Foto-Reisebericht
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Schweden Über
Jokkmokk und Arvidsjaur zu Wildact
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Ab Gällivare
benutzen wir die Europastraße 45 in südwestlicher
Richtung. Die gut ausgebaute, 1.667 Kilometer
lange Fernstraße verbindet
Göteborg in Südschweden mit Karesuando in Lappland. Weil
sie wie die Eisenbahnlinie "Inlandsbanan"
nicht an der Ostküste entlang führt sondern das
Binnenland durchquert, wird sie von den Schweden
auch "Inlandsvägen" genannt.
Nach
einer guten halben Stunde erreichen wir kurz vor
Porjus ...
... den vierzig Kilometer
langen Stausee "Stora
Lulevatten"
Der See wird
vom Fluss "Stora Luleälven" gespeist,
der intensiv für die Gewinnung von Hydroenergie
genutzt wird: Auf seinem 461 Kilometer langen Weg
vom See Sårjåsjaure im Sulitelma-Gebirge an der
Grenze zu Norwegen bis zur
Mündung bei Luleå wird er fünfzehn Mal aufgestaut.
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In
Porjus passieren wir nahe dem Wasserkraftwerk eine 400 Tonnen schwere Skulptur des Künstlers
Bo Holmlund.
Der mächtige Felsen mit dem
metallenen Blitz symbolisiert die in der Wasserkraft
enthaltene Energie.
Bo Holmlund wurde 1935
in Skelleftea geboren und studierte die Bildhauerei
an der Akademie der Künste in Kopenhagen.
1960
zog er nach Falun und schuf viele monumentale Skulpturen,
bevor er im Jahr 2013 in Ånäset verstarb.
Sehenswerte
historische Gebäude sucht man in Porjus vergebens,
denn der Ort entstand erst zu Beginn des 20. Jahrhunderts
mit dem Bau des ersten Wasserkraftwerkes von Schweden.
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Der
Inlandsvägen folgt hinter Porjus dem
Stora Luleälven und umrundet 10 Kilometer hinter
der Stadt die Staumauer des Vattenfall-Kraftwerks nahe Harsprånget.
Der
Fluss hatte hier ursprünglich ein Gefälle von 107
Metern. Es lag deshalb nahe, den natürlichen Höhenunterschied
zur Stromerzeugung zu nutzen.
Man
errichtete eine Staumauer und baute am aufgestauten
See "Stora Harsprånget" ein Kraftwerk,
das 1952 in Betrieb genommen wurde. Seine drei Turbinen
leisteten damals 330 Megawatt.
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Nachdem man
zwischen 1974 und 1983 zwei weitere Turbinen installierte,
ist das Kraftwerk am Stora Harsprånget mit einer
Leistung von 945 Megawatt das leistungsstärkste Wasserkraftwerk
in Schweden.
Die E45
passiert in der Folge das Ligga-Wasserkraftwerk
bei Aspudden ...
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und erreicht nach weiteren 37 Kilometern die Staumauer
des Akkats-Kraftwerks bei Haraudden.
Das
im Jahr 1973 in Betrieb genommene Kraftwerk besitzt
eine Rohrturbine vom Typ Kaplan, die 158 Megawatt
leistet. Es ist zwar nicht das größte Wasserkraftwerk,
aber ganz bestimmt das bunteste in Schweden.
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Der
Store Luleälven wird hier ....
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zum 25 km² großen See "Vajkijaure" aufgestaut.
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Nach
weiteren sechs Kilometern stehen wir vor dem Rathaus
von Jokkmokk
Jokkmokk hat knapp dreitausend Einwohner
und ist das kulturelle Zentrum der schwedischen
Samen.
Der Ursprung von Jokkmokk liegt im
frühen 17. Jahrhundert. Damals ließ König Karl
IX. in Nordschweden Marktplätze anlegen, damit man
die verstreut lebenden Samen zu deren Christianisierung, zum Handel
und zur Steuereintreibung leichter erreichen konnte.
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Seit 1605 wird
hier jedes Jahr im Februar der "Vintermarknad"
abgehalten: Dann tragen die Samen ihre traditionellen Trachten
und handeln mit Fellen, Leder und kunsthandwerklichen Gegenständen. Rentier-Schlittenrennen, Musik-
und Theateraufführungen ergänzen das Marktgeschehen.
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In
dem weißen zweistöckigen Gebäude am Marktplatz "Marknad"
findet man das Touristbyrå von Jokkmokk ....
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und schräg gegenüber an der Straße "Västra
Torggatan" die "Gamla
Apotek".
Das
grüne Holzgebäude wurde 1901 errichtet, im Folgejahr eröffnete
der Apotheker Hugo Julius Olsson die erste Apotheke
der Kommune.
Nach
dem Umzug der Apotheke in neue Geschäftsräume im
Jahr 1983 stand die alte Apotheke vorübergehend leer.
Seit
1996 ist die Gamla Apotek im Besitz des Vereins
"Föreningen Gamla Apotek", der hier kunsthandwerkliche
Kurse und Ausstellungen sowie einen kleinen
Laden betreibt.
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Die
"Jokkmokk kyrka" ist die Neue Kirche von
Jokkmokk. Sie wurde in den Jahren 1888/1889 nach
den Plänen des Architekten Ernst Abraham Jacobsson
im neugotischen Stil erbaut und im September 1889
geweiht. Die Sakristei wurde 1961 angebaut.
Im
Inneren der Pfarrkirche gefallen das von Torsten
Nordberg gemalte Altarbild mit dem letzten Abendmahl
und die großen Leuchter. Die Grönlund-Orgel auf
der über drei Seiten umlaufenden Empore wurde 1987
installiert.
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Das
"Svenskt Fjäll- och Samemuseum Ájtte"
schräg gegenüber der Kirche thematisiert Geschichte,
Kultur, Religion und Mythen der Samen und zeigt
die Lebensweise des Nomadenvolkes, das zum Teil
auch heute noch von der Rentierzucht lebt.
Man
erfährt hier auch, wie der samische Schamane "Noajdde"
mit seiner magischen "Trolltrumma" den
Geheimnissen der Natur und des Lebens auf den Grund
ging.
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Ausgestellt sind
sehenswerte samische Silberarbeiten und
farbenprächtige Trachten, die im Alltag nur noch
selten zu sehen sind. Ein weiterer Teil des
Museums widmet sich dem "Fjell", der Bergwelt
des Nordens.
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Einen
Besuch wert ist auch die "Gamla Kyrka"
in der Hantverkargatan.
Die achteckige "
Alte Kirche" mit ihrem abseits stehenden Glockenturm
wurde 1753 aus Holz errichtet. 1972 brannte
die Kirche ab und wurde in der Folge unter der Leitung
des Architekten Herbert Juhlin rekonstruiert. 1976
konnte das Gotteshaus wieder geweiht werden. Das Kircheninnere
ist mit samischem Kunsthandwerk geschmückt.
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Kurz
hinter Jokkmokk überquert die E45 den Polarkreis
- Wir sind aus der Arktis zurück.
Auf dem
Parkplatz der Raststätte "Polcirkeln" stehen so viele
Wohnmobile und Caravans, dass wir gar nicht erst
anhalten.
Wir folgen weiter der E45, die
zwischen Tårajaur und Kåbdalis über etwa 40 Kilometern
den Schienen der Inlandsbanan folgt.
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Knapp
hundert Kilometer hinter Jokkmokk erreichen wir
bei Åberget den Ecopark "Piteälven" und
den gleichnamigen Fluss. Zu dem im Jahr
2014 eingerichteten und zehntausend Hektar großen
Ökopark gehören mehrere sehenswerte Stromschnellen.
Die Stromschnelle "Storforsen"
ist mit einer Länge von 5 Kilometern und einer
Höhendifferenz von 80 Metern die größte ihrer
Art in Europa.
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Wegen
der Schneeschmelze führt der Piteälven im Frühjahr
sehr viel Wasser und tritt an vielen Stellen über
die Ufer.
Von hier sind es noch acht Kilometer
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bis zum "Rallarmuseet
Moskosel", dem "Museum der Eisenbahnarbeiter"
im alten Bahnhofsgebäude Moskosel Stasjon.
Das
Museum dokumentiert die dreißigjährige Bauzeit der
knapp 1.300 Kilometer langen "Inlandsbanan".
Mit
dem Bau
wurde 1907 aus überwiegend militärischen Gesichtspunkten
begonnen:
Die schon fertig gestellte "Stambanan"
entlang der Ostküste war von See aus leicht unter
Beschuss zu nehmen. Länger andauernde Betriebsstörungen
hätten den Norden vom Nachschub abgeschnitten.
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Das
Rallarmuseet
verdeutlicht die Knochenarbeit der etwa viertausend
Bahnarbeiter, die die Strecke mit Pickel und Schaufel
und ohne große technische Hilfsmittel vorantrieben:
Gleisbau- und Schotterstopfmaschinen war damals
genauso unbekannt wie Zweiwegebagger und fahrende
Werkstätten.
Man
erfährt hier auch, dass es unter den Wanderarbeitern
eine strenge Hierarchie gab: Die Holzfäller, die
die Schneisen für die Gleistrassen in die Wälder
schlugen, waren vom Rang her ganz unten angesiedelt,
die Schienenleger waren die Fürsten unter den "Rallaren".
Die
Inlandsbahn wurde in mehreren Teilabschnitten gebaut,
der letzte Gleisnagel wurde 1937 gesetzt. Während
der langen Bauzeit wurde in einigen Abschnitten
die geplante Streckenführung nachträglich verändert.
Was im schlimmsten Fall dazu führte, dass man in
Arjeplog einen Bahnhof baute, in dem nie ein Zug
ankam. Nach der Fertigstellung hatten die Bahnbauer
beschlossen, die Strecke über Arvidsjaur zu führen.
Die
Inlandsbahn verkehrt von Mai bis August zwischen
Mora und Gällivare.
Im
Museum und dem kleinen zugehörigen Café
sind wir die einzigen Gäste. Die zwei Kaffee und
die beiden Kaffeestückchen sind lecker und mit etwa
sechs Euro vergleichsweise günstig.
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Eine
halbe Stunde später erreichen wir das Rathaus der
von mehreren Seen umgebenen Stadt Arvidsjaur.
Eine
erste Kirche wurde hier schon im frühen 17. Jahrhundert
errichtet, dauerhaft besiedelt wurde Arvidsjaur
erst um 1750.
Heute hat die Stadt knapp
viertausendfünfhundert Einwohner, die überwiegend
von der Forstwirtschaft und dem Tourismus leben.
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Die
dreischiffige "Arvidsjaur
kyrka" wurde von dem Architekten Gustaf Hermansson
aus Sundsvall im Stil der Neugotik entworfen und
in den Jahren 1900 bis 1902
aus Holz erbaut. Geweiht wurde das Gotteshaus im
Folgejahr.
Dank der über
den Seitenschiffen verlaufenden
Emporen verfügt die Kirche über 750 Sitzplätze.
Die Altarnische schmückt
ein großes, dreiteiliges Wandgemälde
von Ivar Hjert Kvist, das an den Evangelisten Matthäus
erinnert: "Kommet her zu mir alle, die ihr
mühselig und beladen seid; ich will euch erquicken".
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Auf dem Altar
der Hallenkirche steht ein goldenes Kreuz mit einer Dornenkrone. Links der fünfeckigen Altar-Balustrade befinden
sich die goldverzierte Kanzel und das
Taufbecken, auf der rechten Seite hängt ein großes
Gemälde, das die Kreuzigung Christi zeigt.
Die auf der Empore
über dem Eingang installierte Orgel stammt aus dem
Jahr 1950. Das Kircheninnere wird von wunderschönen,
vergoldeten Kronleuchtern erhellt.
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Zweifaches
Glück in der Storgatan:
Einzelne Elche sahen
wir während unserer über zweitausendfünfhundert
Kilometer langen Tour durch Lappland mehrfach,
aber hier zeigt sich uns endlich eine
komplette Elch-Familie, die sogar so lange stehen
bleibt, bis wir die
Kameras im Anschlag haben ...
Wieder zurück
im Wagen folgen wir der E45 für weitere 11 Kilometer
nach Westen Richtung Sorsele, biegen dann nach links auf
eine schmalere Nebenstraße ab ...
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... und
fahren weitere 12 Kilometer
bis zu unserem Tagesziel, ...
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der Huskyfarm von "Wildact Adventure Tours"
in Storberg.
Anstatt zum
x-ten Mal in einem Hotel zu übernachten, haben wir
hier zur Abwechslung eine Hütte reserviert,
schließlich haben wir im Vesterland
Feriepark sehr gute Erfahrungen gemacht.
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Die
Begrüßung ist zweisprachig:
An der Tür des
Gemeinschaftshauses werden wir auf Schwedisch begrüßt,
persönlich heißt man uns zu unserer Überraschung
auf deutsch Willkommen.
Oder genauer: Auf
Schwizerdütsch: Simone Mendelin und Jürg Eugster, die Inhaber
von WildAct, stammen aus der Schweiz, die
Huskyfarm in Polarkreisnähe eröffneten sie im Jahr 2007.
Unsere
im Jahr 2010 erbaute Hütte ist gemütlich und mit viel Liebe zum Detail
eingerichtet. Es fehlt an nichts, die Betten sind
komfortabel und das Bad ist - anders als in vielen
Hotels - geräumig und sauber. Und preisgünstig ist
die Hütte auch: Wir zahlen incl. umfangreichem Frühstück
nur 79 Euro für die Nacht.
Wir fühlen uns auf Anhieb
wohl.
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Auf dem
Gelände leben aktuell sechzig
Alaskan Huskys in großen, teilüberdachten Freilaufzwingern.
Während der
schneefreien Zeit werden die lauffreudigen Huskys
auf Kurzstrecken vor einem Wagen trainiert. Nach
den ersten Schneefällen wird der Trainingswagen
dann gegen einen Hundeschlitten ausgetauscht und die Trainingsdistanzen
nach und nach ausgedehnt. Im Dezember sind die Tiere
dann fit für die Wintersaison und können im tiefverschneiten
Lappland Tagestouren von bis zu hundert Kilometern bewältigen.
Wildact Adventure Tours bietet seinen Gästen
neben Schneeschuh- und Nordlichttouren auch Schlitten-Schnuppertouren,
Mitfahrten auf von Mushern geführten Schlitten sowie
Tages- und Mehrtagestouren mit einem eigenen Hundegespann
an. Im Gemeinschaftshaus entdecken wir mehrere Fotoalben
von Gästen, die hier mit Hundeschlitten unterwegs
waren: Die Bilder sind phantastisch.
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Ganz
in der Nähe der Huskyfarm führt eine unbefestigte
Straße ...
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...
durch eine wunderschöne und unberührt aussehende
Taiga- und Heidelandschaft ...
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hinauf auf den 755 Meter hohen Berg "Akkanålke".
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Von hier
oben ...
...
hat man einen einzigartigen Ausblick auf die Flüsse
und Seen ...
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... und riesigen Waldflächen des Naturschutzgebietes
Vittjåkk-Akkanålke.
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Als
wir zur Huskyfarm von Wildact zurückkehren, liegen
die Hütten
bereits im Abendlicht.
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An Schlaf ist
jetzt nicht zu denken.
Mit den beiden letzten
"Mack"
aus Tromsø als Sundowner
...
...
genießen wir zwischen Jacuzzi und Sauna den ersten
Sonnenuntergang seit Wochen.
Und träumen
von einem Winterurlaub bei Wildact in Storberg.
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