Foto-Reisebericht -
Reiseführer - Reise-Info Wangen
im Allgäu Luftkurort und mittelalterliches Kleinod
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Die Große Kreisstadt Wangen im Allgäu liegt etwa 20 Kilometer
nordöstlich von Lindau im Argental und ist heute das Fremdenverkehrszentrum
des württembergischen Allgäus. Besiedelt wurde die Gegend um
Wangen vermutlich im 8. Jahrhundert, erstmals erwähnt wurde
der Ort in einer Urkunde des Klosters St. Gallen aus dem Jahr 815.
Die wunderschöne historische
Altstadt entstand zwischen dem 12. und 18. Jahrhundert.
Wir übernachten im kleinen und gemütlichen Hotel
Engelberg in der Leutkircher Straße. Der Mondeo bleibt in
der Hotel-Tiefgarage, denn von hier ist man zu Fuß in fünf Minuten
in der Altstadt von Wangen und erspart sich Eiskratzen und Parkplatzsuche.
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Am
Frauentor betreten wir die Wangener Altstadt.
Das mit schönen
Fassaden-Malereien verzierte Tor wurde während des Baus der
Wangener Stadtbefestigung errichtet und 1472 zum ersten Mal urkundlich
erwähnt.
Sein heutiges Aussehen erhielt das Tor, das zum Wangener
Wahrzeichen wurde und heute oft auch
Ravensburger Tor genannt wird, durch einem Umbau im Jahr 1608. |
Das in
der Herrenstraße direkt rechts
neben dem Frauentor stehende Ritterhaus
mit seiner schönen Fassade wurde 1789 als Kanzlei der Reichsritterschaft errichtet.
Architekt war der Baumeister des Deutschordens Franz-Anton Bagnato.
Im
Laufe seiner Geschichte war in diesem Haus nicht nur die Ordenskanzlei
untergebracht, es war auch Mautamt, später Finanzamt. Heute "residiert" hier der Stadtkämmerer von Wangen. |
Die
Wangener Handwerker waren ab Mitte des 14. Jahrhunderts
in vier Zünften zusammengeschlossen: die Gerber, Bleicher, Färber
und Schmiede.
In der Zunfthausgasse im
Zunftwinkel steht das alte Weberzunfthaus,
dessen eine Hälfte im 14. Jahrhundert erbaut wurde und
dessen prachtvoller Zunftsaal mit sehenswerter Renaissance-Bemalung
aus dem 15. Jahrhundert stammt.
Heute
ist im Weberzunfthaus die Volkshochschule von Wangen untergebracht. |
Nicht
nur hier in der Herrenstraße, sondern in der gesamten kopfsteingepflasterten
Altstadt
finden wir ein faszinierendes Nebeneinander von romanischen, gotischen
und barocken Fassaden, uraltem Fachwerk, bunten Wandmalereien
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... und kunstvoll geschmiedeten Zunft- und Wirtshausschildern
wie z.B. in der Herrenstraße das reichsstädtische Schild mit
Lorbeerkranz, Doppeladler und Krone aus dem 18. Jahrhundert
.... |
... oder das kunstvoll geschmiedete Schild des Ratsstüble gleich
um die Ecke. |
In
der Mitte des 16. Jahrhunderts direkt an die alte Wehrmauer
angebauten Eselsmühle wurde bis zum
Jahr 1937 Mehl gemahlen.
Heute sind in dem renovierten
Gebäude das
Heimat- und das Käsereimuseum
untergebracht. |
Mit
der Errichtung einer mächtigen Befestigungsmauer rund um die Wangener
Altstadt zu Beginn des 15. Jahrhunderts entstand im Schnittpunkt
der nördlichen und der östlichen Wehrmauer der
auffällige Pulverturm: über dem viereckigen, mit Schießscharten
versehenen Turmsockel errichtete man einen achteckigen Aufbau
mit jeweils acht Luken in zwei Ebenen. |
Die
Badstube wurde laut der Relieftafel an der Fassade im Jahr 1589 erbaut und diente
durch die Jahrhunderte überwiegend als öffentliche Badeanstalt,
wurde aber ab dem 18. Jahrhundert auch als Armenhaus und
Obdachlosenheim genutzt.
Das Gebäude blieb bis in die heutige Zeit
vollständig erhalten. In der um 1995 sanierten Anlage mit ihrem
sehenswerten Kreuzgewölbe ist heute das Badstubenmuseum untergebracht,
in dem die Badekultur
vergangener Jahrhunderte dargestellt wird. |
Der
Kopfwäsche-Brunnen vor der ehemaligen Badstube am Ufer der Argen
erinnert an reichsstädtische Badegewohnheiten: Mann wehrt
sich zwar mit Händen und Füßen (wer lässt sich bei Schnee und
Eis schon freiwillig im Freien den Kopf waschen), Frau setzt sich letztlich aber
durch ...
... hier siegt ergo inadmissibele, brachial-feminine
Despotie über jedwede humanistische Ratio. |
Die
kleine Spitalkirche
in der Spitalstraße erscheint mit den Wasserschäden oberhalb
der Sockel von außen zwar als nicht besonders attraktiv, dennoch
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sollten Sie sich die
barocke Hallen-Kirche, die zwischen 1719 und 1723 an der Stelle einer mittelalterlichen
Kapelle neu erbaut wurde, von innen ansehen. Sehenswert sind die Barocktabernakel sowie
der Wallfahrts-, der
Eligius- und der Kerker-Christi-Altar und die Mondsichelmadonna
im Zentrum des Hochaltars. |
Am
Postplatz
nahe dem Pfaffentor treffen wir auf das Kornhaus aus dem Jahr 1603,
in dem die Wangener bis ins 19. Jahrhundert ihr Getreide
lagerten.
Heute
beherbergt das Gebäude die Stadtbibliothek, vor der man den
Wahrheitssucher treffen kann, der mit seinem Literaturstapel
Bürger und Besucher anregen möchte, ihr Wissen durch regelmäßiges
Lesen zu erweitern. |
Auf
dem Saumarkt wurde seit Jahrhunderten der Schweinemarkt abgehalten.
Hier hütet die Bronzefigur des heiligen Antonius seit 1968 die
Säue. Eine Inschrift erklärt interessierten Besuchern den Hintergrund
der Schweinerei: der
heilige Antonius, volkstümlich im Allgäu auch "Sau-Tone"
genannt, lebte von 251 bis 356 n. Chr. in Ägypten. Er gilt als
Patron der Haustiere und wurde im Mittelalter als Beschützer
vor Seuchen hoch verehrt. Der Orden der Antoniter wurde nach
ihm benannt. |
Geschaffen wurde der Antonius-Brunnen von
dem Bildhauerehepaar Elsa und Werner Gürtner. Übrigens: während
ein Ferkel versucht auszubüchsen, ist dies einem anderen schon
gelungen. Es befindet sich in der Nähe der Stadtpfarrkirche! |
Vorbei
an der wunderschönen St. Martins Apotheke am Saumarkt gehen
wir ...
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zum
empfehlenswerten Gasthaus
zum Lamm in der Bindstraße in unmittelbarer
Nähe zum Saumarkt. Die schwäbischen Spezialitäten wie z.B.
Maultaschen und Schupfnudeln sind genau so hervorragend wie
das Gulasch mit Semmelknödeln und die Salatteller, das leckere
naturtrübe Clemens
Spezial bestellt man am besten gleich im 0,5 Liter Glas. |
Das
Herz von Wangen schlägt am Marktplatz mit seinem traditionellen Markt,
der seit der Verleihung des Marktrechts durch den Fürstabt von
Sankt Gallen im Jahr 1150 hier abgehalten wird,
seit 1330 auf Geheiß von König Ludwig jeweils am Mittwoch.
Der
romanische Ostteil des historischen Rathauses
stammt aus staufischer Zeit. Im 15. Jahrhundert
wurde es Richtung Marktplatz erweitert und zwischen 1719 und 1721 in barockem Baustil umgebaut.
Sehenswert sind der Alte Ratssaal mit seiner Holzdecke aus dem
16. Jahrhundert, das barocke Treppenhaus
und der Pfaffenturm, der schon im 14. Jahrhundert Teil
der Wangener Stadtbefestigung war. |
Auf
der Nordseite des Marktplatzes steht das viergeschossige Hinderofenhaus,
das der Wangener Kaufmann Onofrius Hinderofen nach dem Stadtbrand
von 1539 erbauen ließ.
Das Renaissancegebäude mit seinem
schönen Erker und den sehenswerten Rundbogen-Arkaden im Innenhof
ist seit dem 16. Jahrhundert im Besitz der Stadt Wangen. |
Die
Stadtpfarrkirche
St. Martin, eine dreischiffige Pfeilerbasilika, entstand im
13. Jahrhundert. Der Turm aus der Zeit der
Staufer wurde aus Findlingen gemauert und erhielt 1739 seine
heutige geknickte Turmhaube.
Der angrenzende Friedhof
wird seit dem 16. Jahrhundert nur noch für die Beisetzung
von Geistlichen genutzt. |
Der gotische Chor der
entstand
um 1390, das Haupt- und die Seitenschiffe erhielten gemäß der
Jahreszahl 1468 am Westportal ihr Aussehen im 15. Jahrhundert.
Im
Kircheninneren findet man eine Reihe sehenswerter Figuren, Gemälde
und Grabdenkmäler unterschiedlicher Epochen, einen Taufstein
aus dem 17. Jahrhundert sowie schöne Decken- und Wandmalereien,
darunter am Chorbogen die "Triumphierende Kirche",
die wir als Statue "Ecclesia triumphans" schon am
Dom
zu Worms kennengelernt hatten. |
Neben
dem Hinderofenhaus, am Übergang von der Ober- zur Unterstadt
nahe dem Ratloch steht das Denkmal "Verdruckte
Allgäuer", vor dem man sich in der warmen Jahreszeit in
Acht nehmen sollte, es sei denn man mag unfreiwillige
Spontanduschen. Der Künstler Joseph Michael Neustifter versinnbildlicht
hier den Spruch, nach dem man sechs Allgäuer problemlos übereinander
stapeln könne, ohne dass der unterste mehr "verdruckt"
werde als der oberste. Ob die Allgäuer wirklich so robust sind,
konnten wir bei dem herrschenden Dauerfrost leider nicht ermitteln. |
Zur
Vesper kehren wir im "Fidelisbäck" in der Paradiesstraße
ein und bestellen
natürlich Leberkäs mit ofenfrischen Laugenhörnle und ein großes Meckatzer Zwickelbier. Eine ausgezeichnete
Wahl! Im Sommer kann man diese Köstlichkeiten auch im Biergarten
an der Rückseite des Gebäudes genießen.
Gleich nebenan an der Fassade des Cafe Walfisch zeigt
ein Fresko, wie der Prophet Jonas auf seiner barfüßigen Flucht
von einem Wal, der eher einem Ungeheuer gleicht, verschluckt
und später mit Stiefeln wieder ausgespuckt wurde. |
Die Paradiesstraße wird von jahrhundertealten Häusern
flankiert und im Westen vom Martinstor aus dem 13. Jahrhundert
begrenzt, dessen Namensgeber der Patron der benachbarten Stadtpfarrkirche
St. Martin ist.
Heute wird das
Tor, das wie das Frauentor im Jahr 1608 umgebaut wurde, auch
Lindauer Tor genannt. |
Vom Martinstor aus sollten Sie noch einen kleinen Abstecher
zur Rochuskapelle in der südöstlichen Ecke des Alten Gottesackers machen
- es lohnt sich! |
Die Rochus-Kapelle wurde im Jahr 1596 dem heiligen Rochus
geweiht. Sehenswert sind neben den
drei Altären die Wandmalereien, die Rundreliefs von Hans Zürn
von 1622 und die wunderschön bemalte Holzdecke aus dem 16. Jahrhundert,
auf der in 66 Feldern die Apostelgeschichte dargestellt ist.
Die Kapelle ist nicht
immer zugänglich, wird aber bei Bedarf
kurzfristig geöffnet. |
Dass die Wangener einen guten Schuss Selbstironie besitzen, zeigt
der Brunnen vor dem Landratsamt in der Lindauer
Straße, der symbolisch den Amtsschimmel als ein über Stapeln
von Aktenordnern schwebendes Pferd darstellt, das seinen Wasserstrahl
u.a. auf die Figuren eines Pfarrers, eines Dorfboten und eines
Beamten
ergießt. |
Alle Figuren des Brunnens sind beweglich und
das
kommt uns bekannt vor: in der Aachener Krämerstraße sahen wir
vor Jahren den bekannten Puppenbrunnen
des Aachener Bildhauers Bonifatius Stirnberg, der nach dem gleichen
Prinzip hier im Allgäu dem Amtsschimmel zu einem sehenswerten
Auftritt verhilft. Weitere Stirnberg-Brunnen findet man in Bad
Sassendorf, Lippstadt,
Viersen
und Xanten. |
Otto Beck schreibt
in seinem informativen und toll bebilderten Buch
Wangen
im Allgäu:
"Z'
Wanga bleibt ma hanga!"
Diesen Spruch kann man
auch auf dem Wangener Kopfsteinpflaster nachlesen und an diesen Worten ist was
dran: Nur vier Wochen nach unserem ersten Besuch
fuhren wir zum zweiten Mal nach Wangen im Allgäu:
Im Frühjahr 2006 genossen
wir Wangen im Allgäu absolut
schneefrei.
Und
dies war nicht unsere letzte Tour in dieses mittelalterliche
Kleinod!
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