Foto-Reisebericht -
Reiseführer - Reise-Info Hansestadt
Lübeck Vom Bahnhof
zum Holstentor
und zum Rathaus
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Wir
erreichen Lübeck am frühen Vormittag und setzen hier unsere
in der Toskana
erprobte Parkstrategie ein: wir fahren zum Hauptbahnhof und
finden dort auf Anhieb eine Parkmöglichkeit. Lübeck wurde
im Jahr 1865 - zunächst eingleisig - durch die "Lübeck-Büchener-Eisenbahn"
an das Schienennetz Richtung Hamburg angebunden, zwischen 1881
und 1891 wurde die Strecke bis Heiligenhafen verlängert.
Über
den zwischen Holstentor und Puppenbrücke gelegenen ersten Lübecker
Bahnhof konnte der sprunghaft ansteigende Verkehr schon bald
nicht mehr abgewickelt werden, so dass es 1907 zur Verlagerung
und zum Bau des heutigen, deutlich größeren Empfangsgebäudes
im Jugendstil kam.
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Auf
dem Lindenplatz passieren wir zwei Bronzedenkmäler: das Reiterstandbild
auf der linken Seite wurde 1921 von Louis Tuaillon geschaffen
und erinnert an
Kaiser Wilhelm I., ...
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das Bismarck-Denkmal gegenüber schuf Hans
Hundrieser im Jahr 1903.
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Die
1773 errichtete Puppenbrücke - die erste Steinbrücke der Hansestadt
- ist mit acht Figuren und vier Sandsteinvasen
verziert und überspannt den ehemaligen Stadtgraben.
Die
von Diederich Jürgen Boy geschaffenen "Puppen" stellen
die Bürgertugenden als römischen Krieger, Neptun für die Ostsee,
Merkur als Götterboten und Schutzgott des Handels, den Flussgott
für die Trave sowie den Frieden, die Freiheit, die Eintracht
und die Klugheit dar.
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Der
Götterbote Merkur
zeigt dem Betrachter (und allen Holsteinern?!) seinen nackten Po. Emanuel Geibel schrieb
dazu folgenden Vers:
"Zu Lübeck auf der
Brücken, da steht der Gott Merkur, er zeigt in allen
Stücken olympische Figur. Er wusste nichts von Hemden
in seiner Götterruh, drum kehrt er allen Fremden den
blanken Podex zu."
Das Berühren von Merkurs
nacktem Hinterteil soll dem Vernehmen nach in die Hansestadt
zurückführen, aber wer klettert schon gerne am helllichten Tag
in einer fremden
Stadt auf die hohe Brüstung einer Brücke...
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Nach
wenigen Metern erreichen wir das Holstentor. Mit dem Bau dieses
Bollwerks sicherte man ab dem Jahr 1478 die Holstenbrücke, die
außerhalb der eigentlichen Stadtbefestigung die Trave überquerte
und die den westlichen Zugang zur Stadt öffnete.
Die
Feldseite dieses mächtigen, von Hinrich Helmstede geplanten
Stadttores ist mit horizontalen
und schräg nach unten verlaufenden Schießscharten für Handfeuerwaffen
und Öffnungen zu 18 Geschützkammern versehen; die Mauern
sind hier bis zu 3,5 Meter dick. Über dem Durchgang findet man
die Inschrift "Concordia
Domi Foris Pax" - "Eintracht im Inneren, Friede Draußen".
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Die
Stadtseite des im 18. Jahrhundert renovierten Holstein-Tores
zeigt zwischen den Jahreszahlen 1477 und 1871 die Inschrift "S.P.Q.L." -
"Senatus Populusque
Lubecensis" - "Senat und Volk von Lübeck", die
allerdings erst nachträglich im Rahmen der Renovierung angebracht
wurde. Anders als die Feldseite schmücken Ornamente,
Wappenschilder und Terrakotta-Friese die fensterreiche und der
Stadt zugewandten Fassade. Das im Laufe der Jahrhunderte
tief ins Erdreich eingesunkene Holstentor - die Schießscharten
des Erdgeschosses liegen inzwischen unter der Erdoberfläche
- beherbergt heute
das dem Lübecker Fernhandel gewidmete Museum Holstentor.
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Am
Giebel des zwischen Nord- und Südturm gelegenen Mittelbaus erkennt
man im Mittelturm eine um 1470 geschaffene gotische Madonnenfigur
mit Kind, die 1992 nach starker
Verwitterung von dem Bildhauer Paul Heinrich Gnekow neu geschaffen
wurde.
Das Holstentor war das mittlere von drei hintereinander
gestaffelten Toren, das innere Tor wurde 1828 abgerissen, 1853
folgte das Äußere.
Dass wir das Holstentor heutzutage
überhaupt noch bewundern können verdanken wir der Mehrheit einer
einzigen Stimme in der Lübecker Bürgerschaft, mit der 1863 der
beantragte Abriss zugunsten
einer Erweiterung der Bahnanlagen knapp abgewendet werden konnte.
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Hinter
dem Holstentor biegen wir nach links in die Straße "An
der Untertrave" ein und schlendern am Ufer der Stadt-Trave
entlang bis zum rot leuchtenden Feuerschiff
Fehmarnbelt, das 1908 in Dienst gestellt wurde und dessen
Leucht- und Funkfeuer bis 1984 aktiv waren.
Nach der
Außerdienststellung wurde es nach Lübeck überführt und kann
nun an seinem letzten Ankerplatz vor der Musik- und Kongresshalle
besichtigt werden, ...
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auf
deren Dach die von Thomas Schütte geschaffene Figurengruppe an die mehr
als 100.000 Flüchtlinge erinnert, die nach 1945 aus dem Osten kommend
in Lübeck aufgenommen wurden.
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Im
angrenzenden Museumshafen liegen Oldtimerschiffe und Traditionssegler,
...
... darunter die nach dem berühmten norwegischen Polarforscher benannte
"Fridtjof
Nansen".
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Am
Tesdorpf-Haus verlassen wir die Trave und biegen in die Mengstraße
ein.
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Das
filigran verzierte Renaissanceportal des
Tesdorpf-Hauses lässt die über Jahrhunderte gleichgebliebene
Nutzung erkennen: es ist seit seiner Gründung durch Peter Hinrich
Tesdorpf im Jahr 1678 das älteste Weinimporthaus Deutschlands.
Hier
sollte man den berühmten "Lübecker Rotspon" genießen,
einen französischen Rotwein, dessen Name auf den Schiffstransport
in Holzfässern zurückgeht (Spon = Span - Holzfass) und der durch
die Seereise einen besonders milden Geschmack bekam, wegen dem
er in ganz Nordeuropa begehrt war.
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Wenige
Schritte weiter stehen auf der gleichen Seite der Mengstraße
Kaufmannshäuser
mit sehenswerten Renaissancefassaden.
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Daneben
befindet sich das Schabbelhaus, ein altes Lübecker Kaufmannshaus,
das bereits im 13. Jahrhundert erwähnt wurde und dessen
Name auf den Bäckermeister und Konditor Heinrich Schabbel zurückgeht,
der Anfang des 20. Jahrhunderts die stolze Summe von 125.000
Goldmark für den Kauf eines Hauses stiftete, in dem Lübecker
Altertümer ausgestellt werden sollten.
Das ursprünglich
von der Stadt angekaufte Gebäude, in dessen Erdgeschoss die
Lübecker Kaufmannschaft eine Gaststätte einrichtete, wurde
- wie viele andere Gebäude der Stadt - im Bombenhagel der Nacht
des Palmsonntag 1942 vollkommen zerstört.
Da ein Wiederaufbau
unmöglich war, kaufte die Stadt nach dem Krieg das abgebildete
Gebäude und ließ ein neues "Schabbelhaus" im Sinne
des spendablen Bäckermeisters entstehen.
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Etwas
weiter bergauf steht an der Ecke Mengstraße / Fünfhausen das
Verlags- und Druckhaus Schmidt-Römhild, das seit 1579 besteht
und das älteste
deutsche Verlagshaus in Privatbesitz ist.
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Gegenüber
ragen - auf der höchsten Stelle von Lübeck - die 125 Meter
hohen Türme der Marienkirche in den wolkenlosen Himmel.
Mit
dem Bau der gotischen Backsteinkirche wurde nach dem Abbrand
der hölzernen Vorgängerkirche nach französischen Vorbildern
1251 begonnen, vollendet wurde sie 1350.
Die
drittgrößte Kirche Deutschlands diente als Bürger- und Ratskirche
und stand als Wahrzeichen für eine freie und stolze Lübecker
Bürgerschaft, die St. Marien bewusst den Dom des Bischoffs überragen
ließ. |
Neben
dem Eingangsportal
sitzt ein Teufel auf seinem Teufelsstein (links im Bild), um
den sich folgende Geschichte rankt: Beim Erstellen der
Grundmauern von St. Marien glaubte der Teufel, dass die Lübecker ein Wirtshaus erstellen. Das gefiel ihm ausgesprochen
gut, konnte er in Gaststuben doch schon so manche Seele einfangen.
Also half er den Bürgern beim Bau.
Es war nur eine Frage der Zeit, bis der Teufel erkannte, was
da wirklich gebaut wurde; er tobte vor Wut und schleppte den
Teufelsstein heran, um den begonnenen Kirchenbau zu zerstören.
Die Bürger konnten den wilden Gesellen
nur mit dem Versprechen stoppen, direkt daneben eine Weinstube zu bauen.
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Der
Teufel ließ den Felsbrocken vor der Kirchenmauer fallen
und die Lübecker bauten nebenan ihren Ratsweinkeller.
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Das
Mittelschiff der dreischiffigen Pfeilerbasilika ist fast 40
Meter hoch.
St. Marien diente lange Zeit im gesamten Ostseeraum
als Vorbild für Kirchenbauten, unter anderem auch beim Bau der
gotischen Nikolai-Kirche
in Wismar.
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An
den Seiten des Mittelschiffes findet man eine Reihe von Heiligenfresken,
die nach den schweren Zerstörungen der Bombennacht 1942 durch
den Lübecker Künstler Lothar Malskat restauriert und um eigene
Entwürfe ergänzt wurden, was zum größten Kunstfälscherskandal
der Nachkriegsgeschichte führte.
Malskats Eigenkompositionen
wurden in der Folge wieder entfernt.
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Im
Bombenhagel brannten nicht nur die Dächer von St. Marien, der
Glockenstuhl ging ebenfalls in Flammen auf und bevor das Dach
und die Turmhelme einstürzten, stürzten die Glocken aus 60
Meter Höhe ab und schlugen in den Boden des Südturmes.
Hier
liegen sie auch heute noch als Mahnmal gegen den
Krieg und zum Gedenken der Kriegsopfer.
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Nach
der großen Zerstörung wurde im Rahmen des Jahrzehnte dauernden
Wiederaufbaus auch die berühmte Große Orgel auf der Westempore
im Jahr 1968 von der Lübecker Orgelbaufirma Kemper und Sohn
durch eine neue Orgel ersetzt,
mit 8512 Pfeifen, 101 Registern und 5 Manualen
die größte mechanische Orgel
weltweit.
Berühmte Organisten in St. Marien waren
Franz Tunder und besonders dessen Nachfolger und Schwiegersohn
Dietrich Buxtehude, der hier von 1667 bis 1707 wirkte und dessen
als Abendmusik bezeichneten Orgelkonzerte außerhalb von Gottesdiensten
nicht nur Georg Friedrich Händel und Johann Mattheson nach Lübeck
zog, auch der junge Johann Sebastian Bach kam hierher, um bei
Meister Buxtehude zu lernen.
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Im
Haupt- und in den Seitenschiffen der Marienkirche findet man
reich verzierte Skulpturengruppen und Gedenktafeln.
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Im
Hochaltar befindet sich der Antwerpener Marien-Flügelaltar aus
dem 15. Jahrhundert, dessen vergoldete Holzschnitzereien
die von Aposteln umgebene Maria darstellen.
Das hängende
Kruzifix wurde um 1960 geschaffen.
Aus dem 14. Jahrhundert
stammt das reich verzierte, bronzene Taufbecken, das von drei
knienden Engeln getragen wird. |
Die
in der Totentanzkapelle aufgestellte Astronomische Uhr schuf der Lübecker Uhrmachermeister
Paul
Behrens im Jahr 1969 als Ersatz für das in der Bombennacht von
1942 verlorenen
gegangene Original aus dem 16. Jahrhundert. Die mechanisch
bewegten Planeten- und Kalenderscheiben zeigen die Tierkreiszeichen,
den Tag und den Monat sowie den Sonnen- und Mondstand.
Um
12 Uhr Mittags erklingt das Glockenspiel, bei dem sich unterschiedliche Völker darstellende Figuren um den segnenden
Christus drehen.
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Der
Arkadengang an der Rückseite des Kanzleigebäudes verbindet
St. Marien mit dem daneben stehenden Rathaus und wurde von
den Ratsherren regelmäßig genutzt, denn vor jeder Ratssitzung
war der Kirchgang Pflicht.
Wir benutzen der Durchgang
zwischen Kanzleigebäude und Rathaus, um...
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in der Breite Straße das sehenswerte Marzipan-Museum im Stammhaus von Niederegger zu besuchen.
Der in jungen
Jahren aus Ulm übergesiedelte Konditormeister Johann Georg Niederegger
begründete den Ruhm des Lübecker Marzipans: 1873 wurde Niedereggers
Marzipan auf der Wiener Weltausstellung prämiert und weltbekannt, Niederegger
wurde Hoflieferant des Kaiserhauses.
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Erfunden
hat Niederegger das Marzipan allerdings nicht: Das aus Mandeln und Zucker
hergestellte "Manteban" kam schon im Mittelalter aus
Syrien nach Europa und wurde - nicht nur in Lübeck - nach geheimen
Rezepturen zubereitet und in Apotheken als teueres Heil- und
Stärkungsmittel verkauft. Als Napoleon Bonaparte Anfang
des 19. Jahrhunderts mit der Kontinentalsperre ein totales
Handelsembargo verhängte, wurden die Rohstoffe zur Marzipan-Herstellung
knapp. Erst mit der Gewinnung von Rübenzucker wurde eine
Massenproduktion möglich und der Genuss für alle Bürger erschwinglich.
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Die
Figurengruppe im Marzipan-Salon gibt weitere Informationen
zum Thema, sehenswert ist auch die Marzipan-Kogge "Adler
von Lübeck" im Maßstab 1:20.
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Gegenüber
sehen wir die Ostseite des Lübecker Rathauses, dessen aus dem
Jahr 1594 stammende, aus Sandstein gefertigte Renaissancetreppe
in die Kriegsstube
des Lübecker Rates führte.
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Der
geschnitzte Erker an dem etwas weiter rechts auf Arkaden ruhenden
Langen Haus, das auch Danzelhuus genannt wurde, ist noch älter,
er wurde 1586 geschaffen.
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Durch
die Arkaden erreichen wir den Lübecker Markt, der vom "Kriegsstubenbau"
aus dem Jahr 1440, auch "Neues Gemach" genannt, dem
"Langen Haus" von 1308 und der hohen Schaufassade
begrenzt wird, die man im 15. Jahrhundert mit großen Windlöchern
versah, um den auf der Mauer lastenden Winddruck zu minimieren.
Vor dieser Schauwand errichtete
man im
16. Jahrhundert einen
Renaissance-Vorbau aus grauem Sandstein, der einen schönen Kontrast
zu den rötlichen Backstein-Fassaden bildet.
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Die
Lübecker bezeichnen ihr im Jahr 1230 begonnenes und in unterschiedlichen
Baustilen mehrfach erweitertes Rathaus, das übrigens auch heute noch
als solches genutzt wird, als "Steinernes Märchen"
- wir finden ganz zu Recht, denn auch uns kommt es wie ein Märchenschloss vor.
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Und
unser Eindruck wird im Inneren des Rathauses noch verstärkt.
Besichtigen
kann man das Rathaus nur im Rahmen geführter Touren,
die in aller Regel dreimal täglich stattfinden.
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Sehenswert ist neben
dem Bürgerschaftssaal...
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und dem Roten Saal...
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auch der Audienzsaal aus dem 18. Jahrhundert...
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...
mit allegorischen
Wandbildern von Stephan Torelli...
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und einer Renaissancetür von Tönnies
Evers dem Älteren aus dem Jahr 1573. Das Motiv dieser Tür - das Urteil
Salomons - weisst darauf hin, dass der Audienzsaal auch als Gerichtssaal genutzt
wurde.
Auch die unterschiedlich hohen Türen haben eine Symbolik:
die Verurteilten hatten beim Verlassen des Raumes die niedrige
Tür zu benutzen und sich dabei zwangsweise zu beugen. Der Rat
und die Richter durchschritten erhobenen Hauptes die hohe Tür.
Weitere
Details zum Rathaus, dessen Räumlichkeiten und deren Geschichte
und Geschichtchen erfährt man im Rahmen einer preiswerten, informativen
und gekonnt durchgeführten Rathausführung, die dreimal täglich
durchgeführt wird.
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Sie dürfen uns nun erhobenen
Hauptes zum zweiten
Teil unseres Lübeck-Rundgangs folgen: Vom Kanzleigebäude
zum Burgkloster und Burgtor
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