmar
Kapelle auf dem an die Hauptstraße angrenzenden Dr.-Karl-Renner-Platz
an. Das auch "Marktkapelle" genannte gotische Bauwerk entstand im
11. oder 12.Jahrhundert und
war lange Zeit der Mittelpunkt des erstmals im 11. Jahrhundert
urkundlich erwähnten und heute etwa sechstausend Einwohner
zählenden östlichen Talortes des Semmering-Passes. Die heute noch
vorhandenen gotischen Teile der durch Kriege und Brände mehrfach
zerstörten Kapelle stammen aus dem 14. Jahrhundert. Nach einem
leckeren Eisbecher im gegenüber gelegenen Stadtcafé Gloggnitz
hat der Regen dann nachgelassen und
wir starten die Auffahrt zur Semmering-Passhöhe.
Wir folgen der Hauptstraße, die
nach etwa vierhundert Metern in die "Semmeringstraße"
übergeht...
... und erreichen nach weiteren
neunhundert Metern im Südwesten von Gloggnitz einen Kreisverkehr,
in dem eine Skulptur für Gloggnitz als Einkaufsstadt wirbt. Wir
folgen hier weiter der nun als "Bundesstraße 27" nummerierten Semmingstraße,
passieren das Naturbad der Stadt und das sich anschließende Alpenstadion
der Sportvereinigung Gloggnitz.
Vierhundert Meter weiter dreht
die "27" durch eine Linkskurve in südöstliche Richtung,
um der nahen "Semmering-Schnellstraße" (S6) zuzustreben, die von
Wien kommend durch den Semmering-Scheiteltunnel nach Bruck an der
Mur führt. Die vignettenpflichtige, einer Autobahn gleichende Schnellstraße
ist seit dem Jahr 2004 durchgängig befahrbar. Wir bleiben hier auf der Semmeringstraße und
fahren weiter geradeaus,
denn wir wollen über die deutlich ältere Passstraße die Scheitelhöhe des
Semmering anfahren.
Vorbei an Einfamilienhäusern läuft
die Semmeringstraße nun auf einen weiteren Kreisverkehr zu, hinter
dem sie als "Obere Weißenbachstraße" auf den etwas mehr
als hundert Einwohner zählenden Ort Weißenbach
zuläuft, der vom Schlauchturm der Freiwilligen Feuerwehr überragt
wird.
Sieben Kilometer hinter Gloggnitz
erreichen wir den Ortseingang der auf 570 Metern Höhe gelegenen
Marktgemeinde Schottwien. Verlief
die Anfahrt zum Semmering bis hierher weitgehend eben, so ändert
sich dies in der zwischen den Felsabbrüchen der Rax- und Schneeberggruppe
im Norden und des Hochwechsels im Süden eingezwängten Ortschaft.
Der Schriftsteller C. F. Benkowitz
bereiste im Jahr 1801 den Semmering und beschrieb seine Fahrt durch
die Marktgemeinde: "Der Marktflecken Schottwien liegt nicht
etwa in einem Kessel von Bergen, nein, das wäre zuviel gesagt: er
liegt in einem Hohlwege und besteht aus einer einzigen Straße, die
sich zwischen ungeheueren, sehr steilen Felsen gleichsam durchdrängt.
Die Schottwiener erblicken die Sonne einige Stunden später und verlieren
sie einige Stunden früher aus dem Gesicht als andere Erdenbewohner."
Daran hat sich bis heute nicht
viel geändert: Die Tage in Schottwien sind immer noch deutlich kürzer
als anderswo, die Häuser der etwa 650 Einwohner zählenden Marktgemeinde
reihen sich immer noch entlang der einzigen Straße des Ortes und
werden wie früher vom Turm der ab dem 14. Jahrhundert erbauten
und nach einem Brand Mitte des 19. Jahrhundert wiedererrichteten
Pfarrkirche St. Veit überragt. Neu ist, dass dieser seit dem Jahr
1989 wiederum von der 130 Meter hohen Talbrücke der Semmering-Schnellstraße
überragt wird, die mit einer Länge von 630 Metern zu den größten
Straßenbrücken Österreichs zählt.
In Schottwien beginnt der eigentliche
Anstieg der Passstraße nach Göstritz und weiter zur Semmering-Scheitelhöhe, der laut der Schilder
am Fahrbahnrand heute Steigungswerte von bis zu zwölf Prozent
aufweist. Früher war der Fahrweg auf den Semmering deutlich beschwerlicher
und steiler, was den Einwohnern von Schottwien lange Zeit zu einem
guten Auskommen
verhalf: Pferdekutschen benötigten hier mindestens zwei Vorspann-Pferde,
schwer beladene Fuhrwerke mussten
hier entweder teilweise entladen werden oder benötigten bis zu 16 Vorspannpferde.
Ein gutes Geschäft für die Säumer, Fuhrleute und Packer.
Hinter dem Dorf Göstritz folgt
der steilste Abschnitt der Passstraße: Sie dreht durch eine enge Rechtskehre nach Nordwesten
und quert den Nordhang des 1.523 Meter hohen Sonnwendstein.
Dreizehn Kilometer hinter Gloggnitz
erreichen wir im Gegenlicht der inzwischen tiefstehenden Sonne den
auf 760 Metern Höhe gelegenen Wallfahrtsort Maria Schutz.
Die zweitürmige Wallfahrtskirche
gilt als das "Juwel des Semmeringgebietes". Sie ersetzte
im Jahr 1728 eine zuvor hier existierende kleine Kapelle, die von
Pestkranken aus Schottwien als Dank für ihre Heilung errichtet wurde.
1925 gründeten Passionisten das angrenzende Kloster Maria Schutz
und sie übernahmen auch die Wallfahrtskirche, die im 19. Jahrhundert
durch einen Brand und ein Erdbeben beschädigt worden war. Zu ihrem
250-jährigen Jubiläum wurde Maria Schutz renoviert und in der Folge
auch die Zwiebeltürme wieder hergestellt. In dem Gotteshaus findet
man u. a. ein Gnadenbild und hinter dem Altar eine Quelle, von
der sich viele Pilger Heilung von ihren Krankheiten erhoffen.
Neben der Wallfahrtskirche steht
das ehemalige Kurhotel Langer, in dem man sich um das leibliche
Wohl der Pilger kümmerte und das über 60 Fremdenzimmer verfügte.
Seit 1989 wird das Hotel von der Familie Auer unter dem Namen Kirchenwirt
geführt, das für seine gefüllten Klosterkrapfen, Klosterpfännchen
und Pilgerschnitzel bekannt ist.
Hinter Maria Schutz steigt die
Semmering-Passstraße weiter in westlicher Richtung entlang dem Sonnwendstein-Nordhang, unterquert die neue Semmering-Schnellstraße S6, die wenige
Meter weiter im Semmering-Scheiteltunnel verschwindet.
In der Folge dreht sie durch eine weitere Kehre
nach Südwesten und läuft kurz auf den Sonnwendstein mit seinem
in den 1950er Jahren errichteten Sendemast zu, um dann dreispurig
ausgebaut durch eine
weit gezogene Rechtskurve mit bis zu acht
Prozent weiter anzusteigen und den Weiler Greis zu passieren.
Dahinter läuft die Semmering-Passstraße
auf den Myrtengraben zu, ...
... in dem sie den an der Westflanke
des Sonnwendsteins entspringenden und Schottwien zustrebenden Heidbach
überquert.
Vierhundert Meter weiter tauchen
vor uns dann die ersten, unterhalb der Passhöhe gelegenen Häuser
der Ortschaft Semmering auf...
... und nach einer weiteren, nicht
enden wollenden Linkskehre liegt der Kreisverkehr auf der zwischen
Pinkenkogel (1.290 m) und Semmeringkogel (1.166 m)
im Nordwesten sowie dem Hirschenkogel (1.341 m) im Südosten eingebetteten
Semmering-Scheitelhöhe vor uns, ...
... in dem eine Skulptur auf das
"Skigebiet Zauberberg Semmering" und auf die hier alle
zwei Jahre stattfindenden Ski-Weltcuprennen der Damen aufmerksam
macht.
Wir stellen den Roadster auf dem
großen Parkplatz hinter dem Kreisverkehr ab, um uns die Scheitelhöhe
des Semmering etwas näher anzuschauen.
Vor dem Parkplatz steht ein Denkmal,
das an den Oberleutnant und Flugpionier Eduard Nittner aus Görz
erinnert, der im Jahr 1912 als erster Pilot den Semmering überflog. Dies
war der erste Überflug eines österreichischen Alpenpasses überhaupt.
Der obeliskartige Meilenstein wenige
Meter weiter Richtung Kreisverkehr wurde am 17.08.1841 anlässlich
der Eröffnung der neu gebauten Semmering-Passstraße durch Kaiser
Ferdinand errichtet. Er zeigt die Inschrift "Ende der k.k. italienischen Post- und Hauptcommercialstraße auf der Seite Niederösterreichs". Hier
verläuft die Grenze zwischen den Bundesländern Niederösterreich
und der Steiermark.
Zwischen dem Kreisverkehr und der
Talstation der Zauberberg-Kabinenseilbahn ließen die Stände Österreichs
im Jahr 1728 das reich verzierte Carolusdenkmal errichten, das an
den Bau der ersten Straße über den Semmering erinnert. Laut der
Infotafel am Denkmal beauftragte Kaiser Karl
VI. im Frühjahr 1728 den Bau einer Straße über den Semmering,
die in nur 48 Tagen fertiggestellt wurde. Er reiste damals
mit seiner Gemahlin und dem Hofstaat zur Eröffnung an, kam aber
sechs Tage zu früh in Schottwien an, wo er bis zur Fertigstellung
Quartier nehmen musste. Am 21.06.1728 überquerte das Kaiserpaar dann
mit
seinem Gefolge den Semmering und reiste nach Triest weiter. Das
Denkmal zeigt auf einem von vier Adlern bewachten Sockel die Weltkugel
mit den Insignien von Carolus VI.
Von der Scheitelhöhe aus lohnt
sich ein Abstecher zu dem etwas unterhalb gelegenen Bahnhof der
seit 1998 zum Unesco-Weltkulturerbe zählenden Semmeringbahn, bei
der auch heute noch für schwere Güterzüge Vorspannloks eingesetzt
werden müssen.
Neben dem Empfangsgebäude erinnert
ein Denkmal aus dem Jahr 1869 an Carl Ritter von Ghega. Der im Jahr
1802 in Venedig geborene Carlo Ghega studierte Mathematik, Architektur
und Ingenieurwesen. 1842 wurde er zum Planungsleiter der südlichen
Staatseisenbahn ernannt und in der Folge mit der Planung einer Bahnstrecke
von Gloggnitz über Mürzzuschlag und weiter nach Graz beauftragt,
was von vielen Zeitgenossen als nicht realisierbar eingeschätzt
wurde.
Aber bereits 1844 hatte er einen Streckenplan erarbeitet
und gegen viele Widerstände konnte die Semmeringbahn als erste
Gebirgsbahn Europas im Jahr 1854 eröffnet werden. In Anerkennung
seiner Leistungen auch im Bereich der Südbahntrasse Laibach-Triest wurde
Carlo Ghega 1850 in den Ritterstand erhoben. Er verstarb am 14. März
1860 in Wien.
Im Umfeld des Bahnhofs entstand
damals auch ein stattliches Villen-Ensemble, das sich bis zum Semmering-Kurort zog und von dem heute noch einige sehenswerte Gebäude
erhalten sind, darunter die abgebildete Seniorenresidenz
"Haus Stefanie".
Zurück auf der Scheitelhöhe starten
wir die Abfahrt auf der Semmering-Passstraße hinunter Richtung Spital
am Semmering und Mürzzuschlag. Die Westseite des Semmeringpasses
ist deutlich flacher als die Ostrampe. Durch weit gezogene Kurven
senkt sich die auch hier gut ausgebaute Bundesstraße mit einstelligen
Prozentwerten entlang dem Fröschnitzbach durch das zwischen
der Ochnerhöhe im Norden und dem Hocheck im Süden gelegene Tal, umgeht die Ortschaft
Steinhaus am Semmering und die Stuhleckblicksiedlung...
... und unterquert fünf Kilometer
hinter der Scheitelhöhe die Trasse der Semmeringbahn.
Knapp zwei Kilometer weiter erreicht die
Semmering-Bundesstraße auf Höhe der im Jahr 1163 geweihten Pfarrkirche
Mariä Himmelfahrt...
... den Ortseingang des auf 800 Meter
Meereshöhe gelegenen und etwa 1.500 Einwohner zählenden Wintersportortes Spital am Semmering, ...
... wo wir uns in dem neu renovierten
und
empfehlenswerten Gasthof
Delitz einquartieren. Der Name von Spital am Semmering geht auf ein Hospiz
zurück, das hier im Jahr 1160 von dem steirischen Marktgrafen Ottokar III. gegründet wurde.
Hinter Spital verläuft
die Semmering-Bundesstraße weitgehend parallel zur Semmering-Schnellstraße,
passiert durch eine lang gezogene Rechtskurve den staubigen Zwischenlagerbereich für das bei dem derzeit
in Bau befindlichen Semmering-Basistunnel herausgebrochene Gestein
und erreicht als "Wiener Straße" sechs Kilometer hinter
Spital am Semmering die ersten Häuser der
auf 680 Metern Höhe gelegenen Stadt Mürzzuschlag.
Das Zentrum der Stadt wird von der katholischen Kirche überragt,
die ab 1767 erbaut und der heiligen Kunigunde
von Luxemburg geweiht wurde. Mürzzuschlag wurde erstmals im Jahr 1227
urkundlich erwähnt, profitierte lange Zeit von dem durch Herzog
Rudolf im Jahr 1360 verliehenen Eisenrecht, das die Produktion
von Kleineisen erlaubte und erhielt 1923 das Stadtrecht. Auch heute ist die Stadt mit ihren
etwa 8.500 Einwohnern ein Industriestandort, profitiert
als Mitglied des Tourismusverbandes "Waldheimat - Steirischer Semmering" aber auch
vom Fremdenverkehr. Besuchenswert sind u. a. das Brahmsmuseum,
das Wintersportmuseum
und der Südbahn-Kulturbahnhof mit dem Südbahn-Museum.
Weitere
Infos:
Stadtgemeinde
Gloggnitz
Wallfahrtskirche
Maria Schutz
Passionisten-Kloster
Maria Schutz
Skigebiet Zauberberg
Semmering
Spital am Semmering
Stadt
Mürzzuschlag
Das menschliche Auge sieht mehr als eine Kamera:
Unsere Fotos sollen nur den Appetit anregen.
Deshalb: Hinfahren und selbst ansehen!
Denn nichts ist besser als das Original.