Foto-Reisebericht
- Reiseführer - Reise-Info
Maaseik "Von
der Pater Sangersbrug zum Grote Markt"
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Wir
erreichen die Stadt Maaseik über die "Pater
Sangersbrug", die die Maas überquert und die
das niederländische Ufer mit dem belgischen verbindet.
Die
Brücke trägt den Namen des belgischen Pfarrers und
"Kruushieër" Wilhelm Sangers, der sich für die Erhaltung
der Maasländer Mundart und die Verständigung der
Völker verdient gemacht hat.
Pater
Sangers
unterstützte mit einer Vielzahl von Publikationen
auch das geteilte Limburg, das 1839 durch den Vertrag
von London in eine belgische und eine niederländische
Provinz gespalten wurde.
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Wir
haben Glück und finden einen freien Parkplatz direkt
neben der Brücke am Maas-Ufer.
Nachdem der
Wagen abgestellt ist, überqueren wir die mehrspurige
N78 und beginnen unseren Stadtrundgang durch Maaseik
vor dem "Wohnpflegezentrum
Maaspoorte".
Von hier aus erreicht man
nach
wenigen Metern...
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die auf der rechten Straßenseite der Sionstraat
gelegene und im Maasländer Stil errichtete Scheune
des "Agnetenklosters" aus dem 15. Jahrhundert.
Das im Jahr 1245 gegründete
Kloster wurde durch Lütticher Soldaten 1482 in Schutt
und Asche gelegt und ab 1485 neu errichtet.
Wegen
seiner Größe wurde es auch "Grot Klooster"
genannt.
Es erstreckte sich von der Sionstraat
und der sich anschließenden Grote Kerkstraat bis
zur nördlichen Stadtumwallung.
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In
der Grote Kerkstraat steht die Kirche "Sint
Catharinakerk".
Sie
ersetzte 1845 eine Vorgängerkirche, deren Dach im Jahr
1800 bei einem schweren Sturm zerstört wurde.
Nachdem
zwei Jahre später die Taufkapelle und im Jahr 1804
auch der Kirchturm als Folge des Sturmschadens eingestürzt
waren, nutzte man übergangsweise
die nahe gelegene "Minderbroederskerk".
1837 entschied sich die
Gemeinde dann für
einen Neubau, den der Architekt H. Leemans im neoklassizistischen
Stil plante.
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Mit den Bauarbeiten
konnte 1840 begonnen werden, fünf Jahre später wurde
das Gotteshaus der Heiligen Catharina
geweiht. Der Turm wurde in den Folgejahren
nach den Plänen des belgischen Architekten Herman
Jaminé hochgezogen und 1859 fertig gestellt.
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Das
Langhaus der dreischiffigen, aus Mergelsteinen errichteten
Basilika wird von schlanken Säulen getragen.
Die
an das Langhaus angrenzenden Seitenschiffe verfügen
über Rundbogenfenster, das Langhaus selbst wird
durch insgesamt 16 Fenster oberhalb der Seitenschiffe
erhellt.
Im Hauptschiff hängt ein großes,
bemaltes Triumphkreuz aus dem Jahr 1910.
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Im
halbrunden Chor der Sint Catharinakerk gefällt uns
der säulenverzierte Hauptaltar mit einem Altarbild
aus dem 17. Jahrhundert, dass die Himmelfahrt
von Maria darstellt.
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Sehenswert
sind auch die wunderschönen Glasmalereien der Rundbogenfenster.
Sie entstanden im Jahr 1869 und zeigen die zwölf
Apostel, abgebildet ist der Heilige Johannes.
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Auf
der Empore über dem Eingang des Gotteshauses ist
die im 18. Jahrhundert geschaffene, mit Figuren
und Ornamenten schön verzierte Orgel untergebracht.
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Den
Seitenaltar im südlichen Seitenschiff schmückt eine
Marmorstatue des Heiligen Antonius
von Padua.
Durch das nördliche Seitenschiff
erreicht man nach Zahlung eines kleinen Obolus die
Krypta der Sint Catharinakerk, in der der weit über
die Grenzen der Region hinaus bekannte Kirchenschatz
besichtigt werden kann.
Das wohl wichtigste
Dokument des "Kerkschatten" ist der "Codex Eyckensis"
aus dem 8. Jahrhundert, das
älteste Evangelium Belgiens.
Nur etwa 200 Jahre jünger ist das Evangelium
von Maaseik, das im 10. Jahrhundert entstand.
Ausgestellt sind auch ein Schrein mit Reliquien von Harlindis und Relindis sowie wertvolle
Gewänder aus Damast und Seide.
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Nachdem
wir die Sint Catharinakerk wieder verlassen haben,
folgen wir der Grote Kerkstraat und passieren eine
Nische
mit einer weiteren Statue des Heiligen Antonius aus dem Jahr 1898.
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Die
Grote Kerkstraat ist bei unserem Besuch gesperrt und mit einem Parkverbot belegt, ...
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weil auf dem weitläufigen Marktplatz der Stadt ein
internationales Beachvolleyball-Turnier ausgetragen wird.
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Im
Zentrum des Grote Markt erinnert ein von dem Bildhauer
Leopold Wiener aus Brüssel geschaffenes und
von König Leopold I. am 5. September 1864 eingeweihtes
Denkmal an
Jan und Hubert van Eyck, die wohl größten
Söhne der Stadt.
Hubert van Eyck wurde um
1370 in der Stadt geboren, Jan erblickte hier zwanzig
Jahre später das Licht der Welt. Lange Zeit glaubte
man, die beiden seien Brüder gewesen, was heute
aber nicht mehr als gesichert gilt.
Hubert
van Eyck war Maler am Hof von Philipp dem Guten
von Burgund und wurde einer der bekanntesten flämischen
Maler: 1420 begann er mit den Arbeiten des berühmten
"Genter
Altars", auf dessen Rahmen auch sein Name
zu finden ist. Er verstarb mittellos im September
des Jahres 1426.
Jan van Eyck, der erst als
Hofmaler in den Diensten des Herzogs Johann von
Bayern stand und nach dessen Tod ebenfalls am Hofe Philipps
des Guten wirkte, setzte die Arbeiten an dem grandiosen Flügelalter fort und vollendete das Werk 1436.
Er verstarb sieben Jahre später in Brügge.
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Auch im belgischen Gent
erinnert ein Denkmal an die beiden großen flämischen
Maler.
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Acht
Wochen später sind wir erneut in Maaseik und sind
überrascht, dass der Marktplatz wieder gesperrt
ist und dass vor dem van-Eyck-Denkmal eine Pferdekutsche steht.
Zu
der sich bald weitere gesellen, ...
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denn in der zweiten Septemberhälfte...
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findet in Maaseik die jährliche "Historische
Kutschenparade" statt.
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Auf
der Nordseite des Marktplatzes steht das Stadthaus "Den Groenen Schilt",
das lange als Rathaus genutzt wurde.
Das
erste bekannte Rathaus von Maaseik stand in der
Mitte des
heutigen Marktplatzes und wurde in den 1760er Jahren
abgerissen.
Als Ersatz kaufte der Rat im
Jahr 1768 das direkt am Marktplatz gelegene repräsentative
Gebäude Den Groenen
Schilt, das um 1630 errichtete worden war und das
bis zum Ankauf als Wohn- und Kaufmannshaus genutzt
wurde.
Sein heutiges neoklassizistisches
Aussehen erhielt das historische Stadhuis bei den Umbauten der
Jahre 1824 und 1870.
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Rechts
und links der mit einem schmiedeeisernen Gitter
verzierten Freitreppe sind zwei große Fassadenbilder zu
sehen: Links der Treppe ein Selbstbildnis von Jan
van Eyck, rechts ein Bild seiner Ehefrau Margarete van
Eyck.
Die Originale sind in Museen in London und Brügge
ausgestellt.
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Vor
dem alten Stadhuis erinnert eine rekonstruierte
Marktsäule daran, dass Maaseik bereits im Jahr 1397
vom Lütticher Fürstbischof Jean de Bavière das Marktrecht
verliehen bekam.
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Der
Weg zum Gebäude "Markt 3A" lohnt sich,
zumal es nur wenige Meter weiter rechts steht:
Es stellt zwar kein städtebauliches
Highlight dar, aber ein lukullisches!
Das Eis von "Ijsmaker De Potter" ist
köstlich, man muss
es einfach gekostet haben.
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Links
von Rathaus passieren wir das Bürgerhaus
"Au Pascha". Das Gebäude wurde
1591 erbaut und ursprünglich "Het Groenen
Huyse" genannt.
Seine grüne Fassade
hat das Haus im Laufe der Jahrhunderte verloren
und sein Aussehen wurde im 17. Jahrhundert verändert,
der Kern des Hauses blieb jedoch im Originalzustand
erhalten.
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Wie
bei vielen anderen Häusern auch ziert die Fassade des "Au Pascha"
ein Giebelstein, dessen Relief den Namen des Hauses
und das Erstellungsjahr zeigt.
In Zeiten,
in denen der Analphabetismus verbreitet war, dienten
solch individuelle Fassadensteine der Orientierung
im Gewirr enger Straßen und Gassen und der eindeutigen
Erkennung von Gebäuden.
Im 15. Jahrhundert
wurden im Pariser Bezirk "Notre Dame"
zwar erstmals Hausnummern vergeben, europaweit wurden
Städte jedoch erst im 18. Jahrhundert durchnummeriert.
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Wenige
Schritte weiter findet man das im maasländischen
Stil errichtete Gebäude "Den Blauwe Leeuwe"
mit der alten "Pharmacie".
Die
ältesten Teile des Bauwerks am Markt 46 stammen
aus dem 16. Jahrhundert.
Hier wohnten
über mehr als 260 Jahre sechs Generationen von Apotheker-Familien
und ab 1704 existierte hier die bis 1959 genutzte
älteste
Privat-Apotheke Belgiens.
Nach dem Tod des
letzten Apothekers kaufte die Stadt das Gebäude im
Jahr
1962 an und eröffnete das sehenswerte Apothekenmuseum,
das die originalen Schränke, Regale, Schubladen,
Töpfe und Arbeitsgeräte zeigt.
Interessant
ist auch der hinter dem Gebäude angelegte alte
Kräutergarten
mit vielen Heil- und Küchenkräutern.
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Im
Nachbargebäude ist die Tourist-Info von Maaseik
untergebracht, von der aus das Apothekenmuseum betreten
werden kann.
Das Backsteingebäude mit dem
grauen Sims aus Mergelstein wurde 1845 als Ergänzung
der Alten Pharmacie erbaut.
Neben der Tourist-Info
beginnt die "Lekkerstraat", durch die
wir einen kleinen Abstecher...
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zum modernen Verwaltungszentrum "Stedelijk
Administratief Centrum" von Maaseik machen.
An
den zweistöckigen Gebäudeteil mit dem Eingangsbereich
schließt sich rechts entlang der Capucienenstraat
das lang gestreckte dreistöckige Verwaltungsgebäude
an.
Dass Hunde ihr Geschäft keinesfalls vor
dem Rathaus erledigen dürfen, verstehen wir natürlich.
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Aber warum
man das Verbotsschild so hoch am Laternenmast angebracht
hat, verstehen wir nicht.
Wir können uns kaum vorstellen, dass Hunde es da oben überhaupt sehen können. Doggen und
Bernhardiner vielleicht ausgenommen.
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Der
Brunnen vor dem Stadhuis wurde von dem Bildhauer
Jan Desmartes geschaffen und trägt den Namen "De
Mensentoren". Der Menschenturm symbolisiert
die Begegnung von Menschen beim Bau des Gebäudes,
bei dem unter der Schirmherrschaft des Bauherren der
Architekt, der Bauunternehmer, der Subunternehmer und die
Mitglieder der Stiftung für Kultur
zusammentrafen.
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Zurück
auf dem Grote Markt sehen wir nahe der Tourist-Info
die ungewöhnliche Bronzeskulptur "Bokkerijder",
die von dem belgischen Bildhauer Roland Rens geschaffen
wurde.
Auf
einem runden Tisch liegen eine ganze Reihe von Büchern,
die teilweise sogar geöffnet werden können,
und auf der Spitze des Bücherstapels ist ein
Mensch dargestellt, der auf einer Ziege reitet.
Der
Legende nach waren die Bokkerijders eine Bande von
Räubern, die Anfang des 18. Jahrhunderts
Süd-Limburg unsicher machten und wohlhabende
Geschäftsleute und Pfarreien ausraubten, um
im Stile Robin Hoods die Armen zu unterstützen.
Die
abergläubige Bevölkerung war überzeugt, dass
die Bokkerijders einen Pakt mit dem Teufel geschlossen
hatten, um nachts in die durch massive Wehrmauern
gesicherten Städte eindringen zu können:
Dieser habe ihnen Ziegen gegeben, deren Hufe die
Erde nicht berührten und auf deren Rücken
sie die Wälle und Mauern überwinden und
sogar mehrere Ortschaften in einer einzigen Nacht heimsuchen
konnten.
Im
Jahr 1776 war die Bande das letzte Mal aktiv.
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In
seinem Buch "Die Bokkerijders - Abscheuliche
Verbrechen und Hinrichtungen" beschreibt François
van
Gehuchten nach aufwändigen Recherchen die Bande
der Bokkerijders als kriminelle Diebe und Räuber,
die ab 1730 in der Provinz Limburg aktiv war und
die selbst vor Folter und Mord nicht zurückschreckten.
Die
zunehmende Verängstigung der Limburger Bevölkerung
zwang die Behörden, ab 1743 hart gegen die
Bokkerijders vorzugehen.
Dutzende Verdächtige
wurden festgenommen, verhört, durch Folter
zu Schuldeingeständnissen gezwungen und abgeurteilt.
Sie endeten am Galgen, wurden enthauptet,
erwürgt, verbrannt oder gerädert.
Der
letzte Bokkerijder-Prozess fand 1777 statt.
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In
der Nähe der Bokkerijder-Skulptur steht - wie
in jeder der vier Marktecken - eine öffentliche
Pumpe aus dem Jahr 1742.
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Auch
an der West- und der Südseite des Grote Markt
stehen sehenswerte historische Bürgerhäuser,
die alle aufzuführen den Rahmen unseres Berichtes
sprengt.
Anschauen sollte man sich auf jeden
Fall das Haus
"De Swaen", das in der ersten Hälfte
des 17. Jahrhunderts gebaut wurde.
Auf
dem Giebelstein mit dem Schwan sind die Zahlen "1648"
und "1976" zu sehen, das Entstehungsjahr
und das Jahr der Restaurierung.
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Jenseits
der einmündenden Bosstraat gefällt uns
das Gebäude "De Stad Amsterdam"
und das schmale, rechts angelehnt Bürgerhaus "De Nootstal",
das auf der Seite zum Markt hin in jedem Stockwerk
nur über ein Fenster verfügt.
"De
Stad Amsterdam" wurde von dem Kaufmann Hendrik
Cornely im Jahr 1687 erbaut, später wohnte
hier ein Kupferschmied.
1973 wurde es zu
einer Bankfiliale umgebaut und in den 1980er Jahren
restauriert.
Das schmale, rechts angelehnte
Haus "De Nootstal" entstand Ende des 17. Jahrhunderts.
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Das
links an die "Stad Amsterdam" angrenzende
Bürgerhaus hieß ursprünglich "De
Mol" und wurde laut dem Giebelstein ab 1664
auch "In den Prince van Luyck" genannt.
Bei dem großen
Stadtbrand des Jahres 1684 wurde es stark beschädigt
und sechs Jahre später mit Ziegelsteinen neu
erbaut.
Um das Jahr 1800 wurde im Erdgeschoss
des Prince van Luyck eine Gastwirtschaft eröffnet,
in den 1980er Jahren sanierte man das Gebäude von Grund
auf.
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Ab
und zu lohnt sich in Maaseik auch ein Blick nach
oben.
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Auf
der Südseite des Grote Markt treffen wir auf
ein in maasländischem Stil erbautes Bürgerhaus aus
dem späten 17. Jahrhundert mit dem Restaurant "De Bokkerijder".
Da
es inzwischen Mittag geworden ist, schauen wir uns
die Speisekarte des Bokkerijder näher an und
entscheiden uns für einen Besuch.
Den
wir nicht bereuen. Wir werden zuvorkommend bedient
und das Essen ist ausgezeichnet. Und der
Eigentümer erzählt uns die Legende von den tapferen
"Bokkerijders",
die mit dem Teufel im Bund waren, auf Ziegen durch
die Luft schwebten und die die Reichen beraubten,
um den Armen zu geben, damit diese die horrendnen Steuern
zahlen konnten und so von harten Strafen verschont
blieben.
Hmmm.
Wenn
die umfangreichen Recherchen von François
van
Gehuchten zutreffen, dann wurde das Restaurant De
Bokkerijder nach einer hochkriminellen Bande von
Dieben, Räubern und Mördern benannt, vor
der Arm und Reich zitterte...
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