Foto-Reisebericht -
Reiseführer - Reise-Info Holsteinische
Schweiz Gut
Rixdorf
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Das
nördlich von Plön gelegene Gut Rixdorf wurde im 15. Jahrhundert gegründet. Die heutige
Anlage entstand im Auftrag der Familie von Baudissin von 1730
bis 1740 nach Plänen des Eutiner Hofbaumeisters Rudolph
Matthias Dallin. Im Jahr 1790
ging Gut Rixdorf an die Familie von Westphalen. Alten Erzählungen
nach soll Gräfin Caroline von Baudissin das Gut beim Spiel an
den Grafen Clemens August von Westphalen verloren haben, der ihr vergebens
anbot, für einen Kuss auf den Gewinn zu verzichten. Alte Dokumente
im Gutsarchiv belegen aber, dass die Familie von Westphalen das
Gut käuflich erworben hat. Das riesige Torhaus
ist mit einer Länge von 99 Metern eines der größten in Deutschland.
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Die
Tordurchfahrt wurde genau so groß bemessen, dass exakt ein Fuder
Getreide eingefahren werden konnte.
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Im großen, reetgedeckten Kuhstall
waren bis zu 160 Rinder untergebracht, was große Fenster
notwendig machte, um eine ausreichende Frischluftzufuhr zu ermöglichen.
160 wiederkäuende Rinder produzieren Unmengen von Abgasen...
Der
Dachstuhl des Gebäudes wurde vor einigen Jahren von Sturm deutlich
verschoben. Die schweren Balken und Sparren aus Eichenholz verhinderten
damals Schlimmeres, verhindern aber auch ein Zurückdrücken des
Versatzes.
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Die großdimensionierte Getreidescheune
macht deutlich, welche großen Weizen- und Gerstenmengen hier
eingelagert wurden.
Heute gehören zum Gut etwa 11.000 Hektar
Land, auf dem neben einer großen Forstwirtschaft auch Raps, Gersten, Weizen und Zuckerrüben angebaut
werden. Die über 250 Jahre alten Scheunen werden nicht mehr zur
Getreidelagerung genutzt;
die Versicherungsprämien für einen Maschinenpark und eine Ernte
unter Reetdächern sind astronomisch. Besitzer von Reetdachhäusern
kennen das.
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Heutzutage wird
die Getreideernte in modernen Silos gereinigt, getrocknet und gelagert.
Die Holzschnitzelberge vor
den Getreide-Silos lassen erkennen,
dass Gut Rixdorf über eine hochmoderne und hochwirtschaftliche
Holzschnitzel-Heizung verfügt, die insgesamt 80 alte Einzelheizungen
des Gutes ersetzte.
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Das alte,
auf einer Insel in der aufgestauten Kossau gelegene Herrenhaus wurde
im Jahr 1630 errichtet und musste 1838 abgerissen werden, weil
die Gründungspfähle morsch wurden und der Einsturz drohte.
Das
heutige Herrenhaus im englischen Landhausstil wurde im Jahr
1902 fertiggestellt und war von einem Park umgeben, dessen Alleen
zum Teil noch erhalten sind.
Das unbewohnte Gebäude
ist stark vom Schwamm befallen und nicht mehr zu retten. Es
wartet auf Abriss oder Zerfall.
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Die Häuser und Wirtschaftsgebäude von Gut Rixdorf...
... stehen
unter Denkmalschutz und sind mit mehr als
14.000 Quadratmetern Reetdach gedeckt, von denen jährlich etwa 400 bis 600
qm ersetzt werden (müssen). Manchmal beteiligt sich
sogar die Öffentliche Hand an den Kosten. Dem Vernehmen nach
soll sie dabei aber auch schon mal schriftliche Finanzierungszusagen
wegen Geldmangels nicht einhalten...
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Ab
sofort ist Rixdorf am 1. Mai auch für uns ein absolutes Muss.
Nein, nicht wegen der vielen schönen Reetdächer, die
kann man sich ganzjährig ansehen.
Auch nicht, weil hier
am 1. Mai kurz vor 10 Uhr ein Maibaum aufgestellt wird. Das
ist nicht
wirklich ungewöhnlich, das gibt es anderswo auch.
Außergewöhnlich
ist, was danach vor den ehemaligen Tagelöhner-Häusern des Gutes
folgt!
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Ab
10 Uhr beginnt ein sehens- und vor allem hörenswertes Feuerwerk
an Folk-Musik, das mit einem Intro Furioso des Orchester Grande
unter Beteiligung aller bereits anwesenden und nach einem vorabendlichen
Tanz in den Mai schon wieder einsatzfähigen Musiker eröffnet
wird.
Durch das Programm führt Christoph Peters mit
einer ausgesprochen humorvollen und schlagfertigen Moderation.
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Beim
"Orchester Grande" kommt eine erstaunliche Vielfalt an Instrumenten
zum Einsatz: das Spektrum reicht vom Dudelsack über Geige,
Gitarre, Banjo, Quetschkommode, Leier und Tuba bis hin zur feuerroten
Lilliputaner-Gitarre.
Die Zusammensetzung des Orchester
Grande ist zufällig und ungeplant: wer will, spielt mit. Auch
die Auswahl der Musikstücke und der verwendeten Tonarten wird
spontan auf der Bühne entschieden.
Man mag es nicht glauben,
aber man hört wirklich nicht, dass die Musiker in dieser zufälligen
"Orchesterbesetzung" noch nie zusammen geprobt, geschweige
denn gespielt haben.
Auf Kostproben des vielfältigen
Programms verzichten wir an dieser Stelle ganz bewußt: die Rixdorfer
Musik muss man vor dieser sehenswerten Kulisse selbst hören und
erleben.
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Das
Motto der traditionellen Rixdorfer Maifeier haben die Organisatoren
plakativ über der kleinen Bühne angebracht...
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und das anfänglich kurze, ungeplante Programm wird sukzessive
um die anreisenden Musikgruppen nach dem Motto "Zuerst
da, zuerst auf der Bühne" erweitert und füllt letztlich
den ganzen Nachmittag.
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Die
Bänke vor der Bühne sind bald dichtbesetzt, und während die
Erwachsenen die "Mucke" genießen, ...
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beschäftigen sich die Kids ungestört mit den für sie interessanten
Dingen des Lebens.
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Die
Instrumente einiger Musikanten...
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und
deren teilweise recht ungewöhnlicher Habitus deuten auf eine sehr lange
Anreise hin, ...
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bei der Musiker mit fahrbaren Instrumenten eindeutig im Vorteil
sind.
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Nico
von der holländischen Gruppe Parelmoer (= Perlmutt) aus Venlo
muss wohl schon am Vortag in Rixdorf eingetroffen sein, denn
ihm und seinem frischen Spiel sind die sechshundert Kilometer
lange Anreise nicht mehr anzumerken.
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Die
Rixdorfer stellen bei ihrem Folkfest auch visuell sicher, dass
jeder Besucher selbst nach Jahren noch weiss,
Rixdorf
dat
liegt in Holstein
wo genau er diesen tollen Maifeiertag
erlebte, ...
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bei dem er nur freundliche Gesichter sah und nur nette Worte
hörte, bei dem die Musikanten kostenlos, aber keinesfalls umsonst
auftraten, ...
... er dabei keinen einzigen Cent Eintritt zahlen musste
und bei dem die Preise für Getränke, Gegrilltes sowie Kaffe
und Kuchen so unglaublich
zivil waren, dass man sich um viele Jahre zurückversetzt
fühlten konnte.
S' ist eben Rixdorf... Und dat liegt in
Holstein...
Danke, es war ein toller Tag!
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