Foto-Reisebericht
- Reiseführer - Reise-Info
Venlo "Von
der Sint Martinuskerk zum Wilhelminapark
und dem Mag. Nolensplein"
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Die
Groote Kerkstraat führt uns direkt zur Sint Martinuskerk,
die auch "Hoofdkerk" genannt wird und die bei einem Besuch
der Stadt ein absolutes Muss ist, wenn man nicht nur
nach Venlo kommt, um in einem Coffeeshop Gras, Schnee,
Speed, Dope, Hasch, Cannabis oder Marihuana zu kaufen.
Eine erste Kirche
hat hier bereits im 8. Jahrhundert gestanden. Ausgrabungen
in den Nachkriegsjahren ergaben, dass die heutige Sint
Martinuskerk ihren Ursprung in einer Saalkirche aus
dem frühen 9. Jahrhundert hat, die zu Beginn des 11. Jahrhunderts
mit der romanischen Kirche überbaut wurde. Ab
1368 wurde an dem Gotteshaus nachweislich wieder gebaut,
es wurde um die Seitenschiffe erweitert. Im Jahr 1480
folgte ein militärisch genutzter Turm, der allerdings
1774 wegen schwerer Beschädigungen durch ein Erdbeben
wieder abgetragen werden musste.
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Im November
1944 fingen während eines Bombardements Dach und Turm
von St. Martinus durch Funkenflug Feuer und brannten
vollständig ab, der Turm stürzte ein knappes Jahr später
in sich zusammen. Nach einem Entwurf von J. Kayser begann
man 1951 mit einem Neubau, der 1953 fertiggestellt wurde.
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Auf
den ersten Blick erscheint uns das Innere der St. Martinuskerk
sehr schlicht und einfach zu sein, ein Eindruck, den
wir jedoch revidieren müssen, als wir...
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vor der holzgeschnitzten Altarwand stehen, die vom St.
Martinus-Kaplan Jozef Windhausen aus Waldniel in neogotischem
Stil entworfen und in der Werkstatt von Ferdinand Langenberg
aus Goch von 1898 bis 1901 geschaffen wurde.
In
der Predella des Flügelaltars erkennt man die vier Evangelisten und in
der Mitte Jesus.
Die an Festtagen geöffnete Altarwand zeigt
sehr detaillierte, vergoldete Szenen aus dem Leben Jesu, darunter der
Judaskuss, die Wiederauferstehung, ...
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und im Zentrum das letzte Abendmahl und die Kreuzigung.
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Auch
die reich verzierte und vermutlich aus einer Antwerpener
Werkstatt stammende Kanzel aus dem Jahr 1707 zeigt mit
deren Symbolen auf die vier Evangelisten hin.
Die
Kanzel wird von einer Frauenfigur getragen, die mit
Stola, Mitra und Tiara die Heilige Kirche symbolisiert;
den Kanzelhimmel halten zwei schwebende Engel.
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Der
Sakramentsaltar
im Chor des linken Seitenschiffes wurde von dem aus
Venlo stammenden Goldschmied Robert Dawen
im Jahr 1922 geschaffen und basiert auf drei ehemaligen
Grabsteinen.
Die gelbe Tabernakelverkleidung
wurde aus Kupfer getrieben und zeigt an den Türen Maria
und Christus.
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Einen
weiteren Seitenaltar
findet man im rechten Seitenschiff: Der Altar
für "Onze Lieve Vrouw" (Unsere Liebe Frau) ruht auf einem Granitpodest,
die Altarplatte wird von acht
Säulen getragen. Der Altar mit einer zentralen Pieta aus Kalksandstein,
umgeben von einem metallenen Blattgeflecht mit 18 Darstellungen
zur Litanei Unserer Lieben Frau von Loreto, stammt aus
dem Jahr 1958 und entstand im Atelier Jan Hendrik Brom in Utrecht.
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Vom
rechten Seitenschiff aus gelangt man an einer eichenen
Trennwand vorbei in einen Seitenraum mit einem
Taufkessel aus dem Jahr 1621, der von Herman de Potgieter
nach einem Entwurf des Bildhauers Gregorius Schissler
aus Rotbronze - einer hauptsächlich aus Kupfer, aber
auch Zinn, Zink, Nickel und Blei bestehenden Verbindung
- gegossen wurde.
Ein dreieckiger, mit Ranken und dem vergoldeten Wappen von Venlo verzierter
Ausleger hält den Deckel des Taufkessels, der mit zwei
goldenen Figuren
verziert ist, die die Taufe Jesu im Jordan dargestellen.
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Natürlich
darf in der St. Martinuskerk der Namensgeber nicht fehlen.
Die hölzerne Statue des heiligen St. Martin wurde von
Gregorius Schissler zu Beginn des 17. Jahrhunderts
geschnitzt und zeigt, wie der Soldat zu Pferde mit seinem
Schwert seinen Mantel teilt.
Der ursprünglich neben
St. Martin dargestellte Bettler wurde später abgetrennt
und befindet sich heute in der Sakristei.
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Wie
aus alten Aufzeichnungen hervorgeht, gab es schon in
der romanischen Vorgängerkirche eine Orgel, denn für
die Jahre 1400 und 1401 wurden Zahlungen an den Organisten
protokolliert.
Im Laufe der Jahrhunderte sah die Martinuskerk
mehrere Orgeln, die heutige wurde von der Orgelbaufirma
Verschueren aus Heythuysen in Limburg im Jahr 1952 gebaut und verfügt über 50 Register,
3 Manuale und 198 Pfeifen.
Sehenswert sind in
der St. Martinuskerk auch die Statuen der Hl. Elisabeth
und Hl. Lucia, des St. Martin als Bischof, das eichene
Chorgestühl aus dem 15. Jahrhundert sowie mehrere
Gemälde von Jan van Cleef.
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Nachdem
wir die Hoofdkerk wieder verlassen haben, schauen wir
uns noch das rechts daneben stehende alte Pfarrhaus an, das
in Venlo unter dem Namen "Weem" bekannt ist
und das 1764 in neoklassizistischem Stil gebaut wurde,
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spazieren dann durch die St. Jorisstraat...
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und die Pepperstraat mit dem Stadswinkels,
in dem die Stadtverwaltung untergebracht ist, ...
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zum Motorboothafen an der Havenkade.
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Das
Maas-Ufer
vor der Havenkade enttäuscht uns. Erwartet hatten wir
eine Uferpromenade mit Straßencafes und Grünanlagen,
vorgefunden haben wir befestigte und unbefestigte Parkplätze,
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und auch entlang der Maaskade
wirkt das Maasufer hinter dem riesigen Parkplatz mit
der obligatorischen Frittenbude ungepflegt.
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Wir
sind froh, als wir das gepflegte Grün des kreisförmig
angelegten Wilhelminaparks
erreichen, in dessen Mitte das kupferne "Van Rijn-Monument"
vollkommen von Wasser umgeben ist.
Das Van Rijn-Monument
wurde von dem Amsterdamer
Architekten und Designer Michel de Klerk im Auftrag
der Venloer Bürgerschaft im Jahr 1922 geschaffen, die
mit diesem Denkmal an ihren Bürgermeister
Van Rijn erinnert.
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Den
Wilhelminapark begrenzen großzügige Stadtvillen wie die
Villa Maria, Villa
Mosa, Villa Goltzius, Villa Henriette oder die Villa Agnes.
Das wohl schönste Gebäude ist die Villa Flora, die derzeit zum Verkauf
angeboten wird. Das Anwesen wurde 1901 nach den Plänen
des aus Antwerpen stammenden Architekten
P. Rassaerts für die Bankiersfamilie Haffmans-Coenegracht
errichtet.
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Schräg
gegenüber an der Einmündung der Straße Noord Buitensingel
in den Hogeweg fällt uns ein Haus auf, das nach
der Inschrift im Giebel aus dem Jahr 1897 stammt und
dessen Fenster- und Türlaibungen eigenartig bunt verziert
sind.
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Bei
näherer Betrachtung gibt sich das "Rasta Fari House
- Klein maar Fijn" als einer von fünf Venloer Coffee-Shops
zu erkennen, in denen man - obwohl der Handel und die
Einnahme von Rauschgift auch in den Niederlanden gesetzlich
verboten ist - ganz legal weiche Drogen wie
Gras, Haschisch oder Marihuana für den Eigenbedarf kaufen kann.
Maximal 5 Gramm. Wenn man mindestens 18 Jahre alt ist.
Die Niederländer wollen mit ihrer liberalen Coffeeshop-Drogenpolitik
den Handel mit Marihuana unter Kontrolle bringen.
Und
locken damit ungewollt deutsche Drogentouristen an, die sich im grenznahen
Raum den Stoff für ihren Smoke oder ihr Spacecake kaufen. Die Regionalbahn
von Düsseldorf nach Venlo wird inzwischen als
"Drogenexpress" bezeichnet. Problematisch
wird es für die deutschen Drogentouristen, wenn sie
den gesuchten Coffieshop nicht finden (weil Coffie-Shops
nicht werben
dürfen) und ihr Dope bei Straßenhändlern
einkaufen. Das ist illegal und wird von den niederländischen
Behörden
verfolgt.
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Straffällig werden deutschen Drogentouristen
auch, wenn sie ihren Eigenbedarf mit nach Deutschland
nehmen. Oder noch schlimmer: Zugedröhnt mit dem Auto
nach Hause fahren. Polizei, BGS, Zoll und deren Drogenspürhunde
kontrollieren rund um die Uhr, nicht nur direkt an der
Grenze und nicht nur auf der Straße. Und ein Großteil
der Venloer Innenstadt wird mit Kameras überwacht... |
Wir
decken unseren Eigenbedarf nicht im Coffieshop, sondern
schräg gegenüber in der Cafeteria "De Hoëge Waeg"
und bereuen es nicht:
Der Kaffee ist frisch aufgebrüht,
die Fritten sind selbstgemacht und lecker, die holländische
Fritessaus schmeckt sowieso, und die Bratrolle Spezial
könnte besser nicht sein.
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Anstatt
auf direktem Weg durch die Parkstraat zum Mag. Nolensplein
zu gehen, machen wir einen kleinen Schlenker, folgen
dem Noord Buitensingel, passieren die Einmündung der
mit Birken bestandenen Straße Helbeek...
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und biegen dann in den Straelseweg ein, wo uns Venlo ein weiteres mal überrascht, dieses
Mal mit Fassaden im Art Nouveau-Stil, die nach den Plänen
des uns inzwischen bekannten Pierre Rassaerts zwischen
1901 und 1903 geschaffen wurden.
An der Ecke
Straelseweg und Noord Binnensingel steht das aus gelben und
roten Backsteinen errichtete Haus "Metropole", das nach
dem früher hier ansässigen Cafe Metropole benannt wurde
und vollkommen unterschiedliche Fensterreihen zeigt:
Im Erdgeschoss erkennt man Rundbogenfenster mit Sprossen
im Oberlicht und Fledermäusen als Schlusssteine, darüber
Rechteckfenster und im 2. Obergeschoss Rechteckfenster
mit angedeutetem Oberlicht.
Zwischen Erd- und
Obergeschoss verziert ein Fries mit Tierabbildungen
die Fassade, die zusätzlich mit einem Runderker geschmückt
ist, dessen Kupferkuppel den gesamten Straßenzug überragt.
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Die
Nachbarhäuser Straelseweg Nr. 3 und 5 sind mit roten
bzw. gelben Backsteinen verblendet und besitzen Rundbogenfenster.
Mit ihren Verzierungen und teilweise vorspringenden Rundbögen über den Fenstern sowie den sechs rötlich abgesetzten Bögen über
den Blumenverzierungen unterhalb der Traufe erinnern
uns die Häuser an einen toskanischen Palazzo.
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Das
angrenzende Haus Straelseweg Nr. 7-9 besitzt - zumindest
seit der Renovierung des Jahres 1994 durch den Architekten
H. Venlo Tilmanns - mit seiner Farbgebung die signifikanteste
Fassade des Geschäfts- und Wohnhauskomplexes.
Die
rötlich-braune Klinkerfassade wird an den Fenstern durch
rote und grünblaue Steine aufgelockert. In den Rundbögen
über den Türen und Fenstern sind blumenartige Stuckverzierungen
zu sehen, die einen Kopf umranken, unterhalb der Fenster
sind Kinderköpfe abgebildet.
Zwischen den beiden
kleinen Fenstern des verschieferten Dachgeschosses und
über dem Jugendstil-Balkon verjüngt sich die Fassade
in einen muschelverzierten Rundbogen mit der Zahl 1901
als Baujahr.
Wir gehen zurück zum Metropole, an
dem der
Straelseweg...
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in die Sint Martinusstraat übergeht. An der Kreuzung
mit der Goltziusstraat steht die Rijks Hoogere Burgerschool, die ab 1880 in zwei Bauphasen im Neo-Renaissancestil
an Stelle der ehemaligen Stadtmauer errichtet wurde.
Die
Planung der Schule stammt von dem Reichsbaumeister
J. van Lokhorst, die
detaillierte Gestaltung wird dem Architekten Pierre Cuypers zugeschrieben, der damals Vorgesetzter
von J. van Lokhorst war. Ein weiteres Werk von Cuypers
ist die Sint
Martinuskerk im nahe gelegenen Maastricht.
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1993 wurde das Gebäude
unter Beibehaltung der ursprünglichen Fassade grundlegend
renoviert und die Klassenzimmer in Wohnräume
umgebaut.
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Vorbei
an dem ehemaligen Herrenhaus von 1896 schräg gegenüber erreichen wir...
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den weitläufigen Mag. Nolensplein, der früher mit
Autos - überwiegend deutscher Einkaufstouristen - zugeparkt war.
Eine
große Tiefgarage lässt das Blech heute unter dem Mag. Nolensplein verschwinden
und ermöglicht
autofreie Fotos...
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des nun modern gestalteten Platzes, ...
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auf dem neben Kiosk, Toilettenanlagen und Käseständen
auch ein Denkmal für Mgr. Nolens steht, das von Charles
Vos im Jahr 1953 geschaffen wurde.
Monseigneur
Dr. Hubertus Wilhelmus Nolens wurde am 07. September
1860 in Venlo geboren, studierte am Bischöflichen Kollegium
in Roermond Theologie und in Utrecht Rechtswissenschaft.
1887 wurde Nolens zum Priester geweiht, danach lehrte
er in Kerkrade Wirtschaftspolitik und Philosophie.
1896
wurde Hubertus Wilhelmus Nolens in die Zweite Kammer
des niederländischen Parlamentes gewählt, in dem er
als Demokrat für eine soziale Absicherung der Arbeiterklasse
kämpfte, was ihn besonders bei den Bergleuten sehr beliebt
machte, was ihm aber auch Konflikte mit den konservativen
Katholiken im Parlament bescherte.
1910 übernahm
er den Posten als Fraktionsvorsitzender der General
League, den er bis zu seinem Tod im Jahr 1931 ausübte.
1918 bildete er das niederländische Kabinett, das Amt
des Ministerpräsidenten lehnte er jedoch wegen seines
klerikalen Status ab.
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