Foto-Reisebericht
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Lippstadt
Vom
Bahnhof zum Niemöller-Haus
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Von
der A44 kommend erreichen wir Lippstadt über die B55,
folgen den Ausschilderungen "Zentrum" und "Bahnhof",
biegen direkt hinter dem Bahnübergang rechts ab und
finden auf der rechten Straßenseite einen Parkstreifen mit reichlich
freien Plätzen. Hier kann man gegen Gebühr ganztägig
parken und im Schatten der hohen Bäume heizt sich der
Wagen nicht so stark auf.
Direkt beim Aussteigen
sehen wir, dass wir in der Bahnhofstraße sind.
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Vom
Parkplatz aus sind es nur wenige Schritte bis zum modern
gestalteten und barrierefreien Empfangsgebäude des Bahnhofs
von Lippstadt.
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Wir
überqueren den sauberen und mit Laubbäumen begrünten
Bahnhofsvorplatz und biegen nach links in die Straße
"Am Bernhardbrunnen" ein, die uns zum gleichnamigen
Brunnen am Anfang der Fußgängerzone "Lange Straße"
führt.
Hoch oben auf dem Bernhardbrunnen steht
die Statue von Bernhard II. zu Lippe, der die Stadt
im Jahr 1184 als "Stadt tor Lippe" gründete. Der Gefolgsmann von Heinrich dem Löwen wurde um
1140 auf Burg Lipperode geboren. Nach einer schweren
Krankheit trat er in das Zisterzienserkloster Marienfeld
ein, wurde Abt im Kloster Dünamünde, Bischof von Selonien
und Mitglied des Schwertbrüderordens. Bernhard II. missionierte
im Osten und verstarb am 30.04.1224 in Lettland.
Der
Verleger Carl Laumann hatte Anfang des 20. Jahrhunderts
die Idee, dem Stadtgründer ein Denkmal zu setzen. Er
überzeugte den Magistrat der Stadt, der den aus Lippstadt
stammenden Künstler Albert Pehle im Jahr 1914 mit der
Ausführung beauftragte, kriegsbedingt konnte man Pehles
Werk aber erst 1920 einweihen.
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Vom
Bernhardbrunnen aus folgen wir der am frühen Morgen
noch schwach besuchten Lange Straße Richtung Rathaus.
Die
Lange Straße wurde in den 1960-er Jahren zwischen dem
Bernhardbrunnen und dem Rathausplatz für den Individualverkehr
gesperrt und zur Fußgängerzone umgestaltet. Sie hat
sich seitdem zu Lippstadts Shopping-Meile entwickelt,
in der man neben einer Vielzahl von Einzelhandelsgeschäften
auch Straßencafés und Eisdielen findet.
Von hier
aus sehen wir schon den Turm...
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der im 13. Jahrhundert errichteten Jakobikirche,
deren Turmhaube erst im Jahr 1755 ergänzt wurde.
Die
gotische Hallenkirche wurde Jakobus
dem Älteren geweiht, dem Schutzheiligen der Kaufleute
und Pilger.
Besichtigen können wir die Jakobikirche
leider nicht, sie ist verschlossen. Vielleicht weil
das Gotteshaus seit dem Herbst 2007 auch für weltliche
Veranstaltungen wie Konzerte, Ausstellungen und Vorträge
genutzt wird.
Neben der Kirche steht das moderne
Glockenspiel, eine Stiftung der ortsansässigen Firma
Hella KG, das 1985 anlässlich des 850-jährigen Stadtjubiläums
aufgestellt wurde.
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Hier
findet man auch das Denkmal für den großen Sohn der
Stadt: Martin Niemöller. Emil Gustav Friedrich
Martin Niemöller wurde am 14. Januar 1892 in Lippstadt
geboren. Der Sohn eines lutherischen Pfarrers schlug
nach seiner Schulzeit bei der Kaiserlichen U-Boot-Flotte
die Offizierslaufbahn ein und diente während des 1. Weltkrieges
als Steuermann, Erster Offizier und Kommandant.
Nach
dem Krieg studierte Niemöller in Münster
Theologie und wurde Pfarrer. Weil er die Kirchenpolitik
der Nationalsozialisten offen angriff, wurde der Widerstandskämpfer
mehrfach
verhaftet, zu einer Haftstrafe verurteilt und in das
Konzentrationslager Sachsenhausen überstellt. Einer
geplanten Hinrichtung entging er nur, weil die internationale
Presse den "Fall Niemöller" aufgriff und öffentlich
machte. Kurz vor Kriegsende wurde er während eines Gefangenentransportes
befreit. Nach dem Krieg war Martin Niemöller
Präsident der Evangelischen Kirche Hessen-Nassau, Präsident
des Ökumenischen Rates der Kirchen und
schließlich Präsident des Weltkirchenrates. Vielfach
geehrt verstarb er am 6. März 1984 in Wiesbaden.
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Hier
entdecken wir am "Haus Rose" auch die erste
von einer ganzen Reihe sehenswerter Lippstädter Haustüren.
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Wir
folgen weiter der Lange Straße, die übrigens ihrem Namen
alle Ehre macht, passieren an der Ecke
zur Spielplatzstraße das Fachwerkhaus "Haus Brülle"
aus dem Jahr 1646, in dem heute der Herrenausstatter
Kleine seinen Sitz hat...
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und sehen uns die Verzierungen
über dem heute verglasten, ehemaligen Tor des Gebäudes an.
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Vorbei
am ehemaligen Postamt mit dem interessanten Erker...
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kommen wir zum "Haus Köppelmann", das um 1720
vom preußischen Festungskommandant Graf Retberg gebaut
wurde. Im Jahr 1800 kaufe Wilhelm Köppelmann
das Patrizierhaus, um es als Hotel zu nutzen. Hier übernachteten
neben anderen auch Friedrich der Große, Zar Alexander,
Theodor Heuss und Konrad Adenauer. 1969 wurde
der Hotelbetrieb eingestellt. Den reich verzierten Rokoko-Festsaal
im Obergeschoß kann man heute bei einer guten Tasse
Kaffee des "Café im Köppelmann" bewundern.
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Wenige
Schritte weiter erreichen wir das historische Rathaus von
Lippstadt.
Ein erstes Rathaus stand hier bereits
im 12. Jahrhundert. Da 1772 der Einsturz des baufällig
gewordenen
Gebäudes drohte, wurde es kurzer Hand abgerissen und
in den Jahren 1773/74 durch einen klassizistischen Neubau
ersetzt.
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Das
Obergeschoss erreicht man
über die breite Freitreppe und durch ein sehenswertes
Rokoko-Portal.
Hier hatte früher nicht nur die Stadtverwaltung
ihren Sitz, das Gebäude wurde während seiner über zweihundertjährigen
Geschichte auch als Polizeistation, Gefängnis und Schule
genutzt.
Heute dient es überwiegend
kulturellen und repräsentativen Zwecken.
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Über
dem Portal erkennt man den preußischen Adler, das Stadtwappen
und die Lippische Rose.
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Die
historische Rokokotür am Gebäude Lange Straße Nr. 17 fand
man früher in der Cappelstraße.
Erst 1999 kam das
Prunkstück in
den Besitz der Familie Peters, die bis Februar 2009
hier am Rathausplatz das "Café Peters" betrieb, die "Gute
Stube" von Lippstadt.
Nach der altersbedingten
Aufgabe findet man hier seit Juli 2009 eine Filiale
des bundesweit operierenden "Café Extrablatt".
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Die
Nordostecke des weiten Rathausplatzes begrenzt das um
1780 errichtete Stadtpalais, das lange Jahre als hochkarätiges
Gästehaus diente. Hier übernachteten u. a. 1799
König
Friedrich Wilhelm III. mit Königin Luise und 1825
der König
von Preußen und der Kronprinz.
Von 1852 bis 1856 hatte
hier Herzog Eugen V. von Württemberg seinen Sitz,
der damals Kommandant des in Lippstadt stationierten
8. Husaren-Regiments war.
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Heute
wird das Stadtpalais zu repräsentativen Zwecken genutzt,
und hier ist das Standesamt der Stadt untergebracht.
Mit seiner Freitreppe bietet das Gebäude einen tollen
Rahmen für standesamtliche Trauungen!
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Vor
dem Stadtpalais steht der von Professor Bonifatius Stirnberg
1988 geschaffene Bürgerbrunnen. Die neun beweglichen
Figuren repräsentieren mit der Stadt verbundene historische
Persönlichkeiten:
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Bürgermeister Bertram gründete
die Armenkasse und seiner Beharrlichkeit war es mit zu verdanken, dass
die Bahnlinie Hamm - Paderborn über Lippstadt geführt
wurde. Bernhard II. gründete die Stadt, der
Mönch Westermann brachte 1524 die Reformation
nach Lippstadt. Gräfin Amalie weilte während
der Besetzung durch die Hessen hier, Friedrich
der Große besuchte die Stadt mehrfach als deren Landesherr,
und
Simplicissimus soll während des
Dreißigjährigen Krieges auch in Lippstadt sein Unwesen
getrieben haben.
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Bäuerin, Kaufmann und Gerber stehen
für die ehemals einflussreichen Zünfte der Stadt.
Warum der Gerber dem Rathaus wohl die Kehrseite zuwendet?
Weitere
sehenswerte Brunnen von Bonifatius Stirnberg sind der Amtsschimmel-Brunnen
in Wangen, der Bonifatius-Brunnen
im nahen Bad Sassendorf, der Insektenbrunnen
in Viersen und der Puppenbrunnen
in Aachen.
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Vom
Rathausplatz führt die Lange Straße weiter in Lippstadts
Norden, ab hier allerdings nicht mehr als Fußgängerzone.
In diesem Bereich sieht man eine Reihe schöner Schieferfassaden.
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Ein
Highlight unseres Stadtrundganges ist das wunderschöne
Fachwerkhaus von 1566 mit dem Gasthof "Goldener Hahn" in
der Lange
Straße Nr. 12.
Uns beeindrucken nicht nur die
Zierschnitzereien an den Balken und Rosetten der oberen Stockwerken und über
dem breiten Tor, ...
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auch das historische Wirtshausschild mit dem Goldenen
Hahn ist sehenswert.
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Schräg
gegenüber wirbt ein weiteres Schild für die Einhorn-Apotheke.
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Am
Ende der Lange Straße erreichen wir den von den Seitenarmen der Lippe
umschlossenen "Lippebug", der Ende des letzten Jahrhunderts
im Rahmen
von Baumaßnahmen zur dringend notwendig gewordenen Verbesserung des Hochwasserschutzes entstand.
Lippstandt wurde in seiner Geschichte mehrfach von katastrophalen
Überschwemmungen heimgesucht.
In der gepflegten
Grünanlage mit farbenprächtigen Blumenbeeten...
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stehen und sitzen mehrere Skulpturen, darunter der "Narr" von Wilfried Koch.
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Das
gegenüberliegende Ufer wurde früher durch das Lipper
Tor gesichert, heute findet man dort das Hotel "Lippe-Residenz".
Davor
erkennt man mehrere nummerierte Tore der Kanu-Slalomstrecke
auf der Lippe, die bei Bedarf durch das Umleiten von
Kanälen und dem Öffnen vor Wehren zu einer sehr schwierigen
Strecke für Wildwasser-Kanuten gemacht werden kann,
auf der regionale und deutsche Meisterschaften ausgefahren
werden.
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Die Erfolgsbilanz
der Kanuten des WSC Lippstadt kann sich sehen lassen:
Sie errangen bisher 8 Weltmeister- und 10 Vizeweltmeistertitel.
Erfolgreichste Lippstädter Sportlerin ist die sechsfache
Kanu-Weltmeisterin Ulrike Deppe.
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Den
östlichen Teil der Lippe-Insel kaufte 1870 ein Hotelier,
der kurz darauf unter den schattenspendenden Bäumen
ein Gartenlokal eröffnete, das von den Lippstädtern
gerne angenommen und in Anlehnung an den Vergnügungspark
in Kopenhagen "Tivoli" genannt wurde.
Um
die Jahrhundertwende wurde aus dem einfachen Gartenlokal
ein mit Ecktürmchen und Loggien versehenes, immer noch
idyllisch gelegenes Fachwerkhaus, hinter dem ein kurzer
Waldweg....
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zum "Steinwehr" im Grünen Winkel führt.
Das
ursprünglich hier vorhandene hölzerne Wehr wurde 1711
durch das heutige Wehr aus Steinen ersetzt, mit
dessen in zehn Durchlässen an Ketten hängenden Holzbohlen
der Wasserdurchfluss in die Kanäle und Sicherungsgräben
deutlich besser reguliert werden kann.
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Kurz
hinter dem Steinwehr überquert der "W. Mattenklodtsteg"
die Lippe und führt zu Lippstadts Hausberg, dem "Laumannshügel",
der nach dem Verleger Carl Laumanns benannt wurde, auf
dessen Namen wir schon beim Bernhardbrunnen gestoßen
sind.
Der 1933 errichtete Steg wurde nach dem Lippstädter Wilhelm
Mattenklodt benannt, der als Kolonialkämpfer nach Afrika ging und
dort als Farmer und Großwildjäger sein Glück machte.
Mit seinen Büchern "Afrikanische Jagden und Abenteuer"
und "Verlorene Heimat: Als Schutztruppler und Farmer in
Südwest" wurde er auch als Autor bekannt.
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Vom
Steg aus sehen wir ein auf der Lippe schwimmendes Gewächshaus,
das uns ins Grübeln bringt: Wir können uns nicht vorstellen,
dass Kleingärtner ihre Aufzucht auf diese Art vor Tomaten- und Salat-Räubern
schützen müssen.
Ein netter Passant erklärt uns, dass
es sich bei dem vor uns schwimmenden Gewächshaus um
das Kunstwerk "Arche"
handelt, das mit seinen am Abend bunt leuchtenden Neon-Zeichen Teil
der "Lippstädter Lichtpromenade" ist.
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Auf
der Lippe-Landzunge links des Mattenklodtsteges wartet
ein unter hohen Laubbäumen gelegener Biergarten auf
Wanderer, Radfahrer und Kanuten.
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Von
Steg aus sehen wir auch die nahe gelegene gotische "Brüderkirche", die
im 14. Jahrhundert
von Mönchen des im
Jahr 1280 gegründeten Augustinerklosters gebaut wurde.
Bedeutendster Mönch dieses Klosters war
wohl Johannes Westermann, der nach seinem Theologiestudium
in Wittenberg nach Lippstadt zurückkehrte, die neue
Lehre Martin Luthers verkündete und der Reformation
den Boden bereitete.
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Das Augustinerkloster wurde
1542 aufgegeben, die ehemalige Klosterkirche, die nur
über ein Seitenschiff verfügt, blieb jedoch erhalten.
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Südlich
der Brüderkirche erreichen wir die "Brüderstraße" und
das von 1718 - 1720 als Pfarrhaus errichtete Geburtshaus
von Martin Niemöller, dessen Denkmal wir neben der Jakobikirche
in der Lange Straße sahen.
Der Widerstandskämpfer
und bedeutende Kirchenmann wurde hier im "Niemöller-Haus"
am 14. Januar
1892 als Sohn des lutherischen Pfarrers Heinrich Niemöller
und dessen Frau Paula geboren.
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