Foto-Reisebericht
- Reiseführer - Reise-Info
Bayerisch
Eisenstein "Luftkurort
mit Tradition" im Bayerischen Wald
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Seit
dem 19. Jahrhundert fahren Urlauber nach Bayerisch
Eisenstein, um Erholung und Natur pur zu finden, und
seit dem Ende der 1980-er Jahre kommen auch wir während
unserer Urlaube im Bayerischen Wald immer wieder
hierher. Bisher nur im Winter - nun erstmals in der
schneefreien Zeit.
Von der Arberseestraße kommend
überqueren wir die Brücke
über den Großen Regen und folgen der Hohenzollernstraße...
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hinauf zum Bahnhof, mit dessen Bau auch die Geschichte von Bayerisch
Eisenstein begann, denn der Ort wurde erst 1877 als
Grenzort und -bahnhof der Eisenbahnlinie Plattling -
Pilsen gegründet, die die bayerische Hauptstadt München
mit Prag verband.
Besiedelt war die Gegend
des Eisensteiner Tales schon deutlich früher, denn hier
wurde bereits im 16. Jahrhundert Eisenerz abgebaut
und 1691 wurde auf dem Gebiet des heutigen Markt Eisenstein
die erste Glashütte gegründet.
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Mit
der Bahnlinie und dem Bau der Passstraße über den Brennes
entwickelte sich der Ort, der nach dem Rückgang der
Glasproduktion nun zunehmend von der Holzwirtschaft
und dem Tourismus profitierte.
Der Fremdenverkehr
wurde nach dem 2. Weltkrieg
durch den Bau der ersten Sesselbahn auf den Arber im Jahr 1949, die Verleihung des Prädikates "Staatlich anerkannter
Luftkurort" im Jahr 1957, die Wiedereröffnung der
seit 1945 geschlossenen Grenze zur Tschechischen Republik
in 1969 und durch die Eröffnung des Arber-Wellenhallenbades
1976 zur Haupteinnahmequelle im Eisensteiner Tal.
Bayerisch Eisenstein verfügt heute über knapp 2.200
Gästebetten - bei ca. 1.100 Einwohnern.
Der
Bahnhof von Bayerisch
Eisenstein erscheint
uns riesengroß und überdimensioniert.
Die vordere
Bahnhofshälfte auf deutscher Seite wird derzeit von
Grund auf saniert, die Renovierung des hinteren, tschechischen
Bahnhofsteils ist bereits abgeschlossen.
Die Reklameschilder werben für Budweiser, Oblaten, Zigaretten, Keramik
und Souvenirs.
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Die
Bahnsteigseite verdeutlicht am besten die Größe des
Empfangsgebäudes, ...
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dessen tschechische Station Železná
Ruda (Markt Eisenstein) heißt. Der nahegelegene Ort wurde 1919 gegründet.
Bayerisch
Eisenstein und Markt Eisenstein waren nach dem 2. Weltkrieg
während der Zeit des Kalten Krieges durch den "Eisernen
Vorhang" lange getrennt. Der tschechische Bahnhofsteil
war von 1953 bis 1990 nicht benutzt, die von Pilsen
kommenden Züge endeten in dieser Zeit in Markt Eisenstein
Stadt.
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Auch
der
Bahnhof von Bayerisch Eisenstein war von 1945 bis 1989
geteilt, der "Eiserne Vorhang" verlief quer
durch die Gleisanlagen, den Bahnsteig und die Eingangshalle, in der ein
Bretterverschlag den Grenzübertritt verwehrte.
Die
deutsch-tschechische Staatsgrenze verläuft auch heute
noch quer über
den Bahnhof von Bayerisch Eisenstein -
einzigartig in Europa. Der Bretterverschlag von einst
ist jedoch inzwischen verschwunden
und die ehemals aufgetrennten Gleise sind seit 1991
wieder miteinander verbunden.
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In der Empfangshalle findet
man eine informative Dokumentation
zur Geschichte der Bahnlinie und des Grenzbahnhofs.
Modelle der hier eingesetzten Schienenfahrzeuge
verdeutlichen zudem Fortschritt und Wandel im Eisenbahn-Fahrzeugbau.
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Auf
der deutschen Bahnhofsseite
enden die von Plattling kommenden Triebzüge der Waldbahn...
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und auf der tschechischen Seite starten die Züge nach Pilsen, die auf ihrer Fahrt den 1.748 Meter
langen Spitzberger Tunnel passieren, den zweitlängsten
Tunnel des Landes.
Es gibt inzwischen auch wieder grenzüberschreitende
Züge,
darunter der "Böhmerwaldcourier", der von Straubing kommend
bis nach Klatovy
(Klattau)
fährt,
einem tschechischen Renaissance-Kleinod südlich von
Pilsen.
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Die
weitläufigen Gleisanlagen mit ursprünglich elf Gleisen, die Drehscheibe
und der Ringlokschuppen
des ehemaligen Bahnbetriebswerkes lassen erahnen, dass
hier früher deutlich mehr Personen- und Güterverkehr
abgewickelt wurde.
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Die in
der Bahnhofstraße zwischen Bahnhof und Lokschuppen
liegende "Grenzglashütte" bietet neben einer "Glasboutique" mit kleinen
und großen Glaskunstwerken des Hauses...
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auch ein kleines Restaurant, in dem man nicht nur Kaffee trinken oder bayerisch-böhmische Gerichte
verzehren kann:
Aus dem Gastraum hat man einen freien Blick auf die Schmelzöfen.
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Donnerstags,
freitags und an den Wochenenden kann man
den Glasbläsern live bei der Arbeit zusehen und sich sogar
ein persönliches Kunstwerk nach eigenen Vorstellungen
herstellen lassen.
Während unseres Besuches durfte
eine Besucherin ihren eigenen Orchideenhalter sogar
unter Anleitung selbst blasen!
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Im
Untergeschoß der Grenzglashütte
findet man eine der kleinsten Bärwurzereien weltweit.
Hier wird nach einer alten Rezeptur der Wurzelschnaps
"Bärwurz" hergestellt, das Traditionsgetränk
der "Waidler".
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Der
neben der Grenzglashütte liegenden ehemalige Lokschuppen
der Königlich Privilegierten Aktiengesellschaft der Bayerischen Ostbahn
wurde zwischen 1981 und 1994 zum "Localbahnmuseum Bayerisch
Eisenstein" umgebaut, in dem mehr als zwanzig historische
Diesel- und Dampfloks sowie Triebwagen bayerischer Nebenbahnen ausgestellt
sind.
Träger des Museums ist der "Bayerische Localbahn Verein e.V.",
der seinen Sitz in Tegernsee hat.
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Auch
im Freigelände des Eisenbahnmuseums erinnern alte Schienenfahrzeuge
an die Geschichte der Bayerischen Localeisenbahn.
Einige
der historischen Fahrzeuge werden sporadisch auch bei
Dampf-Sonderfahrten eingesetzt. Weitere Infos findet
man auf der Website
des Vereins.
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Folgt
man der Bahnhofstraße in westlicher Richtung, erreicht
man nach 5 Gehminuten die katholische Kirche
St. Johannes Nepomuk.
Die neubarocke Pfarrkirche
mit ihrem 45 m hohen Turm wurde Anfang des 20. Jahrhunderts
nach den Plänen des Architekten Hans Schurr aus München
errichtet und am 19. Oktober 1919 durch den Bischof
von Regensburg geweiht.
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Über
dem Portal ist eine mit Wappen verzierte Erinnerungstafel
angebracht, deren Inschrift an Leopold von Hohenzollern
erinnert:
GEDÄCHTNIS-KIRCHE
FÜR WEILAND SEINE KÖNIGLICHE HOHEIT DEN ALLERDURCHLAUCHTIGSTEN
FÜRSTEN LEOPOLD VON HOHENZOLLERN DEN GRÖSSTEN
WOHLTÄTER DER ARMEN UND DER WAFFENBRÜDERSCHAFT ÖSTERREICH's
1909 DEUTSCHLAND's ERBAUT 1908-1909
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Das
Hauptschiff von St. Johannes Nepomuk führt zum Chor
mit dem Hochaltar und wird von zwei Seitenschiffen flankiert,
die beide über einen Nebenaltar verfügen.
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Der
Hochaltar
stammt aus dem frühen 20. Jahrhundert und wurde
von dem in Friedrichshafen geborenen Bildhauer Bruno Diamant
(1867-1942) geschaffen.
Das Gemälde des deutlich
älteren Altarblattes
zeigt die 14 Nothelfer, ein Werk von Johann Rotter aus Gotteszell
aus dem Jahr 1690.
Seitlich davon
erkennt man die Rokoko-Figuren des hl. Leopold und
des hl. Wilhelm, die Statuen rechts und links vor dem
Altar stellen Papst Gregor
den Großen und Augustinus von Hippo dar. Sie entstanden
Mitte des 18. Jahrhunderts.
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Auch
die Kanzel
und der Nebenaltar im rechten Seitenschiff stammen von
Bruno Diamant.
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Im
linken Seitenschiff steht ein barocker Marienaltar aus
der Zeit um 1680, rechts daneben erinnert eine Kreuzigungsgruppe
an die Kreuzigung Christi.
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Den
Eingang zum Gotteshaus gegenüber dem Chor überspannt
eine Empore, auf der die Orgel von St. Johannes Nepomuk
untergebracht ist.
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Die
im 18. Jahrhundert geschaffene Figurengruppe auf
dem Taufdeckel
stellt die Taufe Jesu dar.
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Das
farbenprächtige Glasfenster
aus dem Jahr 1961 zeigt den Prager Domherren Johannes
Nepomuk, der von König Wenzel IV. von Böhmen im Rahmen der Auseinandersetzungen
mit Erzbischof Jenzenstein in der Moldau ertränkt wurde
und nun gen Himmel schwebt.
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Wir
gehen durch die Bahnhofstraße zurück Richtung Localbahnmuseum
und biegen dann in die im oberen Bereich steil abschüssige
Hohenzollernstraße ein, ...
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die hinunter zum Dorfplatz mit dem Maibaum
führt.
Der abbröckelnden Putz und die sich ablösenden
Fassadenfarben einiger Häuser machen uns nachdenklich:
Entwickelt sich der Tourismus in Bayerisch Eisenstein
rückläufig? Bevorzugen die Sommergäste inzwischen Zwiesel
und Bodenmais?
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Auch
die
Grünanlage der "Vater-Mutter-Kind-Kurklinik
St. Ottilia" sieht nicht wirklich gepflegt aus.
Auf
den Wegen sprießt das Grün, als seien hier lange keine
Väter oder Mütter mit ihren Kindern gegangen. Die einstige
Rufnummer der Klinik ist nicht mehr vergeben und auch
die Website der Kuranstalt unter http://www.kurklinik-st-ottilia.de ist
nicht mehr aktiv.
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Auf
der gegenüberliegenden Seite des Anton-Pech-Weges sieht
es noch schlimmer aus...
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und die nicht besonders gepflegt aussehende Grünanlage
am Dorfplatz gegenüber der Villa Kunterbunt lädt uns nicht zum verweilen
ein.
Wir werfen noch einen schnellen Blick auf das inzwischen
wohl dauerhaft geschlossene Arber-Wellenhallenbad neben dem...
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Zollamt
und dem Grenzübergang in die Tschechische Republik, dann kehren wir
dem frühsommerlichen Bayerisch Eisenstein etwas enttäuscht
den Rücken.
Bei unseren Besuchen im Winter hatte uns
der verschneite Ort wesentlich besser gefallen.
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