Kempten zählt neben Worms
und Trier zu den
ältesten Städten Deutschlands. Die Geschichte von Kempten im Allgäu
lässt sich bis in die Zeit der Kelten zurückverfolgen,
die hier am Ufer der Iller sesshaft werden und ihre
Siedlung "Kambodounon" nennen, "Feste
eines Mannes namens Kambo". Erstmals erwähnt wird
der
Ort
von dem griechischen Geografen Strabon im Jahr 18 nach Christus,
der in seiner siebzehnbändigen "Geõgraphiká"
das geographische Wissen seiner Zeit zusammenfasst
und in Band 4 die Alpenregion und Britannien beschreibt.
Im
Rahmen der Ausdehnung des Römischen Reiches unter
Drusus und Tiberius gründen die Römer im Jahr 15 v. Chr.
am Ufer der Iller das Lager Cambodunum. Die einrückenden
Truppen, deren Tross und die nachfolgenden Händler
verhelfen der Siedlung zu einer Blütezeit, die zwei
Jahrhunderte andauert. Dieses erste Lager wird
allerdings bald aufgegeben und auf das Hochufer des
Lindenberges
rechts der Iller verlegt, wo nach und nach eine
Stadt nach römischem Muster entsteht. Archäologische
Ausgrabungen belegen neben Wohnhäusern, Herbergen,
Wirtshäusern, Kontoren, Lagerhäusern, Ladengeschäften
und Gewerbebetrieben auch zwei Thermenanlagen, ein
2500 m² großes Forum und einen den Göttern
Jupiter, Juno und Minerva geweihten Trias-Tempel.
Cambodunum profitiert vom Handelsverkehr zwischen
Italien und den Nordprovinzen, der über den Bündnerpass
und den Fernpass abgewickelt wird.
Mit der
Verschiebung der römischen Reichsgrenzen nach Norden
verliert die Garnison
ihre strategische Bedeutung. Die Reduzierung der
Truppen und das Abwandern der Händler, die nun neuen
Handelswegen folgen, führt zu einem Niedergang,
der nicht einmal durch die Verleihung des römischen
Stadtrechtes Ende des 2. Jahrhunderts aufzuhalten
ist. Als im 3. Jahrhundert die Alemannen
mehrfach die nördlichen Grenzbefestigungen überrennen
und die Römer deshalb den Limes aufgeben müssen,
wird Cambodunum unversehens zur Grenzstadt, die
jedoch wegen ihrer Größe und fehlenden Schutzbauten
nicht zu verteidigen ist: Deshalb wird die Stadt
nun in den Bereich der heutigen Burghalde verlegt,
militärisch ausgelegt, massiv befestigt und Cambidanum
genannt..
Der Ausbau des im Jahr
15 v. Chr. gegründeten Lagers Augusta Vindelicorum (Augsburg) zur zweitgrößten römischen
Stadt nördlich der Alpen und zur Hauptstadt der
römischen Provinz Raetien bringt das Ende der Blütezeit
von Kempten mit sich, das aber bis zum vollständigen
Abzug der Römer im 5. Jahrhundert neben Augsburg und Regensburg auch
weiterhin
zu den wichtigsten Städten der römischen Provinz
Raetien zählt.
Wappen
am Kornhaus
Die frühmittelalterliche
Geschichte von Kempten ist bis heute weitgehend
unbekannt und spekulativ geblieben. Gesichert ist
jedoch, dass um 740 die Mönche Magnus und Theodorus
vom Kloster Sankt Gallen kommend das Allgäu missionieren.
Magnus gründet in Kempten eine Klosterzelle, aus
der ein Benediktinerkloster hervorgeht, dessen erster
Abt Audogar im Jahr 752 die Benediktion erhält.
Das im Bereich der heutigen Residenz gelegene Kloster wird ab
773 von Königin Hildegard, Ehefrau Karls des Großen, und
den nachfolgenden Karolinger-Königen durch Schenkungen und Privilegien gefördert.
Der Abt des Klosters Kempten gewinnt neben seiner
kirchlichen auch mehr und mehr weltliche Gewalt
und erhält letztlich den Titel eines Fürstabtes.
Sein weltlicher Anspruch wird 1213 von dem Stauferkaiser
Friedrich II. untermauert, der den Herrschaftsbereich
des Klosters einschließlich der bürgerlichen Siedlung
am Ufer der Iller zur Grafschaft Kempten erhebt
und dem Abt als Lehen überlässt.
Unmittelbare
Folge dieses Lehens sind erste Unabhängigkeitsbestrebungen
der "Unterstädter", die vehement die Loslösung
ihrer mitten im klerikalen Herrschaftsgebiet liegenden
zivilen Siedlung von der Grafschaft und dem Abt
betreiben. Als König Rudolf von Habsburg im Jahr
1289 dann per Urkunde die Bürgerstadt zur Freien
Reichsstadt erklärt, ist die Loslösung von der Grafschaft
erreicht. Die höher gelegene Stiftsstadt und die
Bürgerstadt entwickeln sich ab nun vollkommen unabhängig
von einander.
1408 erhält die Stadt die
Hochgerichtsbarkeit, 1510 die Münzhoheit. Die beim Kloster verbliebenen
Nutzungsrechte und Besitztümer innerhalb der Reichsstadt
erkaufen sich deren Bürger unter Führung ihres Bürgermeisters
Gordian Seuter dann im sogenannten "Großen
Kauf" des Jahres 1525. Kempten ist nun in Gänze
"Freie Reichsstadt".
Wenige Jahre
später schließt sich die Stadt dann der Reformation
an: Auf dem Reichstag in Speyer verfechten 1529 die
Vertreter der freien Reichsstadt die evangelische Lehre, ein Jahr später unterzeichnen
die Stadtväter das Augsburger Bekenntnis, die "Confessio Augustana". Man baut eine eigene Schule und beschäftigt
einen eigenen Stadtprediger.
Während des
Dreißigjährigen Krieges (1618-1648) werden sowohl
die katholische Fürstabtei als auch die evangelische
Reichsstadt mehrfach gebranntschatzt. 1628 suchen
die Stadt eine große Hungersnot und die Pest heim.
Aber das Leiden geht weiter: 1631 wird die Reichsstadt -
angestiftet vom Fürstabt - durch
kaiserliche Truppen besetzt, 1632
besetzen schwedische Truppen - angestiftet von der Reichsstadt
- die Stiftsstadt, das Kloster wird
dabei zerstört. Im Gegenzug besetzen im Folgejahr
wieder kaiserliche Truppen die Reichsstadt, dabei
wird ein Drittel der Bewohner umgebracht. 1634 stehen
die Schweden wieder vor Kempten und erobern es erneut.
Zum Ende des Dreißigjährigen Krieges
leben in der ehemals 6000-Einwohner-Stadt dann nur noch
900 Seelen.
Da Kloster und Klosterkirche
zerstört sind, beauftragt Fürstabt Roman Giel von Gielsberg
nach Kriegsende den Bau der Residenz und der Basilika
St. Lorenz. Die Grundsteinlegung erfolgt 1652,
die Fertigstellung feiert man 1674. Die aufstrebende und
expandierende Stiftsstadt erhält im Jahr 1712 dann
auch das Stadtrecht.
1741 werden große Teile
der Reichsstadt durch eine Feuersbrunst zerstört.
Durch die auf dem Immerwährenden
Reichstag in Regensburg
verabschiedete Neuordnung des Heiligen Römischen
Reiches Deutscher Nation werden zahlreiche Klöster
aufgelöst und die Besitztümer den Territorialstaaten
zugeschlagen. Auch in Kempten: Die
beiden bisher eigenständigen und verfeindeten Städte fallen 1803
an das Kurfürstentum Bayern und haben nun in Maximilian
IV. einen gemeinsamen Herrscher.
1806 wird
Kempten zur Hauptstadt
des neugeschaffenen Iller-Kreises bestimmt.
1818 kommt
es dann
im Rahmen der 1. Gebietsreform zum endgültigen Zusammenschluss von Reichsstadt und Stiftsstadt.
Kempten erhält ein neues Stadtwappen mit einem
halben Reichsadler auf schwarzem Grund und
einem roten Turm auf weißem Grund.
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Das Industrialisierungszeitalter
begann für Kempten mit dem Anschluss an das Schienennetz:
Es entsteht ein Kopfbahnhof und am 1. April
1852 wird die Ludwig-Bahn nach Kaufbeuren eröffnet.
Dreizehn Monate später wird die Strecke bis nach
Immenstadt verlängert, 1863 geht die Illerbahn nach
Ulm in Betrieb. Dies begünstigt die Ansiedlung neuer
Unternehmen und bringt einen enormen wirtschaftlichen
Aufschwung vor allem in der Textilindustrie und
im Maschinenbau mit sich.
1935 wird Kempten
zum Stadtkreis erhoben.
Während des 2. Weltkrieges
wird die Stadt mehrfach bombardiert. Da die alliierten
Bomber die nahegelegenen Werke des Flugzeugbauers
Messerschmitt als
Ziel haben, bleibt der Stadtkern von größeren Zerstörungen
verschont. Ende April 1945 beenden dann einmarschierende
amerikanische Truppen die Herrschaft der Nationalsozialisten.
Nach
dem Krieg erfolgt der Wiederaufbau der zerstörten
Industrie. Der Zuzug von mehr als zehntausend Heimatvertrieben
aus den ehemaligen Ostgebieten stellt Anfangs eine
große Belastung für die Stadt dar, in der der Wohnraum
knapp wird. Das durch das Wirtschaftswunder aufblühende
Handwerk und die Industrie profitieren jedoch von
den Zuwanderern: Die sich neu ansiedelnden Unternehmen
der Nahrungs-, Genussmittel- und Verpackungsindustrie
sowie des Maschinenbaus finden so viele zusätzlich
zur Verfügung stehende Arbeitskräfte.
Um
den Stadtkern der aufstrebenden zu entlasten und
die Neubaugebiete besser anzubinden beginnt man
1962 mit der Planung und dem Bau des Mittleren Ringes.
Und da der alte Kopfbahnhof dem steigenden Transportaufkommen
nicht mehr gerecht wird, entsteht ab 1965 etwas
weiter südlich ein neuer Durchgangsbahnhof, der
1969 in Betrieb geht. Er wird von den Zügen der
Illerbahn, der Allgäubahn und der Außerfernbahn
angefahren.
Mit der Eingliederung der Gemeinden
St. Mang und St. Lorenz im Jahr 1972 steigt die
Einwohnerzahl der Stadt von 45.000 auf 57.000 und
das Stadtgebiet vergrößert sich um mehr als 250
Prozent auf knapp 65 Quadratkilometer.
Heute
leben in Kempten etwa 68.000 Einwohner. Und spätestens
seit der Gründung der Fachhochschule im Jahr 1977 und
dem Bau des Eisstadions 1978
ist die Stadt nicht nur gesellschaftliche, kulturelle
und wirtschaftliche, sondern auch wissenschaftliche
und sportliche Metropole des Allgäus.
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