Foto-Reisebericht -
Reiseführer - Reise-Info Tönning
Vom
Hafen zum Multimar Wattforum
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Das
Hafenbecken von Tönning ist Ende Februar noch leer, denn die
Boote der Freizeitkapitäne liegen noch in ihren Winterquartieren.
An
Land herrscht eine wohltuende Ruhe: Nur wenige, meist einheimische
Spaziergänger sind auf der Promenade unterwegs, um die klare
Luft, die ersten warmen Sonnenstrahlen und die bunten Farbtupfer
der aufblühenden Krokusse zu genießen. In wenigen Wochen
wird das sich nun ankündigende Frühjahr Einzug gehalten haben,
im Hafenbecken wird Boot an Boot festgezurrt sein und auf der
Promenade und in den Restaurants werden sich wieder die Wassersportler
und Touristen drängen.
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Auf
der seit 1740 konzessionierten Holzschiffswerft am Eiderdeich
in
der Südwestecke des Hafens, die seit 1919 von der Familie Dawartz
betrieben wird, ist von der regen Betriebsamkeit des Sommerhalbjahres
noch nicht viel zu spüren; das Holzlager ist für die bevorstehende
Saison bereits gut gefüllt
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Auch
am alten Zollhaus aus dem Jahr 1830 herrscht absolute Ruhe,
was möglicherweise aber weniger mit der kalten Jahreszeit zusammenhängt,
sondern mit der Ausweitung der europäischen Zollunion im Rahmen
der EU-Erweiterungen.
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Das
daneben stehende, mit einer Grundfläche von 77 x 14 Metern riesige
Tönninger Packhaus wurde 1783 zeitgleich mit dem Eider-Kanal
gebaut.
Mit seinem Holzständerwerk aus Eichen- und nadelhölzern,
den drei Stockwerken und dem vorstehenden Mittelrisalit ähnelt
es dem Packhaus in Kiel am anderen Ende des Kanals.
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Früher
wurden hier Waren mittels Kränen entladen und eingelagert sowie
das Vieh zur Verschiffung zusammengetrieben. Heute wird das Packhaus von der "Gesellschaft für Tönninger Stadtgeschichte"
genutzt, die in den Sommermonaten eine Ausstellung "Tönning im Wandel der Zeiten"
zeigt.
In der Vorweihnachtszeit verwandelt sich das Packhaus
mit seinen vielen Fenstern zu einem der größten Adventskalender
weltweit.
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Wir
gehen über die "Weiße Brücke" genannte hölzerne Ziehbrücke,
die den Torfhafen überspannt, in dem früher die Torfkähne gelöscht
wurden ...
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und erreichen die Promenade am Historischen Hafen...
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mit ihren gepflegten weißen Bürgerhäusern, die mit dazu beitragen,
dass der Hafen von Tönning als der schönste Nordseehafen von
Schleswig-Holstein bezeichnet wird.
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An der Stöpe zur Neustadt
treffen wir auf das Schifferhaus - auch Skipperhuset genannt
- das die Tönninger Schiffergesellschaft 1625 als Gasthaus
für Fahrensleute errichtete, weil der Verkehr auf der Eider
kontinuierlich zugenommen hatte. Das Grundstück stiftete Friedrich
III. von Gottorf.
Im Nordischen Krieg diente das Haus
als Hauptquartier der schwedischen Generalität, ab 1799 war
das Skipperhuset Sitz einer angesehenen Navigationsschule.
Heute
gehört das Schifferhaus dem dänischen Schulverein, der es als
Schullandheim nutzt.
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Es
ist Mittagszeit geworden, weshalb wir uns spontan für einen
Besuch im Hafen-Restaurant "Zum Goldenen Anker" entscheiden
und stellen kurz darauf fest, dass dies eine sehr gute Wahl
war: Schneller, freundlicher Service, die beste Zwiebelsuppe
seit langem und - man möge uns den Frevel verzeihen
- hervorragende Steaks zu bürgerlichen Preisen.
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Rundum
gesättigt
folgen wir der schmucken Häuserreihe "Am Hafen", ...
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und passieren die wenigen im Hafen liegenden Fischkutter.
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Mit
der Inbetriebnahme des Hafens am Eidersperrwerk wanderten viele
Kutterkapitäne zur Reduzierung der Anfahrtszeiten zum Sperrwerkshafen
ab. Der einst größte Kutterhafen an der Nordseeküste verlor
zusehend an Bedeutung.
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An
der Hafeneinfahrt, gegenüber dem Tonnenhof, steht das Wasser- und Schifffahrtsamt,
das für die Wasserstraßen sowie die Häfen der Nordseeküste und
der Inseln einschließlich Helgoland zuständig ist.
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Von
1835 bis 1846
lebte hier der am 30.06.1825 in Rostock geborene Sir Ferdinand
Jacob Heinrich Freiherr von Müller. Er studierte in Kiel Pharmazie
und Botanik und baute eine bedeutende Sammlung heimischer
Pflanzen auf, bevor er 1847 nach Australien auswanderte. Freiherr
von Müller wurde
Australiens bedeutendster Botaniker und war von 1857-1873 Direktor des
National Herbarium of Victoria bei Melbourne. Über der braunen Tür des Nebeneingangs findet
man Walknochen, ...
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vor dem Gebäude weisen eine Seemine aus dem 1. Weltkrieg, ein alter, hölzerner
Anker und eine kleine Kanone auf die seemännische Tradition
des Hauses hin.
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Die
Attraktion von Tönning ist das jenseits des Deiches hinter dem
Wasser- und Schifffahrtsamt liegende Multimar Wattforum, das
den Artenreichtum des Watts und die Unterwasserwelt des schleswig-holsteinischen
Nationalparks Wattenmeer darstellt.
In
11 Aquarien werden mehr als 250 Arten von Unterwasser-Lebewesen
gezeigt.
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Im
Multimar Wattforum kann man Wattwürmern, Krebsen, Seesternen
und Flundern bei der Nahrungssuche zusehen.
Während ein Katzenhai
gemächlich seine Runden dreht, kann man spielerisch im Wasser schwebende
Quallen bewundern, Miesmuscheln beim Andocken an ihre
Artgenossen beobachten und selbst Wellen schlagen, um die Auswirkungen
auf das Watt und den Strand nachzuvollziehen. Learning by doing
- ideal für Kinder.
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Highlight
der Ausstellung ist ein 45 Tonnen schwerer Pottwal, der 1997
vor der dänischen Küste bei Rømø strandete. Er wurde entfleischt
und präpariert, um hier im Walhaus des Wattforums ausgestellt
zu werden.
Die linke Seite des an der Decke hängenden
Modells zeigt eine naturgetreue Nachbildung des Körpers, die
rechte Seite ist offen gelassen und man erkennt die riesige
Dimension des über 17 Meter langen Skeletts und des 4 Meter
langen Schädels.
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Gefallen
hat uns auch die Nutzung der Decken der Untergeschossräume,
auf denen man naturnahe Lebensräume der Küste und deren
gefiederte Bewohner darstellt.
Nach einem Kaffee in der
Cafeteria...
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schlendern wir zum Hafen zurück ...
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und folgen der "Neustadt", in der wir das Geburtshaus
von Friedrich von Esmarch ...
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sowie den in historischer Bausubstanz untergebrachten Kindergarten
Nis
Puk passieren.
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An
der "Alten
Feuerwache" biegen wir dann in die Neustraße ein, ...
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die uns vorbei an alten Stufengiebel-Häusern zurück zum Marktplatz
führt.
Ursprünglich wollten wir von hier die Rückreise
antreten, aber nahe den Stöpen im Hafen, den Flutanzeigern
am Hafenbecken und dem Skipperhuset entschlossen wir uns, noch
zu dem für Tönning wohl wichtigsten Bauwerk zu fahren, das sicherstellt,
dass die Stadt selbst bei schwersten Sturmfluten trocken bleibt.
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Neun
Kilometer südwestlich von Tönning wurde 1973 nach einer zehnjähriger
Bauzeit das Eidersperrwerk mit seinem 5 Kilometer langen neuen
Damm in Betrieb genommen.
Neben der Sicherung der Stadt Tönning
und der umliegenden Gemeinden sollten auch mehr als 60 Deiche
entlastet werden, die bei der schweren Sturmflut des Jahres
1962 stark beschädigt worden waren und deren notwendige Verstärkung
Unsummen verschlungen hätte. Ein
260 Meter langer Straßentunnel führt durch das Sperrwerk, an
das sich eine Zugbrücke über die angrenzende 28 Meter lange
Schleuse anschließt, die den unterschiedlichen Wasserstand
zwischen
Nordsee und Eider ausgleicht.
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Während
bei normalen Wasserständen die mächtigen fünf Schotten mit einer
Breite von jeweils 40 Metern offen sind und der Tidestrom
mit bis zu 30 Millionen Kubikmetern Wasser ungehindert passieren
kann, werden bei Sturmfluten die Sieltore geschlossen und so
den auflaufenden Wassermassen ein Eindringen in die Eidermündung
und ein Aufstauen der Flüsse Eider und Treene verwehrt.
Zusätzlicher
Nebeneffekt dieser Flutregulierung ist ein nicht unerheblicher
Landgewinn: Die Hälfte der Eidermündung verlandete über die
Jahre hin und es entstand ein neuer Koog, das Katinger Watt,
ein Naturschutzgebiet, das Radfahrern und Wanderern offen steht.
Fairerweise
sollten Sie sich aber vor dem Betreten des Naturschutzgebietes
von den Mitarbeitern im Nabu-Informationszentrum
die Benutzung der Wege erklären lassen, um den Bruterfolg der
hier heimischen Vögel nicht zu gefährden.
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