Foto-Reisebericht
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Regensburg
Vom
Neupfarrplatz zum Eisernen Steg
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Bevor
wir den Domplatz verlassen, schauen wir uns noch die
klassizistische Dompropstei an der Einmündung der Residenzstraße
an. Das Gebäude war ursprünglich ein Domherrenhaus,
das 1795 von Baudirektor Josef Sorg zur Dompropstei
umgebaut wurde.
Von 1802 bis 1810 residierte hier der Kurfürst
und Reichserzkanzler Carl von Dalberg. Im
Jahr 1809 war das auch als Residenzgebäude bezeichnete Bauwerk kurzzeitig
Hauptquartier
von Kaiser Napoleon bei seinem Feldzug gegen die österreichische
Armee, die in Bayern eingefallen war.
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Durch
die Residenzstraße kommt man zum Neupfarrplatz mit der
im 16. Jahrhundert als Wallfahrtskirche errichteten
Neupfarrkirche.
Zur Zeit der Reformation wurde das
Gotteshaus
zur ersten protestantischen Kirche in Regensburg und
zur evangelischen Mutterkirche der Stadt.
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Der
einschiffige Renaissancebau wurde 1860 um den Westchor
erweitert und die zuvor wegen Geldmangels noch nicht
fertig gestellten Türme vollendet.
Uns gefällt
die Farbkombination des Kirchenschiffes: Die dunkelgelb
abgesetzten Säulen und Fensterlaibungen bilden einen
harmonischen Kontrast zu den weißen Wänden und den in
Brauntönen gehaltenen Kirchenbänken, Kanzel, Altar und
Gemälderahmen.
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Den
ursprünglichen Altar aus dem 16. Jahrhundert findet
man heute im "Historischen Museum Regensburg". Er wurde
durch einen Altar aus dem frühen 17. Jahrhundert
ersetzt, dessen Altarblatt die Kreuzigung Christi darstellt.
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Auf
der dem Chor gegenüberliegenden Seite findet man die
Empore mit der Orgel.
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Hier
am Neupfarrplatz existierte früher das Regensburger
Judenviertel,
das bereits 981 urkundlich belegt ist.
1519 machte
der Rat der Stadt die Juden für die desolate Finanzlage
von Regensburg verantwortlich, vertrieb die jüdischen
Gemeindemitglieder, die innerhalb von fünf Tagen die
Stadt zu verlassen hatten, und ließ deren Wohnhäuser
und die Synagoge dem Erdboden gleich machen.
Auch
später machte der Neupfarrplatz Geschichte:
1796 erlebte er eine Soldatenrevolte, 1933 wurden hier durch die Nationalsozialisten
die Bücher jüdischer, marxistischer und pazifistischer Schriftsteller verbrannt
und
1942 bildete sich auf dem Neupfarrplatz eine Widerstandsgruppe,
die vom Nazi-Regime brutal zerschlagen wurde.
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1995
stieß man im Rahmen der Neugestaltung des Platzes auf
romanische Keller ehemals jüdischer Wohnhäuser und auf
die Fundamente der Synagoge, deren Standort heute der
"Ort der Begegnung" markiert, ein Werk des
jüdischen Künstlers Dani Karavan, das die Grundmauern
und Säulen des jüdischen Gotteshauses symbolisiert.
Der
Neupfarrplatz wird von einer Reihe interessanter Gebäude
begrenzt:
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An der Südseite steht die "Kursächsische Gesandtschaft", die
auch
"Löschenkohl-Palais" genannt wird, weil sie von der aus
Österreich zugewanderten Bankiers-Familie Löschenkohl
um 1730 nach Plänen des österreichischen Baumeisters
Johann Michael Prunner errichtet wurde. Nach der
Fertigstellung verschlechterte sich die Finanzlage der
Bauherren, die in der Folge das Rokokopalais an die
Kursächsische
Gesandtschaft beim Immerwährenden Reichstag vermieteten.
Heute
sitzt im Löschenkohl-Palais wieder eine Bank. Eine aus
Dresden.
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An
der Ostseite steht, von modernen, im Jahr 1972 errichteten
Gebäuden der Galeria Kaufhof umrahmt, die "Alte Hauptwache"
mit ihrer klassizistischen Fassade.
Die Alte
Hauptwache diente lange als Wachstube der Bürgerwehr.
Der ursprüngliche Holzbau aus dem Jahr 1611 wurde im
Jahr 1818 nach den Plänen des portugiesischen
Baumeisters Emanuel Joseph Herigoyen aus Stein neu
errichtet.
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Einen
Brunnen gibt es am Neupfarrplatz schon seit 1551.
Etwa
hundert Jahre später wird dessen hölzerne Einfassung durch
Stein ersetzt, die Verzierungen und das Eisengitter
folgen 1730.
Oben auf dem Brunnen kann man einen
Doppelkopfadler mit Krone, Reichsapfel und Schwert erkennen.
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Vom
Neupfarrplatz geht es weiter in die Wahlenstraße, an
deren südwestlicher Ecke das "Kastenmayerhaus"
steht.
Das Gebäude entstand um 1260, vom Geschlechterturm
blieb jedoch nur die untere Hälfte erhalten. Der Name
des Hauses geht auf einen Besitzer im Mittelalter zurück:
Hans Kastenmayer verstarb hier 1437.
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Wir
passieren den "Goldenen Turm" den wir zuvor
schon auf unserem Weg vom Fischmarkt zum Dom aus der
entgegengesetzten Richtung gesehen haben.
Bewohnbar waren die Regensburger
Wohntürme nur im unteren Teil, die Etagen darüber wurden
als Lagerflächen genutzt.
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Schräg
gegenüber steht das gotische "Enslin-Haus" mit einer frühklassizistischen
Fassade.
Belegt ist, dass das Enslin-Haus im
15. Jahrhundert im Besitz der Familie Peringer
war. Ende des 18. Jahrhunderts übernahm der Konditormeister
Johann Caspar Enslin das Gebäude und gab ihm sein heutiges
Aussehen.
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Folgt
man der Wahlenstraße weiter, erreicht man den Kohlenmarkt,
der bereits im frühen Mittelalter als Marktplatz genutzt
wurde. Hier ist es Zeit für eine kleine Pause.
Wegen der schwarzen Wolken und dem frischen Wind entscheiden
wir uns nicht für das Straßencafé mit seinen großen
Sonnenschirmen, sondern für einen Platz hinter der
Glasfront im 1. Stock des Eiscafés "Gelato e Caffè".
Eine gute Entscheidung. Die Aussicht auf den
Kohlenmarkt ist toll, das italienische Personal aufmerksam
und freundlich und die Eisbecher sind prima.
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An
der Einmündung der "Neue-Waag-Gasse" in den
Kohlenmarkt steht das "Alte Rathaus", einst Machtzentrum der
Freien Reichsstadt Regensburg.
Die neueren,
östlichen Gebäudeteile wurden im 17. und 18. Jahrhundert
im Barockstil errichtet. Sie werden auch heute noch
vom Bürgermeister und dessen Administration genutzt.
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Im
mittleren Gebäudeteil mit dem achtgeschossigen Rathausturm
aus dem 13. Jahrhundert findet man das ehemals
"Kurfürstliche Kollegium", den "Blauen Saal" und weitere
vom Kurfürsten genutzte Räume.
Der Durchgang
unter dem Turm führt zum "Großen Hof" mit dem Venusbrunnen
von 1661.
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Links schließt sich das mit dem Stadtwappen
und den beiden Kriegsknechten "Schutz und Trutz"
verzierte Rathaus-Portal an, ...
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an dessen Seite auch heute noch die alten Stadtmaße Schuh, Elle
und Klafter vorhanden sind.
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Westlich
des Portals steht der gotische "Reichssaalbau", der 1360
gebaut wurde und den man nach einem Stadtbrand Anfang
des 15. Jahrhunderts erneuern musste.
Der
große Reichssaal
wurde ursprünglich für Tanzveranstaltungen, Feierlichkeiten
und Empfänge des Rates der Stadt genutzt. Von 1663 bis
1806 tagte hier der "Immerwährende
Reichstag".
Heute ist hier das "Reichstagsmuseum"
untergebracht.
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Wir
werfen noch einen kurzen Blick auf das ehemalige Gasthaus
"Zum Roten Herzfleck", dessen Kern aus dem
12. Jahrhundert stammt, ...
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um dann der "Neue-Waag-Gasse" zum Haidplatz
zu folgen.
Hier steht an der Nordseite
das sehenswerte, klassizistische "Thon-Dittmer-Palais", in
dem heute die Volkshochschule und die Stadtbibliothek
untergebracht sind.
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An der Ostseite begrenzt die "Neue Waag" den
Haidplatz.
Das Gebäude mit seiner auffälligen
roten Fassade ging aus einem Patrizierhaus mit Wohnturm
hervor.
Nachdem das Haus im 15. Jahrhundert
in städtischen Besitz überging, richtete man hier eine
Trinkstube für die Ratsherren ein und verlegte die Stadtwaage
hierher, was die Namensgebung nach sich zog.
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 Im
Innenhof der "Neuen Waag" trafen sich 1541
der Luther-Schüler Philipp Melanchthon und der Luther-Gegner
Dr. Johannes Eck zu dem von Kaiser Karl V. einberufenen
Religionsgespräch, das zu einer friedlichen Einigung
zwischen altgläubigen Katholiken und den Protestanten
führen sollte, um die militärische Einheit
aller Reichsfürsten gegen die Türken zu erreichen.
Eine
Einigung konnte wegen unüberbrückbarer Gegensätze u.
a. bei den Themen Beichte und Eucharistie nicht erzielt
werden.
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Im Innenhof der Neuen Waag findet man auch
wunderschöne
Arkaden aus dem Jahr 1575.
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Schräg
gegenüber, jenseits des barocken Justiziabrunnens aus
dem Jahr 1656, beeindruckt uns das einem italienischen
Palast gleichende "Haus zum Goldenen Kreuz"
aus dem 13. Jahrhundert.
Das Goldene Kreuz
war über mehrere Jahrhunderte hinweg DIE Prominentenherberge
in Regensburg, in der Herzöge, Könige und Kaiser abstiegen.
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 Im
Jahr 1547 stieg hier auch Kaiser Karl V. ab.
Von
seiner Affäre mit Barbara Blomberg, aus der der gemeinsame
Sohn Don
Juan d'Austria hervorging, der Sieger der Seeschlacht von Lepanto des
Jahres 1571, berichtet das Relief am Turm des Gebäudes:
In disem Haus
von alter Art, Hat offt geruet nach langer fahrt Herr
KAYSER CARL DER FÜNFFT genandt, In aller Welt gar
wohl bekannt, Der hat auch hie zue gueter Stundt
Geküsset einer Jungfraw Mundt.
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Dieselb
die hiess bei fern und nah Man nur die
schöne BARBARA, Ihr Stamm war bieder,
schlicht und recht Plumberger schrieb
sich das Geschlecht, Dem bracht des Kaysers
Lieb viel Leid, Doch Trost und Heyl
der Christenhait.
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Dann
draus erwuchs, dem Vatter gleich, Der
DON JUAN VON ÖSTERREICH, Der bey LEPANTO
in der Schlacht, Vernichtet hat der
Türckhen Macht Der HERR vergellts Ihm
alle Zeit, So yetzt wie auch in Ewigkheit.
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Durch
die Baumhackergasse erreichen wir die Keplerstraße und
das spätgotische
Haus "Zum Sauseneck".
Dem bereits
1363 erwähnten und ein gutes Stück in die Keplerstraße
hineinragenden Haus Sauseneck drohte in den
1970-er Jahren der Abriss durch die städtischen Verkehrsplaner,
den die "Altstadtfreunde Regensburg" aber
erfolgreich
bekämpften.
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Wenige
Meter weiter steht auf der gegenüberliegenden Straßenseite
das gotische "Runtingerhaus" mit
charakteristischem Staffelgiebel und Zinnen.
Das
Patrizierhaus aus dem 13. Jahrhundert war im Mittelalter
im Besitz der wohlhabenden Handelsfamilie Runtinger,
die zeitweise sogar den Vorsitz
im deutschen Handelshaus Fondaco dei Tedeschi in Venedig
inne hatte.
Heute ist im Runtingerhaus das Staatsarchiv
untergebracht.
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Im "Kepler-Gedächtnishaus"
zwei
Häuser weiter mit der Hausnummer 5 wohnte und starb der
kaiserliche Mathematiker und Astronom Johannes Kepler
(1571-1630).
Johannes Kepler war von seiner Ausbildung
her Mathematiker und entwickelte die "Keplersche Fassregel",
ein Verfahren zur Berechnung von Integralen. An der
Universität von Prag war er Assistent des berühmten
Astronomen Tycho Brahe und stand in Kontakt mit Galileo
Galilei. Er entdeckte die Gesetze der Planetenbewegung,
die als "Keplersche Gesetze" nach ihm benannt wurden.
Im Jahr 1601 trat er als Mathematiker in den Dienst
von Kaiser Rudolph II. Ab 1627 war er auch Hofastronom
von General von Wallenstein. Nach Wallensteins Tod kam
Kepler nach Regensburg und wohnte bei einem Freund hier
im "Kepler-Haus" wenige Monate bis zu seinem
Tod am 15. November des gleichen Jahres.
Das
hier eingerichtete Kepler-Museum zeigt mit
Originalinstrumenten und Funktionsmodellen das Werk
des berühmten Astronomen.
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Ein
paar
Schritte weiter stehen wir vor der gotischen Geschlechterburg "Blauer
Hecht", deren Name auf das gleichnamige
Wirtshaus zurück geht, das hier bereits im 16. Jahrhundert
existierte.
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Am
Ende der Keplerstraße erreichen wir die um 1325 erbaute
Kirche St. Oswald, die leider verschlossen ist.
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Seitlich
von St. Oswald, neben dem Weinmarkt, überquert der "Eiserne Steg" die
Donau.
Diesen Steg zu betreten lohnt sich, auch
wenn man nicht zum Dultplatz am jenseitigen Ufer möchte.
Man
hat hier einen tollen Ausblick auf die Donau, das Donau-Ufer
von der Weinlände bis zur Steinernen Brücke mit dem
Brückenturm und auf die Domtürme.
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